Brotrezepte aus ländlichen Backstuben

Immer wenn ich denke, nun langsam alle deutschsprachigen Brotbackbücher der letzten 10 – 15 Jahre, die noch käuflich zu haben sind, zu kennen, entdecke ich neue Exemplare. In diesem Fall sind es gleich drei – aus dem Verlagshaus Cadmos. Den Beginn macht das Buch „Brotrezepte aus ländlichen Backstuben“, auf das ich ganz besonders neugierig war, weil die alten Rezepte ja oft auch die bewährtesten sind.

„Brotrezepte aus ländlichen Backstuben“

Vorab noch ein Hinweis in eigener Sache. Ich höre zuweilen, dass meine Rezensionen recht scharf und zu kritisch seien. Das ist Absicht. Ich sehe Brotbackbücher mittlerweile mit geschulten Augen. Für mich müssen Inhalt und Äußeres zusammenpassen, wobei die inhaltliche Seite schwerer wiegt. Leider passt meist das Äußere, aber der Inhalt lässt zu wünschen übrig. Bis auf wenige Ausnahmen hat jedes rezensierte Brotbuch seine Stärken und Schwächen, ist für den einen besser geeignet als für den anderen. Meine Rezensionen sollen natürlich nicht mit Lob sparen, aber künftigen Buchlesern hilft es aus meiner Sicht mehr, wenn sie erfahren, was die kritischen Punkte eines Buches sind, ob es wirklich qualitativ gute Rezepte und fundierte Informationen enthält. Ich möchte nicht behaupten, dass ich bereits alles über das Brotbacken weiß, aber grundlegende inhaltliche Mängel erkenne und benenne ich als solche. Eure Rückmeldungen zeigen mir auch, dass ihr diese direkte, unverblümte Art schätzt und ihr euch meine Besprechungen zu einer Entscheidungshilfe macht, ein Buch zu kaufen oder auch nicht. In diesem Sinne werde ich also weiterhin unabhängig und kritisch Brotbackbücher rezensieren.


Hintergrund des Buches ist ein Wettbewerb aus dem Jahr 2000, bei dem Hobbybäcker ihre Brote einreichen konnten. Die Rezepte des Wettbewerbs wurden dann für dieses Buch redaktionell überarbeitet, abfotografiert und mit einführenden Infos zum Brotbacken ergänzt. Das Buch umfasst eine Vielzahl an Brotvarianten – von Roggen-, Weizen- und Mischbroten, über herzhafte Brote und Brote mit Milchzusatz bis hin zu Broten für Festtage oder für Menschen mit Lebensmittelunverträglichkeiten (wenige Rezepte). Der Rezeptteil ist inhaltlich, wie bei so zahlreichen Rezeptautoren nicht anders zu erwarten, sehr durchwachsen. Ob frisch herangezogene oder fortgeführte Sauerteige, ob Backferment oder gekaufter Sauerteig, ob weicher oder fester Sauerteig – jedes Rezept ist anders und stellt für den Nachbäcker doch einige Hürden in der Sauerteigbevorratung oder -herstellung auf – so er mehr als nur ein Rezept nachbacken möchte. Für die Rezepte kann der Verlag nichts, sie sind aus dem Wettbewerb entstanden. Dennoch ist die Mehrzahl aus meiner Sicht viel zu hefelastig. Zwischen 4 – 10 % Hefe (bezogen auf die Gesamtmehlmenge) sind schon üppig. Darunter leiden im Gegenzug die Gehzeiten und damit der Geschmack. Auch für ungeübte Augen sichtbar sind Brote abgebildet, die teils erhebliche Brotfehler zeigen (eingefallene Kastenbrote zum Beispiel). Außerdem sind einige Rezepte zum einen nicht mit dem Brotnamen vereinbar (z.B. das Baguette-Rezept, das beim Nachbacken alles andere, aber kein „Baguette“ ergibt) oder irreführend (z.B. das „Dinkel-Vollkornbrot“, das kein Vollkornbrot ist). Hier wäre bei der redaktionellen Bearbeitung etwas mehr Gespür für Brotqualität und Rezeptauswahl wünschenswert gewesen. Als kleine Fallstricke beim Nachbacken geben sich unkonkrete Angaben, wie „warm stellen“, zu erkennen. Dem Nachbäcker wird hier ein gewisses Gespür für die richtigen Temperaturen und Gehzeiten unterstellt. 


Der Einführungsteil zum Brotbacken ist ähnlich unkonkret und vor allem unvollständig. So wird dem Leser vermittelt, dass Weizen wegen seines höheren Klebergehaltes Hefe zur Gärung bräuchte, Roggen dagegen mit Sauerteig auskomme. Überhaupt würden nur dunkle oder gemischte Brote mit Sauerteig gebacken. Weizenbrote würden durch Sauerteig grau. Andere Halbweißheiten und offenbar unverwüstliche Brotbacklegenden lassen sich auch an anderen Stellen der Einführung finden. Das Kapitel „Pannenhilfe“ geht auf mögliche Fehlerquellen beim Brotbacken ein. Es ist gut gemeint, aber vernachlässigt die wichtigsten Fehlerquellen (z.B. zu lange oder zu kurze Garzeiten). Stattdessen werden die meisten Fehler mit einer eventuell falschen Mehlsorte oder zu alter Hefe erklärt. Nicht dass nun ein falscher Eindruck entsteht: das Buch „Brotrezepte aus ländlichen Backstuben“ ist ein gestalterisch ansprechendes, liebevoll aufgemachtes Werk, das Laien, die überhaupt erst einmal einen Teig zu Brot backen möchten, ein guter erster Wegbegleiter sein kann. Es lässt sich hervorragend darin stöbern. Anregungen gibt es ausreichend. Wer aber mit handwerklich und geschmacklich guten Rezepten rechnet, sollte besser nicht danach greifen. Die Rezepte mögen alltagserprobt sein, sind aber qualitativ verbesserungswürdig. 

Fazit

Für Laien ohne jede Backerfahrung eine Möglichkeit, in das Thema Brotbacken hineinzuschnuppern und sich Anregungen zu holen. Für alle anderen kann das Buch eine Ergänzung des Brotbuchbestandes sein, zum Nachbacken aber ist deutlicher Aufwand für die Umgestaltung der Rezepte nötig.


Brotrezepte aus ländlichen Backstuben
160 Seiten, 2010
Verlag: Cadmos Verlag
ISBN: 978-3861278825 
Größe: 24,4 × 17,2 × 1,6 cm

Mein Dank gilt dem Cadmos-Verlag
der mir das Buch freundlicherweise zur Besprechung zur Verfügung gestellt hat.