Brot backen einmal anders

von Eva Maria Lipp und Eva Schiefer

Der Buchtitel ist Programm. In Eva Maria Lipps und Eva Schiefers Buch „Brot backen einmal anders“ werden Rezepte vorgestellt, die Brot als Transporteur kulinarischer Genüsse verstehen. Kein Brot ohne eine Füllung, ohne ein besonderes Extra an Gewürzen. Wer auf der Suche nach Rezepten für „normale“ Brote ist, die nur aus Mehl, Hefe/Sauerteig, Wasser und Salz bestehen, der sollte an dieser Stelle mit dem Lesen aufhören. Für alle anderen lohnt sich der Blick in ein Buch voller Anregungen.

„Brot backen einmal anders“ von Eva Maria Lipp und Eva Schiefer

Die beiden Autorinnen, die sich die Brotbäckerei autodidaktisch beigebracht haben (so jedenfalls klingt es aus dem Klappentext heraus), haben über 50 Rezepte mit Brot zusammengetragen oder selbst kreiert. Dabei reicht das Spektrum von herzhaften und süßen Broten über gefülltes oder besonders gewürztes und geformtes Brot. Meist sind es Kleingebäcke, die mit Käse, Paprika, Frischkäse, Kräutern oder anderen Dingen aufgepeppt werden. Ein recht ausführliches Kapitel widmet sich „gefüllten Baguettes“, die wie so oft in Backbüchern keine Baguettes sind, sondern einfach längliche, weizenbetonte Brote.

Ein Blick auf die Rezepte verrät schnell, dass hier Zeit und nicht Geschmack eine wichtige Rolle spielt. Mag sein, dass die Füllungen und Toppings den eigentlichen Brotgeschmack kaschieren, aber selbst dann dürfte die Hefe einen bedeutenden Anteil am Aroma ausmachen. Kaum ein Rezept, in dem nicht mindestens 4 – 6 % Hefe bezogen auf die Mehlmenge zum Einsatz kommen. Entsprechend kurz sind die Gehzeiten der Teige. Hier kommt der Nachbäcker insgesamt für die erste und zweite Gare nicht über 30 – 40 Minuten hinaus. Als Extrembeispiel sei ein „Schnelles Walnussbrot“ genannt, das ganz ohne Gare gebacken werden soll. Es geht beim Vorheizen des Ofens zwar etwas, aber der Effekt ist minimal. So dicht und von der Konsistenz an Kuchenkrumen erinnernd sieht dann auch das Brot im Buch aus. Die Rezeptbeschreibungen sind meistens verständlich und nachvollziehbar. Was Gehtemperaturen, Knetzeiten und Teigkonsistenzen angeht, wären aber weitere Informationen nützlich gewesen.


Ähnliche Eindrücke wie im Rezeptkapitel lassen sich im Einführungsteil des Buches gewinnen. Auch hier wird die in meinen Augen zweifelhafte Backphilosophie der Autorinnen deutlich. Es ist zu lesen, dass ein Vorteig heutzutage nicht mehr nötig sei, weil die Lebensmittel und Hefen sowieso eine gute Qualität hätten. Außerdem bekäme Gebäck keine Farbe, wenn ihm nicht Ei oder Gerstenmalz zugesetzt würde. Roggenmehl müsse zudem versäuert werden, damit es beim Backen das Wasser halten könne. Als dies und noch mehr sind entweder fachlich falsche Aussagen oder Brotbacklegenden, die in der Hobbybäckerei weit verbreitet zu sein scheinen.

Von den Grundlagen und den Teigrezepten her ist das Buch nicht zu empfehlen, auch nicht Anfängern. Völlig anders und wirklich empfehlenswert ist das Buch jedoch unter einem anderen Aspekt: als Inspirationsquelle. Der Ideenreichtum und die Kreativität der beiden Hobbybäckerinnen ist wirklich beachtenswert. Ob Knoten oder Taschen, ob Wirbel oder Rolle – die Formenvielfalt beeindruckt. Auch die Möglichkeiten, dem Teig mit Schere und Messer eine Form oder ein Muster zu verleihen, sind in anderen Backbüchern selten zu finden. Hinzu kommen die vielen Füllungen, Toppings oder Würzvarianten, die im Zusammenspiel mit Schnitten und Formen ein wunderbares Farben- und Musterspiel ermöglichen.

Das Buch ist fantastisch schlicht fotografiert und macht Appetit. Die Gestaltung ist angenehm zurückhaltend und übersichtlich. Einzelne Bilderreihen verdeutlichen wichtige Arbeitsschritte.

Fazit

„Brot backen einmal anders“ wäre ein sehr gutes Buch geworden, würden die vielen Ideen auch mit guten Teigrezepten untersetzt. So ist es aber immerhin eine Quelle für eigene Ideen, zum Nachbacken ohne Veränderungen an den Rezepturen aber kaum geeignet.


Brot backen einmal anders 
eBook Ausgabe
128 Seiten, 2011
Verlag: Backen
ISBN: 978-3840465192

– Diese Rezension bespricht eine ältere Auflage –
Mein Dank gilt dem Cadmos-Verlag, der mir das Buch freundlicherweise zur Besprechung zur Verfügung gestellt hat.


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