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11. Mai 2011 · 6 KommentareAuf der Walz – Tag 1: Budapester Meditationsbrot

Budapester Meditationsbrot
Der erste Tag meiner Walz hat mich von meiner Heimatstadt Freiberg mit der Bahn nach Furth im Wald im Bayerischen Wald geführt. Dort wollte ich meine Wanderung mit Tagesziel Bad Kötzting beginnen. Im Zug nach Hof versprach mir der Schaffner Zugbegleiter bereits, ab Hof nicht mehr weiter reisen zu können, weil die Lokführer der Privatbahnen noch bis zum Abend streiken würden. Prima, gleich zu Beginn Verzögerungen, die meinen Plan durcheinander würfeln würden. Doch anders als vom DB-Mann prophezeit fuhr die Privatbahn anstandslos und pünktlich in Richtung Furth im Wald.
Mit meinem großen und schweren Rucksack habe ich in einem geräumigen Abteil Platz genommen, direkt neben einem jungen bärtigen Mann mit dicker Reisetasche. Irgendwann hörte ich von der Seite in mein Ohr dringen „Do you speak English?“. Etwas verdutzt antwortete ich fragend „Yes?“. Daraus entwickelte sich ein sehr angenehmes Gespräch, in dem sich herausstellte, das mein Gegenüber aus Ungarn stammte und gerade von einem Meditationskurs aus der vogtländischen Stadt Oelsnitz nach Hause fuhr. Er war nach seiner Ausbildung mehrere Jahre als Ingenieur in London tätig. Sein Leben bestand nur aus Arbeit und Schlaf. Sein Verdienst war üppig, doch wohin mit dem Geld, wenn keine Zeit zum Ausgeben bleibt. Im Laufe der Jahre hat ihn dieses Dilemma immer mehr zermürbt. Was hat das Leben für einen Sinn, wenn man nur Geld scheffelt und alles andere Lebenswerte ausblendet? Irgendwann hat er einen Schlussstrich gezogen, gekündigt und seitdem von seinem Geld die Welt erkundet, Tanz-, Yoga- und Meditationskurse besucht, um sich selbst und einen neuen Sinn im Leben zu finden.
Dieser Mann hat mich beeindruckt durch seine Offenheit, seine Ausgeglichenheit, durch seinen Mut, dem eigenen Leben eine neue Wendung zu geben. Aus diesem Zusammentreffen heraus habe ich versucht, ein sehr leichtes, ausgeglichenes Brot zu entwickeln, das trotz seiner Milde einen Hauch ungarisches Temperament versprüht. Mir und meinen Mitessern hat das Brot sehr gemundet. Die Krume ist flauschig-locker, dank des Vorteiges mild-aromatisch und die speziell gewürzte Kruste gibt dem Gaumen den besonderen Kick.
Vorteig
- 95 g Weizenmehl 550
- 95 g Wasser
- 0,5 g Frischhefe
Quellstück
- 65 g Dinkelschrot
- 65 g Buttermilch
Water roux
- 10 g Weizenmehl 550
- 50 g Wasser
Hauptteig
- Vorteig
- Quellstück
- Water roux
- 215 g Weizenmehl 1050
- 40 g Buttermilch
- 4 g Frischhefe
- 25 g Honig
- 15 g Schweineschmalz
- 5 g Salz
- 10 g Kakao
Würzmischung
- 2 Teelöffel Paprikapulver
- 1 Teelöffel Pfeffer (gemahlen)
- 2 Teelöffel Salz
- 1 Teelöffel Honig
- Wasser
Die Vorteigzutaten mischen und 14-18 Stunden bei Raumtemperatur reifen lassen.
Dinkelschrot mit Buttermilch verrühren und bis zur Verwendung, mindestens aber 8 Stunden, im Kühlschrank quellen lassen.
Wasser mit Mehl für das Water roux klümpchenfrei verrühren, unter ständigem Rühren auf 65°C erhitzen bis die Masse stockt und sich teilweise vom Boden löst. Mit Frischhaltefolie abgedeckt bis zur Verwendung im Kühlschrank lagern.
Für die Würzmischung alle Zutaten gut mischen. Die Wassermenge so anpassen, dass die Masse mit einem Pinsel gut streichfähig ist, aber nicht tropft.
Alle Zutaten für den Hauptteig außer Kakao, Schmalz und Salz 5 Minuten auf niedrigster und 10 Minuten auf 2. Stufe verkneten bis sich der Teig vom Boden löst. Nun Schmalz und Salz zugeben und weitere 5 Minuten auf zweiter Stufe einarbeiten. Der Teig sollte nicht kleben und straff sein.
Den Teig halbieren und in eine Hälfte den Kakao einkneten.
60 Minuten Gehzeit.
Die beiden Teige zusammenstoßen, rund wirken und 15 Minuten ruhen lassen.
Die Teige jeweils auf Kastenformbreite ausrollen und zu je einem Strang aufrollen, jedoch nicht bis zum Ende. Es muss ein Streifen von der Breite des Strangdurchmessers uneingerollt bleiben. Auf den Streifen des einen Teiges wird nun der Strang des anderen gelegt, so dass dessen Teigstreifen über den Strang des anderen lappt. Die Streifen anschließend vorsichtig am Strang des anderen Teiges festdrücken. Die Teigmasse in eine gebutterte oder mit Backpapier ausgelegte Form geben und abdecken.
1-1,5 Stunden Gare. Das Volumen sollte sich verdoppelt haben.
Bei 250°C 10 Minuten mit Dampf anbacken und weitere 30 Minuten bei 200°C weiter backen. Den Laib anschließend aus der Form nehmen und die Kruste mit der Würzmischung einstreichen. Weitere 5-10 Minuten bei 200°C backen. Darauf achten, dass der Laib nicht zu dunkel gerät.
Material- und Energiekosten: 2,30 €
Zubereitungszeit am Backtag: ca. 4 Stunden

Fluffig-leichte Krume, würzige Kruste: Budapester Meditationsbrot
(eingereicht bei Yeast Spotting)
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Aktualisiert am 14. Januar 2012 |
Jutta
14. Juli 2011 um 13:50
Das würde dem Aussteiger sicher gefallen, dass er dich zu einem Yin-und-Yang-Brot inspiriert hat.
lisa
30. Juni 2011 um 13:01
So gestern nachgebacken und schmeckt wunderbar.Am besten getoastet, wie ich finde.(bald am Blog).lg
Lutz
30. Juni 2011 um 16:43
Bin gespannt!
lisa
12. Mai 2011 um 20:15
Das Brot fasziniert mich und da ich unbedingt wissen will, wie es schmeckt. Habe ich es nun auf meine Backliste gesetzt. Ich werde berichten.glg
Petra aka Cascabel
11. Mai 2011 um 09:26
Ich habe mal versucht, so ein marmoriertes Brot aus Weizen (Hefe-)-Teig und Roggen (Sauer-)-Teig zu backen. Die Marmorierung war aber noch verbesserungsfähig, siehe meinen Kommentar hier
http://www.kuechengoetter.de/rezepte/Brot-Broetchen/Schwarz-Weiss-Brot-5994.html
Das Vorgehen ist übrigens recht alt, bei Susanne Lücke, (Das europäische Brotbackbuch) habe ich gefunden:
„Dann werden beide Teige zusammengewirkt, indem man jeweils ein
Stück vom einen und eines vom anderen Teig aufeinanderpreßt, ohne
die Teigstücke abzureißen. Hat man schließlich einen einzigen
Teigklumpen, formt man einen runden Laib daraus, hebt ihn mit dem
Schluß nach unten auf ein bemehltes Blech und läßt ihn etwa eine
halbe Stunde zugedeckt im Warmen gehen.
Das Zsambrot, das man (in Analogie zum Marmorkuchen) auch Marmorbrot
nennen könnte, wurde, wie mir eine Bäuerin in Dirnberg erzählte, bis
etwa 1915 gebacken, und zwar aus ganz hellem und ganz dunklem
Roggenmehl. Man machte zwei separate Teige, die man dann
zusammenwirkte. Im Anschnitt sah das Brot marmoriert aus. Es war
übrigens ein reines Sauerteigbrot, nur wenn der frisch angesetzte
»Urer« (Sauerteig) halt gar nicht gehen wollte, setzte man ihm etwas
Hefe zu, erinnert sich die Bäuerin.“
Lutz
11. Mai 2011 um 14:33
Sehr interessant, wie man mit völligem Nichtwissen über die Historie trotzdem fast das Gleiche bäckt (zumindest vom Aussehen).