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26. Mai 2012 · 34 KommentareDresdener Franzsemmel

Dresdener Franzsemmel
Franzsemmeln bzw. -brötchen scheinen in vielen Regionen Deutschlands zu Hause zu sein. Und überall sehen sie anders aus und schmecken sie anders. Inzwischen sind mir die Kieler Franzbrötchen, die Hamburger Franzbrötchen und nun auch die Dresdener Franzsemmel bekannt. Letztere habe ich in einem alten Bäckerbuch aus den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts entdeckt und nachgebacken.
Das Originalrezept liest sich sehr kryptisch und ergießt sich über nicht mehr als 8 Zeilen. Darin ist u.a. zu lesen:
Diese zweiteilige glatte, in der Mitte etwas schlanke Semmel mit einem Querriß ist in Sachsen weit verbreitet und zeichnet sich durch ihren guten Geschmack und ihre lange Frischhaltung aus.
Ich habe mich nun gewagt, aus den wenigen Angaben ein funktionierendes Rezept zu bauen. Der Hinweis auf die lange Frischhaltung hat mich zur indirekten Führung tendieren lassen.
Experiment auf Anhieb gelungen, jedenfalls geschmacklich. Die Krume ist schön wollig, langfaserig und schmeckt vorzüglich. Die sehr dezente Süße rückt das Brötchen einen Moment lang in Richtung Milchbrötchen, verspricht aber auch ein anständiges Weizenbrötchen für herzhafte Beläge zu sein. Das Aussehen ließ beim ersten Versuch noch zu wünschen übrig. Erstens waren die Teiglinge viel zu groß. Zweitens sind sie nicht in der Mitte auseinandergerissen. Der zweite Versuch kommt dem Original des Buches schon sehr nahe, ist aber auch noch nicht perfekt gelungen. Erst beim vierten Mal war ich gänzlich zufrieden, nachdem ich den Wasseranteil leicht gesenkt und die Stückgare reduziert hatte.
Ein glatter Favorit!
Vorteig
- 150 g Weizenmehl 550
- 110 g Wasser
- 0,3 g Frischhefe
Hauptteig
- Vorteig
- 30 g Roggenmehl 1150
- 320 g Weizenmehl 550
- 250 g Milch (3,5% Fett)
- 10 g Salz
- 10 g Zucker
- 10 g Frischhefe
Die Vorteigzutaten mischen und 16-18 Stunden bei Raumtemperatur reifen lassen.
Sämtliche Zutaten 5 Minuten auf niedrigster und 8-10 Minuten auf zweiter Stufe zu einem glatten und straffen Teig verarbeiten, der sich vollständig vom Schüsselboden löst.
45 Minuten Gare bei 24°C. Nach 20 Minuten ausstoßen.
16 Teiglinge zu ca. 55 g abstechen, rund schleifen und anschließend leicht länglich stoßen.
Je zwei Teiglinge mit Längsseiten locker aneinandersetzen.
Mit Schluss nach oben in Trögeln oder unbemehltem Bäckerleinen 45 Minuten abgedeckt zur Gare stellen.
Bei 230°C fallend auf 210°C 20 Minuten mit Dampf backen.
Sofort nach dem Backen mit Wasser abstreichen.
Material- und Energiekosten: 1,50 €
Zubereitungszeit am Backtag: ca. 3 Stunden

Fluffig, wollig, locker und sehr knusprig: die fast in Vergessenheit geratene Dresdener Franzsemmel

Der 1. Versuch: Innen hui, Außen pfui.

Der 2. Versuch: dem Original schon nahe, aber leider zu stark und unkontrolliert eingerissen.

Der 3. Versuch hatte eine noch zu unknusprige Kruste und war zu wenig aufgerissen.
(eingereicht bei YeastSpotting)
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Aktualisiert am 12. Februar 2017 |
Fredi
14. April 2022 um 23:40
Ich habe die Dresdner Franzsemmeln nachgebacken.
Aber nicht nach diesem Rezept sondern nach dem Rezept aus dem Buch „Brötchen Backen“ von Lutz. Diese Franzsemmeln sind sehr knusprig und fluffig und schmecken mit Honig- oder Marmeladenbelag aber auch mit Leberkäs.
VG Fredi
Ina
6. April 2022 um 19:15
Hallo, wie wiege ich 0,3 g ab🤔 LG Ina
Fredi
12. April 2022 um 18:27
Hallo Ina,
in dem Buch von Lutz „Brötchen Backen“ ist auf der Seite 93 ein neueres Rezept der Dresdener Franzsemmel enthalten. In dem Buch ist neben anderen nützlichen Tipps eine Tabelle enthalten, die die Hefemasse in Abhängigkeit des Durchmessers der Hefekugel angibt. Für 0,3 Gramm Hefe musst du eine Hefekugel mit 7,9 mm Durchmesser formen. Du kannst aber auch 1 Gramm Hefe abwiegen und in 330 g Wasser auflösen. Von diesem Wasser nimmst du dann 110 Gramm für die Brötchen. Mit den restlichen 220 Gramm Wasser könntest du zum Beispiel die Blumen gießen.
Wenn dir ein Gramm Hefe immer noch zu wenig zum Abwiegen ist, dann nimm 3 Gramm Hefe und löse diese in 1100 Gramm Wasser auf und nimm davon 110 Gramm. (3 Gramm Hefe ist der 7. Teil eines halben Hefewürfels).
Am besten kaufst du dir aber eine Feinwaage. Die kostet nicht viel.
Und der Kauf des Buches lohnt sich sehr.
VG Fredi
Fredi
13. April 2022 um 14:01
Hallo Ina,
die beste Methode 0,3 Gramm Hefe ohne Feinwaage abzuwiegen ist vielleicht die folgende, vorausgesetzt du hast eine Waage, die grammgenau wiegt:
Du nimmst 27 Gramm Wasser und löst darin 3 g Hefe auf. Von diesem „Hefewasser“ wiegst du 3 Gramm ab. Zu den 3 Gramm „Hefewasser“ gibt’s du dann 107 Gramm Wasser hinzu.
Janet
2. April 2022 um 12:34
Ich habe die Franzbrötchen heute nachgebacken. Leider sehen sie nicht so schön aus. Ich hatte eine Auflaufform mit Wasser im Backofen stehen. Die Unterseite der Semmeln ist blass. Nicht wirklich knusprig geworden. Schade
Die alte Isa
3. April 2022 um 08:06
Hi Janet,
hast du auf einem vorgeheizten Backstein oder einem heißen Blech gebacken? Falls nicht, hattest du wahrscheinlich zu wenig Unterhitze, vor allem beim Anbacken.
Das Wasser zum Schwaden kommt eigentlich nur ganz am Anfang in den Ofen und muss nach 8-10 Minuten abgelassen werden. Dazu siehe auch hier:
https://www.baeckerlatein.de/schwaden
Viel Erfolg, falls du es nochmal versuchst! ☀️
Walter_R
3. April 2022 um 16:46
Stimmt genau, die Wasserschale auf dem Boden nimmt die Unterhitze weg.
Jörg
2. April 2021 um 08:17
Hallo Lutz. Als jemand aus dem dresdner Umfeld kann ich auch sagen, dass deine Franzsemmel optisch sehr gelungen ist. Wenngleich die hier nur als Semmel bezeichnet wird. Eine Frage habe ich dazu. Sind die beiden einzelnen Teiglinge nur angeschoben oder später an der Verbindungsstelle auch eingeschnitten?
Lutz
2. April 2021 um 08:56
Die Teiglinge sind nur angeschoben und nicht eingeschnitten :).
Jörg
2. April 2021 um 09:15
Danke für die Info Lutz.
Ich war mir da spontan nicht sicher, weil die so schön gleichmäßig an der „Nahtstelle“ aufgegangen sind. ich werde das Übermorgen mal austesten.
Wie gesagt, dickes Lob an dich. sehen absolut vorbildlich aus.
Auch von den Proportionen.
Jörg
3. April 2021 um 07:28
Hallo Lutz. Ich habe es geschafft und die erste Franzbrötchenprobe ist fertig.
Die Rezeptur ist bei mir etwas anders aber auch mit der Optik bin ich für die Premiere ganz zufrieden.
Es ist doch immer wieder schön, auf deiner toll gemachten Seite Inspirationen zu finden.
Weiter so und viele Grüße.
Manu
7. März 2021 um 08:01
Hallo und guten Morgen,
Während der ersten Teigruhe von 45 Minuten soll nach 20 Minuten ausgestoßen werden. Wie ist es nach den weiteren 25 Minuten, also am Ende der ersten Teigruhe, bevor die Teiglinge abgestochen werden.? Nochmal Ausstoßen oder gleich die Teiglinge formen?
Herzliche Grüße
Manu
Andrea
5. Februar 2021 um 18:58
Hallo,
Hatte die Frage an der falschen Stelle gefragt.
Kann ich die Nachtgare auf 13 Stunden kürzen, in dem ich etwas mehr Hefe nehme? Möchte sie gerne morgen um 8 weiter verarbeiten.
Nicole
5. Februar 2021 um 19:07
Hallo, welche Nachtgare meinst du?
Viele Grüße
Nicole
Bäckermeister
23. Dezember 2018 um 18:11
Werter Lutz!
Welche Teigtemperatur würdest Du empfehlen?
Freundliche Grüße aus Sachsen!
Lutz
31. Dezember 2018 um 15:22
24-25 Grad Celsius.
Margitta
10. September 2017 um 15:33
Hallo an alle Franzer-Freunde
die echten Franzsemmeln gibt es auch im Erzgebirge.
In der Bäckerei Schneider in Eppendorf Sa. gibt es diese noch aus DDR-Zeiten und sind nach wie vor der Renner und natürlich aus dem „alten“ Ofen. Da kommt keiner der Bäcker im Umfeld ran.
Andrea
5. Februar 2021 um 18:52
Die vom „Schneider Bäck“ habe ich früher als Kind immer gegessen. Jetzt holen wir sie bei Auerbach in Freiberg, schmecken auch wie früher.
Andrea
5. Februar 2021 um 18:55
Hallo
Wenn ich die Nachtgare auf 13 Stunden verkürzen möchte, wieviel Hefe sollte ich da nehmen? Ich würde sie gerne morgen früh 8 Uhr weiterverarbeiten.
Manja
6. Februar 2021 um 09:14
Oh, das hätte ich letztes Jahr lesen sollen. Ich war im Herbst im Erzgebirge. Ich habe meinem Mann versprochen, dass er Brötchen bekommt wie in der DDR. Da ich Zöliakie habe, habe ich in den letzten Jahren wohl nicht bemerkt, dass es gar keine Bäcker mehr gibt, die die Brötchen so backen wie in meiner Kindheit in der DDR. Wir waren total traurig. Danke für den Tipp!
Stefan
12. März 2017 um 22:01
Hallo Lutz,
Danke erst mal für Deine Mühe, gutes Bäckereihandwerk am Leben zu halten.
Ich kann mich noch gut an diese Brötchen erinnern. In der Dresdner Gegend konnte man die bei jedem Bäcker kaufen und fast immer waren sie ganz ausgezeichnet.
Ich habe sie versucht nachzubacken und sie sind mir nur teilweise gelungen: ich hatte Dein „innen hui, außen pfui“-Problem und eine brötchenuntypische, eher brotartige (also zu feste) Kruste. Sie war auch eher matt, nicht so strahlend wie auf dem Bild oben. Woran kann das liegen? Ich wäre für jeden Tipp dankbar.
Einen sonnigen Sonntag,
Stefan
Lutz
13. März 2017 um 07:42
Dir sind wahrscheinlich die Teiglinge beim Gehenlassen an der Oberfläche angetrocknet und/oder du hast du wenig Dampf im Ofen gehabt.
limette
1. Februar 2014 um 22:04
Hallo Lutz,
ich habe eine Verständnis-Frage, weil ich da immer wieder darüber stolpere, aber keine Hinweise finde, was es sein könnte: Unter „abgedeckt“ verstehe ich „ohne Tuch darüber“. Ich vermute aber, es bedeutet „zugedeckt“, also „mit Tuch drüber“. Welche Interpretation ist denn richtig?
Herzliche Grüße von limette
Lutz
4. Februar 2014 um 17:25
Ja, „abgedeckt“ = „zugedeckt“.
Lyhako
1. Februar 2014 um 14:53
Hallo Lutz,
als Leipzigerin (ursprünglich aus Dresden stammend) habe ich die Brötchen für dieses Wochenende gebacken. Sue sind klasse schwer und knausprig geworden. Diese Luftgebilde der ,,modernen Bäcker“ schmeckem mir ja gar nicht.
Leider ist ein guter originaler Handwerksbäcker nicht bei uns in der Nähe zu finden. Deshalb werde ich mal versuchen, Brötchen selber zu backen und einzufrieren. Die essen wir auch nur am Wochenende. Brot für eine Woche (und 4 Personen) zu backen, stellt sich als weniger aufwändig heraus, als gedacht.
Kennst du die Familienbäckerei Wippler aus Dresden? Wenn ich bei meinen Eltern in Dresden-Pillnitz bin, genieße ich deren Brötchen (besonder den Milchknoten, ein herrlich fester Milchbrötchenteig). Leider noch nie als Rezept gefunden, aber sehr lecker sind die Currybrötchen (süßer Hefeteig mit Curry und Rosinen). Habe mich schon einmal am Nachbacken versucht und es ist nicht wirklich gelungen…
Schönes Wochenende aus dem sonnigen Leipzig,
wünscht Lydia
Lutz
4. Februar 2014 um 17:24
Hallo Lydia,
ich kannte die Bäckerei Förster in Radebeul – sehr gute Backwaren! Leider haben sie ihren Betrieb aus Altersgründen geschlossen.
Wippler sagt mir nichts.
SGibbi
24. Januar 2014 um 17:39
Mich würden die 8 Zeilen des originalen Rezeptes interessieren, wie mich überhaupt Autor & Titel dieses „ominösen“ Backbuches der 1930er interessieren würden. Es scheint trotz seiner zeitlichen Relevanz ein interessantes Buch zu sein, viel Sauerteigforschung wurde in den 1920ern betrieben, festgeschrieben dann in den 1930ern, und ich will das bestimmt nicht politisch sehen.
Die „Dresdner“ ist wohl eher eine Zubereitungsform, denn ein festgeschriebener Teig. Das Ausformen & Einreißen eines einzigen Teiglings geht in der Backstube einfach schneller, als zwei Teiglinge rund zu schleifen, und schön aneinander zu setzen. Die Form findet man noch Heute im nördlichen Ba-Wü (Württemberg) allerdings bei nicht definiertem Teig. Mal ein Hefe-Milch-Weck ähnlich dem Breslauer, mal ein bemehlter Brotteig, je nach Bäcker.
Hier ein Link auf ein derart zubereitetes „Bürli-Doppelwecken“ der Bäckerei Klaiber in Albstadt-Ehningen Bereich Schwäbische Alb (etwas südlich von Stuttgart):
http://www.baeckerei-klaiber.de/main.php?PRCID=2&PRID=52
Lutz
25. Januar 2014 um 20:21
Ist kein Geheimnis: “Fachkunde für Bäcker” von Walter Wernicke (1938)
SGibbi
8. Februar 2014 um 04:30
Danke !
Avensis
12. Juni 2012 um 19:04
die Brötchen schmecken sagenhaft, habe noch 200 g Lievito madre dazu getan.
Die gibt jetzt öfters, Danke für das Rezept
Monika E.
1. Juni 2012 um 10:21
Was bitte sind „Trögel“?
Lutz
1. Juni 2012 um 15:45
Das Wort habe ich aus dem alten Rezept übernommen. Ich habe es für Formen gehalten.
staubie
31. Mai 2012 um 17:49
Ich hab sie gleich mal nachgebacken, und bin dankbar für deine Versuchsreihe. Ich hab sie leider nur etwas weit auseinandergelegt, so das sie mehr wie „Doppelte“ aussehen, aber schmecken tun sie wirklich gut.
Danke!
Liebe Grüße
staubie
Karin Anderson (Karin's Bäckerei)
30. Mai 2012 um 00:50
Alle Achtung! Du hast es tatsächlich fertiggebracht, aus einer nicht nur kryptischen, sondern auch äusserst sparsamen Beschreibung ein sehr verlockendes Brötchen nachzuempfinden.
Good job!