Europäische Kleingebäcke

von Hans Huber

Beim Stöbern in deutschsprachiger Fachliteratur zum Brotbacken bin ich über Hans Hubers handliches Buch „Europäische Kleingebäcke“ gestolpert. Ein Fachbuch von einem Bäcker für andere Bäcker über regionale Kleingebäckspezialitäten Europas kannte ich bis dato nicht und war deshalb umso mehr erfreut, es für meine Leser rezensieren zu können.

„Europäische Kleingebäcke“ von Hans Huber

Vorab sei gewarnt: dieses Buch ist tatsächlich ein Fachbuch. Wer bestimmte Grundbegriffe des Bäckereihandwerks, die Grundlagen der Mehlqualitäten und Teigeigenschaften nicht kennt, sollte enthusiastisch und autodidaktisch veranlagt sein oder das Buch nur als Anregung, nicht als Informationsquelle ansehen.


Hans Huber, seines Zeichens promovierter Backtechnologe, hat aus 24 Ländern Europas, von Portugal bis zur Türkei, über 90 Rezepte gesammelt und samt eigener Fotografien mit nützlichen länderspezifischen Informationen zu Mehlen, Essgewohnheiten, Bäckereiwesen und vielem mehr ergänzt.


Hubers Buch ist die erste Zusammenstellung dieser Art, enthält aber leider etliche Mankos, die hätten auf das Leichteste vermieden werden können. Im allgemeinen Abschnitt am Anfang des Buches werden insbesondere bei den europaweit verschiedenen Mehlqualitäten Informationen abgedruckt, die im hinteren Teil bei den einzelnen Ländern in genau dem selben Wortlaut erneut erscheinen. Durch das Buch schwirren, offenbar zur Auflockerung, zahlreiche Gebäckfotografien, die erstens aufgrund fehlender Bildunterschriften nicht eindeutig bestimmten Textpassagen zuordenbar sind und zweitens stellenweise überhaupt keinen Zusammenhang zu den Texten aufweisen. 


Insbesondere in den Länderabschnitten wäre es für den Nachbäcker sehr hilfreich gewesen, die Fotos mit der Kleingebäckbezeichnung auszustatten. Außerdem sind die Rezepte extrem knapp gehalten und wohl selbst für Profibäcker nicht immer eindeutig nachvollziehbar. Hinzu kommt, dass fast kein Rezept ohne Emulgator- oder andere Backmittel auskommt. Kaum vorstellbar, dass die traditionellen Gebäcke seit jeher mit solchen „Mittelchen“ gefertigt wurden. An dieser Stelle wird die industrieaffine Biografie des Autors deutlich. Ebenfalls absonderlich erscheint es, dass sich das griechische und das türkische Fladenbrot in ihrer Rezeptur ohne Ausnahme gleichen. Es wäre ein seltsam Ding, wenn sich die (Fladen-)Brotkultur beider Länder derart identisch entwickelt hätte.

Die Stärken und Schwächen des Buches

Hubers Buch ist vor allem dann interessant, wenn es um die Auflistung und Diskussion der verschiedenen Mehltypen und Mehlqualitäten einzelner Länder geht. Hierbei wird für den Laien wie für den Profi die differenzierte rohstoffliche Ausgangslage deutlich, die europaweit zu verschiedenen Kleingebäcksorten geführt hat. Auch die historischen Streifzüge und die Marktanalyse lesen sich hervorragend. Nachbesserungsbedarf gibt es tatsächlich am Kern des Inhaltes: den Kleingebäcken. Vielfach kratzt Huber nur an der Oberfläche, gibt allgemeines zum Besten ohne konkret zu werden. Die landestypischen Rezepte hätten in ihrer Zahl sicher noch erhöht und in ihrer inhaltlichen Qualität deutlich verbessert werden können, zumal in den Landeseinführungen von Gebäcken geschrieben wird, die im Rezeptteil nicht erfasst sind. Außerdem wird von Teigführungen gesprochen, die sich später nicht in den Rezepten niederschlagen.

Fazit

Hubers Buch aus dem Jahr 2000 ist ein guter Anfang, von dem eine erweiterte und deutlich aufgearbeitete aktuelle Fassung wünschenswert wäre. Ein Fachbuch, das dem Profibäcker Ideen auf den Weg gibt und dem Laien einen Blick in andere Backkulturen ermöglicht.


Europäische Kleingebäcke 
176 Seiten, 2000 
Verlag: Matthaes Verlag 
ISBN: 978-3875162844  
Größe: 24,6 × 17,5 × 1,7 cm 

Mein Dank gilt dem Matthaes Verlag, 
der mir das Buch freundlicherweise zur Besprechung zur Verfügung gestellt hat.