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4. Februar 2013 · 14 KommentareRezension: „Kleingebäck vom Ofner“ von Christian Ofner
Als mich die Nachricht des Stocker Verlages erreichte, dass ein neues Backbuch zum Thema Kleingebäcke erschienen ist, war ich voller Vorfreude, erst recht als ich las, dass ein „Backprofi“ aus Österreich, der zudem noch mit Starköchen wie Johann Lafer auf du und du is(s)t, dieses Werk geschrieben hat. Die Rede ist von Christian Ofner, ein mir bis dato unbekannter, aber in Österreich offenbar beliebter und auf dem TV-Bildschirm gern gesehener Show-Koch und -Bäcker.

„Kleingebäck vom Ofner“ von Christian Ofner
Ich halte mich zurück, um nicht gleich mit der Tür ins Haus zu fallen. Zunächst die Fakten.
Das Buch widmet sich Kleingebäcken vom Süßgebäck (z.B. Hörnchen/Kipferl), Vollkorngebäcken und pikanten Backwaren bis hin zu gluten- und laktosefreien Gebäcken. Auch Backideen für Kinder oder zu feierlichen Anlässen sind dabei. Ofners Werk ist professionell gestaltet und mit ansprechenden Fotografien ausgestattet.
Christian Ofner ist nach Angaben des Verlages seit 2002 Bäckermeister und seit 2010 als selbsternannter „Backprofi“ mit Kursen, Cateringangeboten, Brotbackpartys und im TV unterwegs. Er hat seine eigenen Produkte, wie Backmalz oder Sauerteig, und vertreibt diese unter der Marke „Backprofi“ in frühlingsgrünem Design. Kein Problem, wäre das Buch nicht ein weiteres Marketinginstrument seiner Selbstständigkeit. Zurückhaltende Hinweise wären in Ordnung, dieses Buch aber ist kein Backbuch, sondern ein mit Anzeigen durchfluteter und für seinen Inhalt überteuerter Werbeband für Herrn Ofner und seine Werbekunden aus der Backindustrie.
Fast jedes Rezept wird mit „Proftipps“ ausgestattet, dazu gehören Vanillezucker von Dr. Oetker, Knetmaschinen von Kenwood, Zuckerersatzstoffe von Sukrin, Öfen von Miele, Brotbackmischungen und Mehle von Mantler und so weiter und so fort. Nicht nur die kleinen Werbeanzeigen in den Rezepten fallen ins Auge, sondern auch ganz- oder halbseitige Annoncen der entsprechenden Firmen. Weshalb das nur 144 Seiten umfassende Buch im Vergleich zu deutlich hochwertigeren und werbefreien Werken derart teuer (24,90 Euro) verkauft wird, ist mir ein Rätsel.
Inhaltlich ist das Buch ebenso wenig zu empfehlen. Die Rezepte sind meist auf Ofners Backprodukte zugeschnitten und auch nicht mit der Bezeichnung „gutes Brot“ vereinbar. Die Hefemengen sind zu hoch (3-6% bezogen auf die Mehlmenge), die Gärzeiten (ca. 30 Minuten) zu kurz, Vorteige sucht der Hobbybäcker vergebens. Grundlagen werden auf wenigen Seiten abgehandelt und lassen sich kaum als solche bezeichnen. Positiv hervorzuheben sind jedoch die kleinen Schritt-für-Schritt-Anleitungen zum Formen bestimmter Kleingebäcke.
Eine Frage bleibt mir zum Schluss: warum gibt sich der Stocker Verlag, von dem ich bisher nicht enttäuscht wurde, für solch ein Marketingbuch für Christian Ofner her? Absolut keine Kaufempfehlung!
„Kleingebäck vom Ofner“
144 Seiten, 2012
Verlag: Stocker Verlag
ISBN: 978-3702013646
Größe: 30 x 22,6 x 1,8 cm
Preis: 24,90 €
Mein Dank gilt dem Stocker Verlag, der mir das Buch zur Besprechung zur Verfügung gestellt hat.
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Aktualisiert am 29. Dezember 2013 |
Dani
27. Februar 2014 um 19:21
Ich muss hier nur eines loswerden: Ich habe die zwei Ofner Bücher zu Hause und eigentlich könnte ich meine anderen alle wegwerfen. Es gelingt alles zu 100% – alles ist gramm genau angegeben. Abwegen, kneten, Teig passt. Man muss keine Flüssigkeit mehr zugeben, kein Mehl – gar nichts. Ich finde die Hefemenge überhaupt nicht zu hoch – genau richtig und locker flaumiges Gebäck herzustellen. Ich backe jeden Tag – oft sogar mehrmals am Tag und ich kann dieses Buch nur weiterempfehlen.
Lutz
28. Februar 2014 um 19:22
Dass die Rezepte gelingsicher sind, habe ich nicht bestritten. Ob die Hefemengen zu hoch sind, hängt von den eigenen Ansprüchen an gutes Brot ab. Und meine Ansprüche sind (was die Hefemengen angeht) höher als es im Buch beschrieben steht.
Wolle
9. April 2013 um 12:40
Zur Zeit 27 x 5 Sterne bei amazon für dieses Buch… Das schafft nicht mal die Nummer 1 auf der Bestenliste! Irgendjemand findet immer ein Haar in der Suppe, nur bei diesem Werk nicht… Ein Schelm wer hier schlechtes denkt!
kappl dietmar
10. Februar 2013 um 16:32
Hallo Lutz
Ich finde das ganze hat mit Leidenschaft zum backen nichts zu tun! Auch seine Homepage ist mehr auf Werbung gerichtet als auf Brot und Gebäck. Wenn solche Leute sich Profibäcker nennen, wo darf man Dich dann einordnen?
Lutz
10. Februar 2013 um 19:39
Das frage ich mich manchmal auch. Ich selbst kann mich zur Zeit nirgends einordnen. Vorschläge?
Kappl dietmar
11. Februar 2013 um 19:19
ganz oben!!!
Sam Kargl
8. Februar 2013 um 08:05
Hallo Lutz!
Bin durch ein Video von Herrn Ofner zum Backen von Kaisersemmeln u. a. Gebäck gekommen. Einfache Rezepte und auch einfach zum Nachbacken wenn man keine grossen Ansprüche stellt. Mit der Zeit wird man dann etwas anspruchsvoller und so bin ich dann auf Deiner Seite gelandet. Ich stehe erst am Anfang meiner Versuche etwas Brauchbares zu backen. Es wird immer besser trotz einigen Rückschlägen. (Aber essen kann man´s immer)
lg Sam
Marie-Anne
5. Februar 2013 um 06:47
Hallo lieber Lutz!
Vielen Danke für deine ehrliche Rezension. Meine Meinung deckt sich absolut mit deiner! Ich habe das Buch auch durchgesehen und war sehr enttäuscht, weil die Rezepte wirklich nur mit seinen Produkten angeleitet sind. Eine Freundin von mir besucht regelmäßig seine Backkurse und restlos begeitert – sowohl vom Buch als auch von Herrn Ofner selbst.
Die positiven Rezensionen habe ich, genau wie Helga Draxler, auf Amazon auch gesehen. Dass dort Fans von ihm unterwegs sind, glaube ich auch. Ich denke aber auch, dass viele heute einfach nicht mehr wissen was qualitätsvoll ist Wenn man keine Ahnung vom Brot backen hat, dann ist das Buch sicherlich nicht schlecht. Aber wir hier sind schon einen Schritt weiter und wollen mehr. 😉
Mlg Marie-Anne
moni-ffm
4. Februar 2013 um 22:05
Hallo Lutz,
ich lese, bevor ich mir ein neues Brotbackbuch kaufe, erst mal Deine Rezensionen durch und habe mich in der Vergangenheit immer auf Dein Urteil verlassen können.
Deine neueste Rezension hat mich veranlasst, mir das Buch heute bei einem Stadtbummel in einer großen Buchhandlung, in der man auch längere Zeit in den Büchern schmökern kann, etwas genauer anzuschauen. Und mein Fazit: ich kann Deine Rezension voll und ganz unterschreiben, ich wäre zum gleichen Urteil gekommen. Ein viel zu hoher Anteil Werbung für ein Schweinegeld! Die Fotos locken zum Nachbacken, aber wenn man die Rezepte liest… ist die Begeisterung schnell verschwunden.
Und zu den Rezensionen bei Amazon: wenn man sich die Namen der Rezensenten anschaut, findet man hauptsächlich Österreicher. Und dort ist er, wie Du erwähntest, ein berühmter Fernsehbäcker…
Lutz: bitte auch in Zukunft Bücher korrekt und kritisch beurteilen und dabei keine Angst vor großen (berühmten?!?) Namen haben.
Karin Anderson (Karin's Bäckerei)
4. Februar 2013 um 21:20
Danke, Lutz, wieder mal eine anschauliche Rezension, die es mir leicht macht, mein deutsches Konto noch ein Weilchen zu schonen….
Helga Draxler
4. Februar 2013 um 17:57
Hallo Zusammen, hab mal auf Amazon geguckt.. die Rezensionen sind aber alle sehr positiv.
Lutz
4. Februar 2013 um 20:02
Ja, da habe ich auch geguckt. Ich vermute, dass dort viele „Fans“ von Herrn Ofner dabei sind. Meine Rezensionen beziehen sich ja auch immer auf meine Ansprüche an ein Brotbuch und die sind relativ hoch. Werbebücher gehören nicht zu meiner Auffassung eines guten Buches.
Marianne
17. November 2018 um 21:15
Hallo Lutz!
Ich kann deine Bewertung absolut verstehen und nachvollziehen. Ich bin selber Österreicherin und backe seit Jahren nach deinen Rezepten und finde deine Arbeit einfach großartig.
Was den Herrn Ofner und den Hype um ihn angeht hab ich mir mein eigenen Bild gemacht. Erstens er ist nun mal Österreicher und nachdem er bei mir quasi um die Hausecke wohnt bekomme ich mit, dass er sehr präsent ist. Seine Rezepte gelingen beinahe zu 100%, was in Anbetracht der hohen Hefemengen und der kurzen Teigführung nicht weiter verwunderlich ist. Und genau das ist der springende Punkt – viele wollen zwar selber backen, aber wenige davon haben Zeit. Also muss es schnell gehen und jeder will Erfolg haben. Da wird der Geschmack erst einmal hinten angestellt. Und diese Kriterien erfüllt der Herr Ofner nun mal. Durch dich hat sich mein Anspruch an mein Brot und Gebäck um Welten geändert. Dafür danke ich dir. Aber ich merke selber einfach, dass man dieses Gen haben muss. Wenn ich in meiner Umgebung davon spreche, dass ich tlw. 48 Std und mehr mit den Vorbereitungen für mein Brot beginne, dann kommt sofort der mangelnde Zeitaspekt als Vorwand. Ich bin jedenfalls sehr dankbar, dass ich deinen Blog gefunden habe. Da gelingt auch alles – aber man braucht Zeit und für den unvergleichlichen Geschmack nehm ich mir die gerne.
Cooketteria
4. Februar 2013 um 14:15
Uh, bei dieser Rezension kommt mir spontan „Le pain“ von Aimé Pouly in den Sinn. Der hat ja angeblich das Pain Paillasse (gedrehtes Wurzelbrot) „erfunden“ und vor einigen Jahren dann auch noch dieses Buch herausgebracht.
Ein schröckliches Werk, wenn man mich fragt. Mehr als 50% Prozent des Buches sind Loblieder auf den Bäcker und seine Erfindung, die Rezepte alle unbrauchbar. Es fehlen abwechselnd Zutaten, Grammangaben, Backzeiten- oder Temperatur. Keine Vorteige, kein Sauerteig. Einige Photos sind leicht peinlich (der Zopf sieht so aus, als hätten Kindergärtner ihn zusammengemanscht) und mit einem Preis von 70 (!!!!) Franken, die wahrscheinlich teuerste Werbebroschüre der Welt.