Gut Brot will Weile haben

von Günther Weber und Dieter Ott

Nie hätte ich gedacht, dass so etwas auf dem deutschsprachigen Büchermarkt möglich ist. Der Hädecke-Verlag hat den Mut gehabt, einem Individualisten der Brotbäckerei ein Buch maßzuschneidern. Ein Buch, das (nicht nur) mich in Begeisterung versetzt und meine Brotbackphilosophie nicht besser hätte wiedergeben können.

„Gut Brot will Weile haben“ von Günther Weber und Dieter Ott

Druckfrisch liegt es vor mir, Günther Webers „Gut Brot will Weile haben“. Ein textlastiges Buch, das sich ganze 91 Seiten erlaubt, um in die Geschichte von Bäckermeister Günther Weber einzudringen, dem Leser sein Wesen und sein in heutiger Zeit scheinbar völlig überholtes Brotbackweltbild näher zu bringen.

Günther Weber, Jahrgang 1954, bäckt seit mehr als 10 Jahren im schwäbischen Loretto-Hof in einem mehretagigen Holzbackofen. Er bäckt um die 20 verschiedene Backwaren, vom Roggenbrot bis zum Kuchen. Verkauft wird im Hofladen und auf Märkten der Umgebung. Ein eigenwilliger Bäcker, der Günther Weber, aber einer, der den festen Willen besitzt, alte Backtraditionen in Zeiten industrialisierter Brotbäckerei zu bewahren. Ein Purist, der seine Rezepte so einfach wie möglich hält. Und ein Gefühlsmensch, der seine Teige und den Holzbackofen über die Jahre derart einzuschätzen gelernt hat, dass geschmacklich und optisch perfekte Brote entstehen. Brote, die so eigenwillig und überzeugend sind, wie ihr Schöpfer.


Günther Weber zeichnet sich in seinem Buch vor allem für die wirklich gelungenen Rezepte verantwortlich. Mehr als 1,5% Hefe kommen ihm in keinen Teig. Lange Teigführung ist ein Muss, Vorstufen sind es ebenso. Kein Rezept, das nicht den Reiz ausübt, nachgebacken zu werden. Historische Familienrezepte, Kniffe und Tricks, die Weber über Jahre erlernt hat, gibt er in diesem Buch bereitwillig preis. Und ehrlich ist er. Seine Rezepte bäckt er im Holzbackofen. Für daheim sind eventuell Anpassungen nötig. Auch in der Rezeptmenge. Für vier Kilogramm Teig ist fast jeder Haushaltsofen zu klein. Die Rezepte sind es aber in jedem einzelnem Fall wert, intensiv studiert und heruntergerechnet zu werden.

Außerhalb der für Anfänger nicht unbedingt geeigneten Rezepte und einführender Grundlagen zum Brotbacken ist es vor allem Dieter Ott zu verdanken, Journalist aus Lübeck, dass sich Webers Philosophie und Wirken so mitreißend auf den Leser überträgt. Seine Texte sind füllig und doch kurzweilig. Sehr persönliche, direkte Fotografien von Kurt-Michael Westermann tragen ihren Teil dazu bei, ins Schwärmen zu geraten.

Ich gebe zu, von Günther Weber und dem Lorettohof vor Erscheinen des Buches noch nie gehört zu haben. Jedem Hobbybäcker und anspruchsvollem Bäckermeister sei die Lektüre von Webers Buch ans Herz gelegt. Günther Weber zeigt seit Jahren in der Praxis, dass sich gutes Brot, mit viel Zeit gebacken, Individualismus und wirtschaftlicher Erfolg nicht ausschließen. Es ist an der Zeit, dass Kunden und Bäcker wieder mit dem nötigen Respekt über das Lebensmittel Brot nachdenken.

Fazit

„Gut Brot will Weile haben“ gehört ab sofort zur Pflichtlektüre und ist bis auf weiteres meine brotphilosophische Bibel. Der nächste Backtag wird mit Weber-Rezepten ausgefüllt.

Meinen Respekt an Günther Weber und den Hädecke-Verlag.


Gut Brot will Weile haben: Der Bäcker vom Lorettohof und seine besten Rezepte 
168 Seiten, 2013 
Verlag: Hädecke Verlag 
ISBN: 978-3775006538  
Größe: 24,6 × 19 x 2 cm 

Mein Dank gilt dem Hädecke-Verlag,
der mir das Buch freundlicherweise zur Besprechung zur Verfügung gestellt hat.


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