BLOGBEITRAG

29. Oktober 2013 · 61 Kommentare

Zusatzstoffe im Brot – eine Notwendigkeit?

Nach der Debatte um Backmischungen, Verbrauchertäuschung und Zusatzstoffe im Brot, habe ich mich durchgerungen, einen etwas längeren Einblick in meinen Standpunkt zum Thema niederzuschreiben. Vieles kann ich der mangelnden Zeit geschuldet nur anreißen, vieles wäre es wert, einmal intensiver recherchiert zu werden. Vielleicht finden sich auch durch diesen, meinen, Diskussionsbeitrag ein paar neue Erkenntnisse oder Argumente.

Ein Brot braucht lediglich Mehl, Wasser, Salz und ein Triebmittel.

Ein gutes Brot braucht Zeit, kommt ohne Zusatzstoffe aus (auch ohne jene, die nicht als Zusatzstoffe gelten, aber in meinen Augen Zusatzstoffe sind) und ist ein handwerkliches Produkt, keine Industrieware. Ich bin überzeugt, dass es auch in der heutigen Zeit möglich ist, ein solches Brot wirtschaftlich herzustellen und als Bäcker damit mehr als nur überleben zu können. Mein Anspruch an gutes Brot und gute Lebensmittel ist mehr als nur guter Geschmack.
Ich vertrete vehement den Grundsatz, in Broten keinerlei Zusatzstoffe zu verwenden, die extrahiert, synthetisiert oder auf eine andere Art und Weise aus ihrem natürlichen Umfeld gerissen wurden.

Ein Beispiel, um den feinen Unterschied deutlich zu machen:
Der Zusatz von Enzymen im Brot ist in Backmischungen, in Teiglingen und Broten der Backdiscounter und Supermärkte Gang und Gäbe. Enzyme sind Eiweißstoffe, die in jedem von uns und auch in jedem anderen Lebewesen vorkommen. Die Industrie stellt jedoch hochspezialisierte Enzyme im Labor und teils aus gentechnisch veränderten Substraten her. Sie ermöglichen es dem Bäcker beispielsweise, Zeit bei der Teigbearbeitung zu sparen, schwankende Mehleigenschaften zu kaschieren oder Brote wochenlang haltbar zu machen.
Auch ich gebe in manchen Rezepten Enzyme in den Teig, in Form von enzymaktivem Malz. Dieses wiederum enthält weit weniger und nicht separierte oder neu geschaffene Enzyme. Es ist ein natürliches Produkt, das aus gekeimtem Getreide hergestellt wird. Während des Keimens entstehen im Korn vermehrt Enzyme, die dem Keimling durch Spalten von Mehlstärke in Zuckerstoffe Nahrung zuführen. Wird die Keimung durch Trocknen des Korns gestoppt, verbleiben die Enzyme im Korn und können unter bestimmten Voraussetzungen die Broteigenschaften verbessern.
Der Unterschied zwischen beiden Anwendungen ist einfach. Mit meinem Malz nutze ich die ohnehin im Getreidekorn vorkommenden Substanzen. Die Laborenzyme könnten auf natürlichem Wege aber nie in ein Brot gelangen. Weshalb sollte ich Sie dann einsetzen?

Gleiches gilt natürlich auch für andere Stoffe, die Broten zugesetzt werden dürfen. Die gesamte Deklaration von Zusatzstoffen schreit zum Himmel. Enzyme müssen zum Beispiel nicht in der Zutatenliste erscheinen, weil davon ausgegangen wird, dass sie nach dem Backen nicht mehr wirksam sind. Bei bestimmten gentechnisch hergestellten Enzymen bestehen aber Zweifel an dieser Annahme.
Hinzu kommt, dass Studien zur Wirkung von bestimmten Zusatzstoffen auf den menschlichen Organismus meist nur für jeden Stoff einzeln durchgeführt werden. Kann jemand ruhigen Gewissens Aussagen dazu treffen, wie sich die hunderten Zusatzstoffe in Kombination miteinander verhalten? Kann jemand gesicherte Angaben machen, welche Auswirkungen die verschiedenen Zusatzstoffe auf den Körper haben, wenn sie über lange Zeiträume mit der Nahrung aufgenommen werden? Ich frage mich, ob Zivilisationskrankheiten wie Allergien, chronische Hautprobleme etc. wenigstens zum Teil ein Resultat aus Kombination und Langzeitwirkung von Lebensmittelzusatzstoffen sein könnten.
Für jedes Lebensmittel sollte aus meiner Sicht jede einzelne Zutat für den Verbraucher erkenntlich sein, die im Herstellungsprozess im Lebensmittel oder seinen Vorstufen Verwendung gefunden hat. Es gibt nicht einen vernünftigen Grund, bestimmte Zutaten, wie Enzyme, nicht aufzuführen, außer der Angst, Kunden zu verschrecken.
Und das Schlimmste ist aus meiner Sicht, dass die Zusatzstoffe nur ein Produkt der schnelllebigen Zeit und des Profits sind. Jedes Lebensmittel, auch Brot, kommt ohne sie aus. Es hat sie früher nicht gebraucht, es braucht sie auch heute nicht.

Die Eigenschaften, die Zusatzstoffe in Brot bringen, können allesamt auf natürlichem Wege erreicht werden, aber dafür sind Zeit und Wissen nötig.

Wer seine Quellen angibt, schätzt die Arbeit Anderer wert. Ich habe in diesen Blog über zehn Jahre lang eine Menge Zeit, Kraft und Geist investiert und tue es immer noch. Deshalb bitte ich dich, bei jeder öffentlichen Nutzung meiner Ideen, Rezepte und Texte immer die konkrete Quelle anzugeben.

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Keine Kommentare

  1. Hatte früher eine Guten Unverträglichkeit. Auf meinem Handrücken bildete sich ein Ausschlag. Der sich anfühlte wie eine Feile. Seitdem ich mein Brot selber backe, ist er weg.
    Die heutigen Brötchen die so leicht wie eine Briefmarke sind. Das geht nicht mit rechten dingen zu.
    Wenn die anstatt Luft zum backen Wasserstoff nehmen, dann schweben die Dinger.

  2. Zurück zu den Wurzeln!
    Ich gestehe, Mehl, Salz und Anschüttung wie Wasser, Buttermilch, Bier, vielleicht auch Wein und Whisky… Mehr braucht es nicht. Nachdem Freundschaft, Verwandtschaft usw. mein letztes Roggensauerteigbrot mit Weizenmehle ohne jeweilige Zusätze für das Beste gehalten haben, spare ich mir alle Zusätze wie getrocknete Nektarblüten usw…Aber Sesam im Ausbund, beim Backen karamellisiert, ersetzt anscheinend jeden Zusatz. Also auch hier so einfach wie möglich, wirkliche Brot-Sommelier habe ich noch nicht entdeckt und die ich dafür gehalten habe, weisen demütig diese Vermutung zurück. Also, die Notwendigkeit im Thema ist mit Nein zu beantworten, aber nur grundsätzlich.

  3. Hallo Lutz,
    spannendes Thema!
    Was ich in der Diskussion vermisse, ist der Einbezug des Themas Biohefe. Die Herstellung konventioneller Hefe ist widerlich und (nicht nur) chemisch problematisch. Im Internet finden sich dazu auch recht vernünftige Fachartikel, sodass ich hierauf nicht im Detail eingehe.
    Mich überrascht allerdings, dass bei der Diskussion von Zusatzstoffen im Brot Industriehefe mit seinen chemischen Begleitumständen nicht stärker thematisiert wird.
    Nun gibt es nach meinen Erfahrungen oft deutliche Unterschiede zwischen Biohefe und konventioneller Hefe bei der Teigherstellung, abhängig vom Rezept (anspringen lassen ja, nein, wie lange, bei welche Temperatur ; welche Hefe-Menge). 
    Rezepte scheinen mir allerdings grundsätzlich auf konventioneller Hefe aufzusetzen, was ich unter dem Aspekt natürlicher Zutaten ein wenig erstaunlich finde.
    Die Verfügbarkeit von Biohefe ist heute auch im ländlichen Bereich meiner Erfahrung nach kein größeres Problem mehr, viele Supermärkte haben sie im Sortiment. 

  4. Also hier muss ich ganz klar sagen, in diesem Text steckt eigentlich schon alles drin was gesagt werden muss. Klar man kann es noch weiter ausführen und es spielt sicherlich auch irgendwann mal eine Rolle, aber für den Anfang ist damit wirklich alles gesagt. Ich bin auch der Meinung Zusatzstoffe im Brot müssen nicht sein. Manche Allergien mögen über die Jahre auch so entstehen dass es keine Frage, denn noch ist es schon verwundernswert das seit Jahren immer mehr Menschen auf diverse Sachen im Brot reagieren. Von irgendwoher muss diese Tatsache ja schließlich kommen. Ob es an den Enzymen liegt? Gut möglich ist es auf jeden Fall, denn komischerweise gab es vermutlich früher schon Allergien aber offenbar nicht zuviele als weniger im Brot drinnen war. Das ist jedenfalls mein persönliches Gefühl. Ob die Industrie jedoch wirklich wissen will was alles im Brot sich wie auswirkt, das bezweifle ich. Denn man würde sich doch nicht sein eigenes Grab schaufeln wollen, oder?

  5. Also in meinen Broten sind regelmässig „Zusatzstoffe“, nämlich Brotgewürze und das Brühstück aus Altbrot – aber darum geht es hier ja wohl nicht, sondern um unnatürliche, (groß-)technisch hergestellte (Bio-)Chemikalien zur Prozeßoptimierung und Produktverbesserung. Der Haushaltsbäcker verwendet sie wohl idR nicht, schon weil diese Chemie viel zu kompliziert für ihn ist und er will sie idR auch nicht verwenden. In der gewerblichen Bäckerei herrschen andere Verhältnisse. Aber auch dort ist der Trend zum „total bio-öko-nachhaltig“ usw unverkennbar. Viele mittelständischen Bäcker (die sogen. „Ketten“ mit mehreren Dutzend Verkaufsstellen) machen sogar explizit Werbung damit, ohne all diese Chemie auszukommen – und man darf es ihnen wohl auch regelmässig glauben. Denn: die „player“ beobachten sich gegenseitig argwöhnisch, die Produkte werden anonym gekauft und in Labors analysiert, ob da nicht doch geschummelt wurde und wenn sowas auffliegt, ist der wirtschaftliche Schaden existenzbedrohlich.
    Nochmal anders ist es bei den Backstationen der Discounter. Die machen ja auch überhaupt kein Hehl daraus, diese Zusatzstoffe zu verwenden. Wie soll es denn auch anders gehen ? Die Backstationen werden von Einzelhandelskaufleuten bedient, die sich um alle möglichen Warengruppen kümmern müssen. Es muß schnell und einfach gehen, die Produkte müssen von gleichbleibender Qualität sein und eine sehr gute Frischhaltung haben. Wer dort kauft, ist sich idR auch bewußt, daß es nicht 100% total bio sein kann, was er da kauft. Wer Backwaren beim discounter kauft, setzt eben andere Präferenzen und das ist sein gutes Recht.
    Als „Eigenbrötler“ hat man ganz andere Präferenzen. Als Anfänger schielte man zum Brot aus der Bäckerei um die Ecke und war froh, es nach Wochen und Monaten endlich fast genauso gut hinzubekommen, doch dann steigen die Ansprüche bald enorm, weil man irgendwann gelernt hat „sein Brot“ zu backen, das eben deswegen weitaus besser ist als das vom Bäcker um die Ecke, selbst besser als das vom Bio-Bäcker.
    Diese Ansprüche sind dem Otto-Normalverbraucher nun mal fremd. Das Brot, daß er kauft, ist eben nicht „sein Brot“, keine Leidenschaft, sondern eine mehr oder weniger beliebige „Sättigungsbeilage“: in der allergrößten Not – schmeckt die Wurst auch ohne Brot !

    • In allen Punkten stimme ich Ihrem sehr trefflichen Kommentar zu. Genau so beobachte auch ich schon lange die Entwicklung im Lebensmittelgeschäft. Schlimm, dass immer weniger Menschen die unglaublich aromatischen Produkte aus dem Bäckerhandwerk früherer Zeiten kennen.
      Auch der Unterschied zwischen den Produkten der Bäckereien mit mehreren Filialen und Aufbackstationen und dem Industriebrot in Discountern wird immer kleiner.
      Wer sich daheim die Mühe macht und selbst Brot oder Brezeln backt, kommt meist schwer ins grübeln über das, was einem im Alltag heute aufs Auge gedrückt wird.
      Und nein, mit dem Geschwafel über Bio oder nicht, hat die Entwicklung zu Lasten der Qualität von Lebensmitteln nichts zu tun.

      Allerdings schmeckt mir die Wurst ohne Brot absolut nicht. 😉

  6. Zusatzstoffe haben in Brot nichts zu suchen. Es gibt Vermutungen dass sie viele von uns, empfindliche Menschen, auf Dauer krank machen. Durch den Einsatz von Backmitteln gelingen Brot und Brötchen in der Backindustrie IMMER, und zwar immer GLEICH GUT, unabgängig von der Art der Teigführung. Chemische Backmittel nehmen dem Bäcker Kompetenz ab. Ich fürchte dass bald nur noch wenige Bäcker wissen was Teigführung eigentlich bedeutet und wie man „richtiges“ Brot backt wenn durch den Einsatz von Backmitteln IMMER gelingt und jeden Fehler in der Teigführung wett macht. Im Teig hat nur eine „Chemikalie“ etwas zu suchen: Natriumchlorid! Evtl. noch Ascorbinsäure, oder besser Bio-Acerolakirschpulver.
    VG, Sascha

  7. Zusatzstoffe sind keine Notwedigkeit aber eine Möglichkeit ein bereits sehr gutes Brot nach dem eigenen Geschmack zu verändern. Geröstetes Altbrot, getrocknete Blüten von Robinie und Holunder sind in meinem Einzugsbereich gewollte Zusatzstoffe. Genau so mediterane Zusatzstoffe wie Fenchelsamen, Koriander usw. auch Leinsamen oder Sonnenblumenkerne besonders angeröstet verbreiten sie einen herrlichen Geruch.
    Bei mir gilt, dass die Zusatzstoffe den Grundgeruch und Geschmack marginal ergänzen und damit den Charakter des Brotes unterstreichen.
    Industriell produzierte Zusatzstoffe verwende ich nicht. Die Palette der natürlich vorkommenen Zusatzstoffe werde ich wohl nicht abarbeiten können.
    Ein Gedanke zur Determiniertheit:
    Damit hat Heisenberg mit seiner Unschärferelation bereits aufgeräumt. Wer Korrektheit anstelle Exaktheit setzt kann kaum überrascht werden. Jeder Mathematiker weiss, schon die Lösung einer linearen Differenzialgleichung 1. Ordnung besitzt unendliche Möglichkeiten. Die Veränderungen der Ursprungsfunktion ist korrekt. Die Auswahl aus unendlichen Möglichkeiten wird durch die Anfangs-oder Randbedingungen getroffen. Da beginnt wieder Heisenberg. Solange wir im Radius der erkannten Bedingungen liegen werden unsere Brote gelingen. Lutz Geissler hat den Horizont der Radien bereits weit verschoben. Wer im folgen will braucht Weitsichtigkeit und Verständnis..

    • Werner wäre sicherlich begeistert von dieser Anwendung der Unschärferelation . Die Nichtexistenz des Determinismus bringt uns dann zu der demütigen Einsicht, dass jeder mit seinem freien Willen das Brot backt, das er selbst haben will — und trotzdem ein Unikat entsteht — allerdings auch jedes Industriebrot eines ist!
      😁

      • Hallo Peter, hallo Erhard, ich glaube, wir sollten mal außerhalb dieses Blogs eine wissenschaftliche Konversation führen. Mir ist es bisher auch noch nicht gelungen, das Gewicht eines Brotes und dessen Kerntemperatur gleichzeitig genau zu bestimmen, was vielleicht daran liegen könnte, dass ich beim Einstechen des Thermometers den Abwiegevorgang störe…..so manch ein Bäcker hätte für diese Erkenntnis längst den Nobelpreis bekommen können, aber bekommen hat ihn nur der Werner….. 😀
        Viele Grüße, Alexander

  8. Sonntag, allein in der Küche bei Kaffee und „Brotback-Kino“:
    Mein -zigstes Brot von deinem Blog ist im Ofen und ich bin wiedermal/immernoch begeistert (diesmal 2 Durum-Brote)!
    Du schaffst es seit fast 8 Monaten immer wieder, das ich -wenn ich von deinem Blog und „meinem“ Brot erzähle – meine Augen glänzen zu lassen! 
    Ich bin mit solch einer Freude dabei! Allein das mein ST seit Beginn noch lebt, DAS ist für mich schon ein irres Gefühl! 
    Bisher war alles was ich gebacken habe ein Erfolg (dank deiner guten Beschreibungen und den wirklich hilfreichen Tipps in den Kommentaren)!
    Und nun habe ich mich zuletzt an das reine Weizensauerteigvrot gewagt und mit ganz viel Mut anschl. an das Rauriser Roggenbrot! 
    WOW kann ich nur sagen! Mein Mut und die Portion Geduld wurden bisher immerbelohnt mit einem gelungenem Ergebnis! 
    Mehl, Wasser, Salz … mehr nicht..und ein solcher Geschmack!

    Und obwohl dein Virus ansteckend ist, rate ich in diesem Fall von einer Impfung definitiv ab! 

    Leider werde ich dich wohl nie persönlich kennenlernen, doch ich wollte dir unbedingt eine Rückmeldung geben! 

    (Ich arbeite ohne Maschine und habe einen Backstein sowie einen Haushaltsbackofen)

    • Es duftet wie …. 🤔 … na einfach toll! 

    • Vielen Dank liebe Marion :).

      • Ich möchte mich gern zum Beitrag von Antje äußern und ihr gleichzeitig zur präzisen Analyse gratulieren. Ich habe vor über dreißig Jahren das Bäckerhandwerk gelernt. Seit ca. drei Monaten backe ich „endlich“ mein Brot selbst; hab im Haushaltsofen im Gußtopf begonnen und ob der ersten Erfolge, mein Lehrmeister pflegte folgendes Zitat zu gebrauchen:“Augenmaß und Handgewicht verliert ein deutscher Bäcker nicht“ jetzt Nägel mit Köpfen gemacht und in einen Ofen und eine Knetmaschine von Häussler investiert.
        Schon in meiner Lehrzeit waren „Backmittel“ weit verbreitet und insbesondere bei Weizenkleingebäck ihr Einsatz obligatorisch. Es folgten Fertigmehle für diverses Feingebäck. Fast vier Jahrzehnte ist das nun her und wenn ich die Diskussionen hier und anderswo verfolge, dann habe ich den Eindruck, als habe sich nicht wirklich entscheidendes verändert. Im Gegenteil: Mit jedem industriell hergestellten Brötchen stirbt ein kleines Stück des Bäckerhandwerks und mit ihm der Anspruch, aus wenigen Zutaten ein schmackhaftes, verträgliches und sinnstiftendes Lebensmittel zu bereiten.
        Wie entscheidend die Grundzutaten hierbei sind, hat Antje nachvollziehbar dargestellt. Eine meiner ersten „Amtshandlungen“ beim „Unternehmen Brotbacken“ bestand darin, ein unter möglichst strengen Richtlinien ökologisch hergestelltes Mehl zu suchen. Ich backe von Beginn an mit Mehlen einer Demeter Mühle. Dieses Getreideerzeugnis gibt mir einerseits die Sicherheit, keine Kompromisse in Bezug auf das verwendete Saatgut und den Anbau des Getreides machen zu müssen und andererseits überzeugen mich die Backeigenschaften des Mehls.
        Es bedarf also keiner enzymatischen „Unterstützung“ um ein wirklich gutes Brot zu backen. Leidenschaft, Zeit und ein erlernbares Know How reichen völlig aus. In diesem Sinne weiter so ihr Bäckerinnen und Bäcker aus Leidenschaft!

  9. Vielleicht täte in der Tat ein bißchen Recherche nicht Schaden. So sehr ich diesen Blog und die Rezepte schätze und der Grundidee von einem Brot ohne Zusätze und gutem, ehrlichen Handwerk aus ganzem Herzen zustimme möchte ich ein paar Einwände erheben. Erstens ist die Hefe, welche in den meisten Rezepten Verwendung findet, in der Regel kein „natürliches“ Produkt sondern wurde, genau wie das Getreide, vom Menschen durch Züchtung optimiert und an dessen, und nicht an die Bedürfnisse des Organismus, angepasst. Die Notwendigkeit des Einsatzes von Dünger und Pflanzenschutzmitteln ist ein Beweis hierfür, den eine „natürliche“ Pflanze kommt ganz ohne aus. Wir haben also seit Anbeginn der Zivilisation unsere Umwelt verändert und Techniken genutzt, um mehr für uns geniessbare Lebensmittel zu produzieren. Enzyme durch Fermenter herzustellen und ihre Funktionsweise zu optimieren ist nur eine Fortsetzung dieses Prinzips und ethisch nicht schlimmer als Getreide durch Kreuzung zu zwingen mehr Körner zu tragen. Ausserdem sind Enzyme auch nur Eiweiß und keine gefährlichen Nanomaschinen die unsere Körper verwüsten. Sollte es also tatsächlich möglich sein, dass die Enzyme den Backprozess überstehen, und als Biologe kenne ich tatsächlich nur wenige die das können, würden sie spätestens bei der Verdauung zerlegt und wiederum als Nährstoff dienen. Ich denke eine Kennzeichnungspflicht bei Verwendung von Enzymen ist sinnvoll, damit der Verbraucher bewusst entscheiden kann was er konsumieren möchte. Eine pauschale Verurteilung von technischen Entwicklungen oder gar ihre Dämonisierung, wie sie bei vielen Anhängern von sogenannten Bioprodukten verbreitet ist, liegt oft in deren Unwissenheit begründet. Deswegen mein Rat, mehr lesen und sich auch mal mit der anderen Seite auseinandersetzen, das hilft sich eine fundierte Meinung zu bilden.

    • So einfach ist es aber nun auch wieder nicht.
      Enzyme haben allergenes Potential. Und selbst wenn die Enzyme an sich den Backprozess nicht überstehen, gibt es (milde formuliert) Hinweise darauf, dass „Bruchstücke“ davon am/im Brot verbleiben und ebenso allergene Wirkungen zeigen.
      Hinzu kommt, dass es den Zusatz von Enzymen in Backwaren nicht wirklich braucht, wenn Verbraucher und Hersteller einigermaßen vernünftige Vorstellungen von der Backwarenqualität hätten. Warum also sollte man sie einsetzen, wenn man auch ohne sie vernünftige Produkte herstellen kann?
      Nächstes Gegenargument: Die Züchtung lief über Jahrtausende im Rahmen natürlicher Prozesse. Inzwischen sind diese Prozesse ausgehebelt, extrem beschleunigt. Ob das irgendeine Auswirkung hat, kann ich (noch) nicht beurteilen, aber ich sehe es zumindest kritisch.

      • Ich sehe die Verwendung von Zusatzstoffen ebenfalls eher kritisch. Zumindest – dass keine Deklaration erfolgt. Selbst das Verkaufspersonal ist oftmals nicht in der Lage, ehrliche und fundierte Informationen zu geben. Oder, was noch schlimmer ist, es wird einem totaler Unsinn erzählt.
        Seit vielen Jahren backe ich mein Brot selbst. Seit einem Jahr habe ich durch Lutz die beste Zutat entdeckt. Zeit. Meine Brote sind seitdem für alle ein Gaumenschmaus. Ob Familie oder Kollegen. Dass auch das Mehl und das Korn eine große Rolle spielen, habe ich anhand meines Sauerteiges entdeckt. Vor vielen Jahren habe ich mich an eine Eigenzüchtung mit Roggenmehl und Wasser gewagt. Das Roggenmehl kam aus dem Supermarkt. Der Sauerteig stank und war so abstoßend, dass ich alle Bemühungen aufgab. Vor einem Jahr probierte ich es mit Bio Roggen aus einer süddeutschen Mühle. Der Sauerteig war innerhalb kürzester Zeit geboren. Er lebt heute noch und wird fleißig von mir gefüttert. Er riecht herrlich aromatisch und ist sehr triebstark. Er fängt nur an zu riechen, wenn meine kleinen Helfer Hunger haben und ich wieder auffrischen muss. Auch die Brote selbst werden mit den Biomehlen aromatischer. Die Teige haben ganz andere Eigenschaften (z.B. die Konsistenz oder Haptik) als ich es vom Supermarktmehl kannte. Das überzeugendste, was mir an meinen Broten einfällt, ist die Verträglichkeit. Ich habe nie Bauchschmerzen, Durchfälle oder Unwohlsein. Ich genieße jeden Bissen und ich bin satt nach dem Genuss. Ich bin weder Wissenschaftler noch Hochstudiert. Aber ich weiß, was mir gut tut und was nicht. Selbstgebacken – ist eine Wohltat :-).

        • Genau das ist es. Selbstgebacken mit dem richtigen Mehl ohne Enzyme, und ich habe kein Bauchweh und keinen Durchfall mehr. Brotbackmischungen und auch teils Mehle aus den Supermärkten vertrage ich nicht, auch nicht, wenn ich den eigenen Sauerteig nutze….meine Vermutung ist schon lange, es kann eigentlich nur an den Enzymen liegen. Es ist auch keine Weizenallergie, sonst könnte ich mein Brot ja auch nicht essen. Und ich kriege nirgendwo ein Brot zu kaufen, das so lecker schmeckt wie das mit viel Zeit selbstgebackene. Danke danke danke Lutz, dass du uns dein Wissen mit deinem Blog zur Verfügung stellst und immer neue Rezepte für uns entwickelst.

  10. Genau aus diesem Grund backe ich seit über einem Jahr mein Brot und sämtliche Brötchen selbst. Habe heute als Fränkin zum ersten Mal die „Fränkischen Kipf“ – bei uns heißen sie Kipfla ausprobiert. Mir ist in der ganzen Zeit, in der ich jetzt backe noch nichts misslungen, und jeder , der bei mir mitisst, ist begeistert. Danke Lutz für Deine tollen Rezepte.

  11. Enzyme, aktueller denn je. Enzyme sind das a und o eines Brotes, einer eigelegten, sauren Gurke und einem abgehangenen Stück Fleisches. Enzyme sind all gegenwärtig. Doch sind sie auch nötig? In einem industriellen Produktionsablauf sind kleinste Abweichungen von der Rohstoffnorm, eine wahre Katerstrophe. Die individuellen Abläufe an Produktionsstraßen verstehen keinen Spaß. Sollte sich irgendetwas Unplanmäßiges ändern an der Beschaffenheit des Rohstoffes, bleibt die Produktion stehen. Der entstandene Produktionsausfall ist in wenigen Minuten so enorm, dass sich ein Nahrungsmittelproduzent so einen Störfall gar nicht erlauben kann. Das ist ebenso an kontinuierlichen Produktionsanlagen. Ganz egal ob ein Auto gebaut wird oder ob ein Brot entstehen soll. Ich selbst habe über 6 Jahre in der Brotindustrie gearbeitet. Kenne Anlagen auf denen 300 – 1500 Brote die Stunde produziert wurden. Ich kenne auch Anlagen auf denen für Hamburgerketten die Brötchen hergestellt wurden. Doch nicht nur die Anlagen kannte ich, ich kannte auch die Rezepturen. So wie die Industrie immer zerrissen wird, ist es für mich unlogisch, dass immer mehr Industriebrot gekauft wird. Da kann also etwas nicht ganz stimmen. Der Handwerksbäcker ist da sensibler. Seit gut 5 Jahren wird er regelmäßig an den Pranger gestellt. Das kann er nicht überleben und die, die es verstehen euren Wünschen zu entsprechen, sterben gleich mit.
    Enzyme, kann ich so sagen wie es ist, findet ihr kaum im Industriebrot. Die stellen schon lange ihre eigenen Sauerteige, Vorteige und andere Quellteige her. Auch bei den Brötchen findet ihr kaum noch Hersteller, die unnötig Enzyme zugeben. Die Controller können rechnen. Die haben ihre Rezepturen, kalkulatorisch im Griff. Auch die Handwerksbäcker werden mit immer weniger Enzymen überschwemmt. Was ich beobachte, ist leider eine Ratlosigkeit. Der Fachmann hat sich zu wenig in den Jahren mit dem theoretischen Fachwissen auseinandergesetzt und kann nun die Fragen seiner Kunden nicht sicher beantworten und Kunden sind auch Journalisten, die verdeckt einkaufen und dann ihren Horror – Journalismus freien Lauf lassen. Klar ist er in der Pflicht der Bäcker. Er muss seinen Kunden sagen was sich in seinem Brot befindet. Doch dafür benötigt er ausgebildetes Personal. Das wiederum kosten Zeit und Geld, was sich auf den Brotpreis aufschlägt. Ein verdammter Kreislauf. Der Bäcker muss sparen wo er nur kann. Schlussendlich kauft er immer günstigere Rohstoffe ein. Die Qualität sinkt seiner Backwaren und zum Schluss bleibt der Kunde vor seiner Tür und wandert zum Discounter. Und das alles wegen den Enzymen, Allergenen und Zusatzstoffen die er nicht verstand. Ich arbeite seit 1979 als Bäcker. Mal mehr oder weniger mit Zusatzstoffen und Enzymen. Ich befasse mich seit über 20 Jahren intensiv mit diesem Thema und kann mir gegenüber behaupten das Mehl zu verstehen und es mit wenigen Dingen so zu veredeln, dass etwas tolles dabei heraus kommt. Ihr werdet sehen, dass es eine Zeit gibt, in der eine kleine Gruppe von Bäckern, eine kleine Elite von Menschen an Wochenenden und Feiertagen glücklich macht. Die anderen 8 Milliarden Menschen bekommen die Industrieware.

    • Ja, ich sehe diese Entwicklung auch so. Handwerksbäcker für die große Bevölkerungsmasse wird es nicht mehr geben, gibt es ja auch heute nicht mehr wirklich. Gutes, handwerklich hergestelltes Brot wird ein Genussmittel, keine Lebensmittel im eigentlichen Sinne, werden.

  12. Als ehemaliger Bäcker möchte ich gerne meine Sichtweise darlegen. Den Bäckern, die Backmittel verwenden wird gerne böswillige Kundentäuschung vorgeworfen. Dies kann man nicht so stehen lassen. Ich habe Anfang der 80er in einer kleinen Landbäckerei das Bäckerhandwerk erlernt. Hier wurde noch mit Vorteigen und Dreistufensauerteig gearbeitet. Es war die Zeit, wo die Kunden immer mehr Sorten verlangten und Bäckereien in den Orten täglich neue Sorten auf dem Markt brachten. Konservative Handwerker wurden müde belächelt. Der gemeine Kunde zeichnet sich durch Unkenntnis aus und dass ist das Problem. Hauptsächlich wurden morgens Schnittbrötchen verkauft. Je nach Mehlqualität unterschieden sich die Brötchen vom Volumen her. So kam es häufig vor, dass der Schluss oder der Schnitt nicht aufriss – sogenannte Schneider. Andere Bäcker gingen schon dazu über Brötchen im Laden zu Backen und durch den Einsatz von Backmitteln war die Qualität der Brötchen deutlich gleichmäßiger. Dies bekommt man vom Kunden zu hören und viele kaufen dann auch die Brötchen mit Backmittel. Sie können den Kunden ruhig predigen, dass jedes Brötchen gleich schwer ist – das interessiert nicht. Die Optik zählt. Weiter Beispiele: Wir haben Berliner Ballen immer ohne Zusätze gefertigt. Der weiße Rand war dadurch recht schmal und die Ballen auch nicht so prall rund wie bei üblichen Berlinern mit Backmittel. Wir waren regelrecht gezwungen Backmittel beizufügen, wenn wir auch zukünftig Berliner Ballen verkaufen wollten. Dies ist natürlich nicht nur in der Bäckerbranche so: Unser damaliger Fleisch- und Wurstlieferant hatte mal eine Charge Schinkenwurst, wo irrtümlich nur Kochsalz (anstatt nicht so gesunden Nitritsalze) zugesetzt wurde. Die Schinkenwurst war dadurch leicht gräulich und nicht zart rosa – Geschmack und Qualität aber einwandfrei. Der Metzger brachte uns mehrere große Würste, die wir in unserer Kundschaft verschenken könnten – aber niemand!! wollte die Wurst, auch nicht geschenkt. Oder denken wir einfach an die Gemüsetheken im Supermarkt – wo jeder Apfel und jede Gurke gleich aussehen. Sicherlich findet ein Umdenken statt – aber nur im Kleinen. In Städten mögen Biobäcker sich halten können – für den normalen Bäcker um die Ecke ist es keine Alternative. Das Qualitätsempfinden des normalen Kunden ist ein anderes wie hier im Forum. Je gleichmäßiger, je knackiger und je länger frisch die Backwaren sind, empfindet der normale Kunde als Qualität. Ich höre immer genau zu wenn im Bekanntenkreis diskutiert wird, wo es die besten Backwaren gibt und welche Anforderungen gestellt werden. Auch die Meinung von vielen älteren Kunden, dass die Brötchen früher viel besser und abends auch noch knackig waren, sind nur mit einer gewissen Verklärung zu erklären – das stimmt nämlich nicht. Es geht nicht nur um Marge, wenn der Bäcker zu Hilfsmitteln greift.

    • Hallo Benne,

      vielen Dank für deine Ergänzungen. Das sehe ich genauso und habe das auch schon von vielen Bäckern gehört. Ich bin der Meinung, dass sich Kunden umerziehen oder zumindest austauschen lassen. Das macht Arbeit, kostet Nerven, sehr viel Zeit und Beharrlichkeit und sicher auch Geld, aber auf lange Sicht lohnt es sich. Ob das in den 80ern schon möglich gewesen wäre, weiß ich nicht, aber heute auf jeden Fall. Ich wohne auf dem Dorf und auch hier sind dank Internet sehr viele kritische Bäckerkunden, die darauf achten, was sie essen.

  13. Guten Tag,
    du schreibst oben, dass du enzymaktives Backmalz verwendest. Könntest du mir vielleicht sagen, welches du genau benutzt und wo du es herbekommst?
    Ich habe nämlich mal nach Backmalz gegoogelt und verschiedene Ergebnisse bekommen. So gibt es in einem großen Versandhandel für Hobbybäcker z.B. „Backmalz traditionell“ und „Backmalz modern“, ohne dass die Unterschiede jedoch erläutert werden.
    Grüße und besten Dank

    • Ich verwende enzymaktives Gerstenmalzmehl von der Adler- und der Draxmühle. Außerdem aktives Malzextrakt (Flüssigmalz) von backstars.de.

      • Warum Gerstenmalz? Ich möchte gern Baguettes aus Weizenmehl backen. Warum kein Weizenmalz?Wo liegt der Unterschied?
        Vielen Dank schonmal!
        Liebe Grüße Filia

  14. Guten Morgen, bin über Heikes Blog hierher gekommen und muss schon sagen, die Argumentationskette der Kommentare, die überfordert mich in ihrer Gesamtheit am frühen Morgen doch etwas ;).

    Davon aber mal abgesehen, von allen wissenschaftlichen Fakten:

    Ich hebe mal meinen Daumen für Deinen Artikel für alle Allergiker und die, die Nahrungsmittelunverträglichkeiten haben (nein, nicht theoretisch, ich spreche aus Erfahrung). Und ich hebe meinen Daumen für alle die, die es mögen, wenn ihr Brot ganz normal hart wird und es dann noch immer gerne essen, so wie ich und die nicht diese weiche Wattesch… wollen. Und für alle die, für die Backvollautomaten in den Discountern nichts, aber so gar nichts mehr mit einem ehrlichen Handwerk und einem ehrlichen Produkt zu tun haben, genau die, die eben nicht dreiunddrölfzigst unterschiedlichste und auch noch warme „Back“waren zu unterschiedlichsten Tageszeiten, egal zu welchem Preis, haben wollen.

    Theorie ist eine gute Sache, ohne eine reelle und gesunde Praxis ist sie gar nichts.

    Back mas!

    Herzliche,
    Ev

  15. Lieber Lutz,

    etwas verspätet möchte ich nun auch noch auf deinen ‚Enzym-Beitrag‘ antworten. Ich gebe dir in vollem Umfang Recht, dass man für die Herstellung von Brot lediglich Mehl, Wasser, Salz und ein Triebmittel braucht.

    Bei der Lebensmittelherstellung hat der Einsatz technischer Enzyme in den letzten Jahren sehr stark zugenommen. Die Möglichkeit eine Vielzahl von Enzymen in großen Mengen mit Hilfe gentechnisch veränderter Mikroorganismen zu gewinnen, hat ihre Herstellung deutlich billiger und damit auch für die Lebensmittelindustrie technisch interessant werden lassen. Auch bei der Backwarenherstellung sind sie im Einsatz. Zahlreiche deklarationspflichtige Zusatzstoffe wurden in den letzten Jahren durch nicht deklarationspflichtige Alternativen, sogenannte Clean Label Produkte, ersetzt. Enzyme gelten in der Regel als Verarbeitungshilfsstoffe und sind damit nicht deklarationspflichtig. Dem Verbraucher wird durch die sogenannten Clean Label Produkte der Eindruck vermittelt, es handele sich dabei um höherwertige Produkte.

    Mit ihren spezifischen Eigenschaften können Amylase, Xylanase, Hemicellulase, Protease & Co punktgenau Prozesse bei der Backwarenherstellung beeinflussen. Ergebnisse sind die Erhöhung der Teigstabilität und damit die Vergrößerung des Gebäckvolumens, Brötchen bleiben länger kross, die Haltbarkeit von Backwaren wird verlängert, die Gefrier-Tau-Stabilität von tiefgekühlten Teigen und Backwaren wird erhöht… Dies sind selektive Veränderungen der Produkteigenschaften die mit natürlichen Rohstoffen, in dieser Form, nicht möglich wären.

    Nach meiner Meinung durchbrechen isolierte Zusatzstoffe wie technische Enzyme das Prinzip der Naturbelassenheit. Im Sinne einer ganzheitlichen Qualitätsauffassung verändert die einseitige Wirkung solcher Zusatzstoffe die natürliche Ausgewogenheit des Gesamtprodukts. Als Verbraucher, erwarte ich beim Kauf eines Brotes in einer Handwerksbäckerei, dass dieses nach traditioneller, guter handwerklicher Praxis als naturreines Produkt hergestellt wird. Wozu sonst schützt man den Beruf mit einem Meistertitel und der Eintragung in die Handwerksrolle?

    Aber – die Industrialisierung der Lebensmittelherstellung hat auch das Bäckerhandwerk stark beeinflusst. Parallel dazu hat die Veränderung der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, die der Erwerbsmuster, Lebensgewohnheiten (veränderte Präferenz der Zeitverwendung) und Lebensformen (abnehmende Bedeutung familiärer Bindungen) einen Wertewandel und die Veränderung der Einkaufs- und Ernährungsgewohnheiten bewirkt. Die Gesamtheit dieser Veränderungen hat Einfluss genommen auf die Struktur der Bäckereifachgeschäfte, die Standorte, Öffnungszeiten und Sortimente. Wo es früher traditionelle Familienbetriebe mit der Backstube neben dem Verkaufsraum gab, bestimmen heute zentrale Produktionsstätten mit einem lokalen bis überregionalen Filialnetz den Markt. Damit einhergehend stiegen die durchschnittlichen Umsatzzahlen je Betrieb. Diese Umsatzsteigerungen stehen wiederum in Wechselwirkung mit einer veränderten Produktionsweise, wie dem Einsatz moderner Kältetechnologie. Bäckereien müssen sich in einem immer noch an Intensität zunehmenden Wettbewerb mit Backdiscountern, Backstationen im Lebensmitteleinzelhandel (LEH) und bei den Lebensmitteldiscountern Aldi, Lidl & Co behaupten.

    Vor diesem Hintergrund haben auch einige unserer Bäcker eine Gruppe von Produkten im Sortiment, die auch bei der Ablehnung von technischen Enzymen, derzeit ohne Qualitätseinbußen nicht ohne diese herstellbar wären: Brötchen und Kleingebäcke die über Langzeitführung, Gärverzögerung, Gärunterbrechung hergestellt und in den Bäckereifilialen bis zum Ladenschluss frisch abgebacken werden.

    Im Jahr 2005 habe ich gemeinsam mit einem Berufskollegen ein Forschungs- und Entwicklungsprojekt zur ‚Qualitätsoptimierung ökologischer Backwaren‘ durchgeführt. Dabei ging es darum, unter Einhaltung der Richtlinien der ökologischen Anbauverbände (Bioland, demeter, …), die Herstellung von Bio-Gebäcken zu optimieren. Nach den Verbandsrichtlinien ist die Verwendung isolierter Zusatzstoffe, wie auch technischer Enzyme und Ascorbinsäure verboten, Lecithin ist nur als natives, nicht modifiziertes, ökologisches Lecithin erlaubt, Guarkernmehl ausschließlich für glutenfreies Gebäck.

    Qualitätsmaßstab für die Verfahrens-Tests waren hochwertige konventionelle Gebäcke. Bewertet wurden diese neben den üblichen Qualitätskriterien wie Geruch, Geschmack, Aussehen, Krustenbeschaffenheit, Krumenelastizität, um nur einige zu nennen, auch anhand ihres Volumens. Bei der Bewertung der Vergleichsgebäcke aus konventionellen Rohstoffen wurde allerdings eine maximale Volumenausbeute festgelegt. Beispielsweise für ein Weizenbrötchen aus der Mehltype 550 eine Volumenausbeute von 710-750 ml Gebäckvolumen/100g Mehl. Das Ergebnis war die Feststellung, dass bei der Herstellung von Kleingebäck über Verfahren der Gärverzögerung und Gärunterbrechung in der Praxis der Betriebe keine konstante Qualität, die der durchschnittlichen Verbrauchererwartung entspricht, ohne den Einsatz von technischen Enzymen, empfehlenswert war.

    Diese Feststellung kann zu der Entscheidung führen, dass man als Bäcker oder Bäckerin, die die Verwendung technischer Enzyme ablehnt, eben keine Teiglinge herstellt, die dann im Laden abgebacken werden. Viele Betriebe können in dem harten Wettbewerb jedoch ohne ein Angebot dieser frisch im Laden gebackenen Brötchen und Kleingebäcke nicht bestehen. Wichtig ist hier zumindest die volle Deklaration aller Zutaten und Verarbeitungshilfsstoffe, damit der Kunde eine ehrliche Entscheidungsbasis hat. Unter den gegebenen Marktverhältnissen wäre eine alternative technische Lösung durch den Einsatz natürlicher Enzyme (aus gekeimten Getreide) wünschenswert. Ein Silberstreifen ist dafür aktuell am Horizont sichtbar, bedarf aber noch der weiteren Optimierung durch entsprechende Forschungsvorhaben.

    Weitaus wünschenswerter wären allerdings aufgeklärte und kritische Verbraucher, die bewusst bei ihrem Handwerksbäcker traditionelle, nachhaltig produzierte Backwaren nachfragen. In den frühen Morgenstunden gebackene Brötchen, aus ökologischen Zutaten, nach Verfahren wie du sie auch anwendest (ggf. abends noch einmal kurz nachgebacken) sind sicherlich wohlschmeckender und unserer Umwelt dienlicher als die meisten ‚gedopten Feierabendbrötchen‘. Dies scheint zurzeit aber eine Vision zu sein, für die wir uns alle gemeinsam engagieren müssen.

    *Die Dokumentation des Entwicklungs- und Forschungsprojektes sowie die Ergebnisse sind nachzulesen in dem Fachpraxisbuch ‚Qualitätsoptimierung ökologischer Backwaren‘.

    • Vielen Dank für diesen wohltuend sachlichen Beitrag, den ich nur unterstützen kann. Es ist möglich, Brot ohne Zusatzstoffe (ist das Hefe aus der Hefefabrik nicht eigentlich auch?) herzustellen. Andererseits ist nachvollziehbar, dass die Bäcker im Clinch zwischen Handwerk, Wirtschaftlichkeit und Kundenbedürfnis liegen. Der Kunde will am Abend noch frische Brötchen. Wie soll das gehen ohne Teiglinge, die dann gebacken werden? Was denn wieder die technischen Tricks verursacht etc. Ein bisschen müssen wir uns als Kunde auch an der Nase fassen. Man kann nicht alles erwarten und man muss bereit sein, für ein reelles handwerklich hergestelltes Produkt mehr Geld auszugeben. 
      Zudem möchte ich noch darauf aufmerksam machen, dass Enzyme, die mit Hilfe von gentechnisch modifizierten Bakterien hergestellt werden, selbst nicht gentechnisch modifiziert sind. Zu den Lebensmitteln wird z.B. so gewonnene Amylase zugesetzt, aber keinesfalls die erw. gentechnisch modifizierten Bakterien selbst. Das gilt z.B. Auch für Komponenten von Aromastoffen, wie sie zuhauf in Milchprodukten eingesetzt werden. In den Beiträgen weiter oben wurde der Eindruck erweckt, als sei Brot nun auch mit gentechnisch modifizierten Organismen “ verseucht“.
      Problematisch ist in diesem Zusammenahng auch, dass es bei Offenverkauf nicht dieselben Kennzeichnungspflichten gibt, wie bei verpackten Lebensmitteln. Da gebe ich Ilona von unten völlig recht. Nachfragen ist dann sehr mühsam.

      • Silke, Du schreibst
        „Der Kunde will am Abend noch frische Brötchen. Wie soll das gehen ohne Teiglinge, die dann gebacken werden?“
        Ich weiß ja nicht, wann Du geboren bist, aber Anfang der 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts (zu der Zeit ging ich zur Schule) gab es in Berlin bei vielen, nicht mehr bei allen, Bäckern Schrippen, die abends knusprig waren. Sie waren ein klein wenig angetrocknet. Sie waren jedoch keinesfalls nie nicht so gummiartig-ziehig, wie die heutigen Erzeugnisse bereits ein, zwei Stunden nach der Herstellung. Ganz egal, wo ich Brötchen kaufe, zu Haue müssen sie auf den Toaster, damit sie auch nur einigermaßen knusprig sind, es sei denn, ich bin bereit, bis zu 30 Kilometer dafür unterwegs zu sein.

    • Anke K. schrieb: „Parallel dazu hat die Veränderung der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, die der Erwerbsmuster, Lebensgewohnheiten (veränderte Präferenz der Zeitverwendung) und Lebensformen (abnehmende Bedeutung familiärer Bindungen) einen Wertewandel und die Veränderung der Einkaufs- und Ernährungsgewohnheiten bewirkt. Die Gesamtheit dieser Veränderungen hat Einfluss genommen auf die Struktur der Bäckereifachgeschäfte, die Standorte, Öffnungszeiten und Sortimente.“

      Je nun, gerade weil der gemeine Franzose bis zu dreimal täglich sein Baguette kauft, muss es auch dreimal am Tag gebacken werden – nach Gesetzgebung für das Traditionsbaguette dort bekanntlich ohne Zusatzstoffe wie technische Enzyme. Dass man diese also nicht ersatzlos streichen kann, wie man in Ihrem kleinen Essay liest, ist also eine, auch in Deutschland, widerlegte Meinung. 

      Ich finde, der Einfluss von Back-Discountern ist eine Erfrischungskur für den Markt. Denn nur Bäcker, die sich neu aufstellen können, werden bestehen können. Ich kaufe sehr gern ein ofenwarmes Croissant bei den Billigbäckern, das ist oft sehr frisch. Ich bin nänlich einer von den vielen Discounter-Kunden in der Schlange – zwar nicht oft, weil ich mein Brot selbst backe, aber ab und zu. Das aber nicht, weil ich die Billigshops so toll finde, sondern weil ich den sogenannten Handwerksbäcker nicht unterstützen will. Der heuchelt mir vor, er würde naturbelassen backen, verwendet aber die gleichen Zusatzstoffe oder Backmischungen, wie ein Discounter. Ich bin ja ein Fan von Grau- und Zwischentönen, aber in dies ist eine Entweder-Oder-Frage: Entweder mit oder ohne Zusatzstoffe. 

  16. Ungeachtet aller Für- und Wider-Argumente für dieses oder jenes finde ich, dass jeder Kunde ungefragt das Recht auf klipp und klare vollständige Produkt-Dokumentation hat. Von mir aus soll bitte jeder Anbieter verkaufen, was immer er für richtig hält, wo immer er seine Kundschaft findet, ob nun „hochveredelt“ oder bio, ob nun „fast“ oder „slow“. Aber ich will wissen, ob ich vorgeformte und/oder tiefgekühlte Teiglinge aus Polen oder China aufgebacken kriege und was genau (ganz genau) drin ist. Und ich will nicht erst eine ahnungslose Verkäuferin fragen müssen und hören: „Na, Weizenmehl halt, Typenzahlen sind nicht aufgeführt. Wozu wollen Sie das denn wissen?“ – Und ich will nicht, dass eine Frau Aigner für mich entscheidet, was ich wissen muss! Und überhaupt finde ich, das es Zeit ist, die Mehrwertsteuersätze für Lebensmittel nur auf „Lebensmittel“ anzuwenden und Erzeugnisse, die als „eßbare Industrieprodukte“ anzusehen sind, mit den vollen 19 Prozent zu besteuern.

  17. Die Berichte im NDR haben gezeigt, dass die Mehrheit der Bäckereien inzwischen ganz bewusst und geradezu dreist ihre Konsumenten täuschen, indem sie zum Beispiel Brötchen als Vollkornbrötchen deklarieren, die gar keine sind. Da werden Brötchen dann dunkel gefärbt, damit sie vollkornhaltiger aussehen, obwohl in Wirklichkeit viel zu wenig volles Korn im Backwerk enthalten ist. Das ist skandalös. Genauso, wie es skandalös ist, wenn Bäckereien mit Worten wie Tradition und Handwerk werben und in Wirklichkeit industrialisierte und mit Zusatzstoffen versetzte Backmischungen oder gar von weit her importierte Fertigteiglinge verwenden.
    Ein Bäcker wie Günther Weber vom Lorettohof macht solchen Betrieben vor, dass es sowohl wirtschaftlich als auch handwerklich anders geht. 
    In dieser Diskussion geht es grundsätzlich ja darum, die Bäcker zu unterstützen, die fragwürdige Zusatzstoffe weglassen, sei deren Nutzen oder Schaden nun wissenschaftlich bewiesen oder nicht. Es gibt nur noch wenige Bäcker, die so wie Lutz auf natürliche Zutaten Wert legen und jetzt kommt es doch darauf an, diese Betriebe voll zu unterstützen. Wenn sich das öffentliche Bewusstsein weiter verändert, wird es auch möglich sein, entsprechende wissenschaftliche Untersuchungen und auch daraus resultierende Gesetze in die Wege zu leiten.
    Das ist vielleicht ein längerer Weg, aber ohne ihn zu gehen werden wir nie am gewünschten Ziel ankommen.
    Der rote Button zur Unterstützung der traditionellen, ohne fragwürdige Zusatzstoffe backenden Bäcker steht jedem Blogger übrigens immer noch offen, liebe Stefanie! 

  18. Erst mal Danke Lutz für deinen Artikel. 🙂

    Ich bin zwar allem Neuen gegenüber absolut aufgeschlossen, was aber die Nahrung betrifft, da vermeide ich Fertiggerichte und veredelte Produkte wo es geht und es meine Zeit mir ermöglicht.
    Leider sind Backwaren heute fast ausnahmslos „veredelte“ Fertigprodukte. Und Brot gehört mittlerweile auch, oder gerade den wegen den Zusatzstoffen, dazu.

    Ciao Werner

  19. Kannst du bei den Enzymen bitte präziser werden, was die fehlende Inaktivierung durch Hitze (=Denaturierung) geht? Und um welche Enzyme handelt es sich genau? Mir reicht auch eine seriöse Quelle, nachlesen kann ich dann selbst.
    Ich gebe dir zwar grundsätzlich recht, was Zusatzstoffe im Brot (und nicht nur da) angeht – die sind nicht notwendig und sollten voll deklariert werden. Ich mag es allerdings auch nicht, wenn Behauptungen ohne präzise Angaben gemacht werden. Das hat dann etwas von „der Freund meiner Schwester hat gehört…“ Von daher: Butter bei die Fische!
    Und ich finde, man muss bei der Argumentation zwei Dinge strikt trennen: Die Notwendigkeit und Deklaration von (gentechnisch) hergestellten Zusatzstoffen auf der einen und die mutmaßlichen gesundheitlichen Folgen auf der anderen Seite. Denn nur weil etwas chemisch aufgereinigt oder gentechnisch hergestellt ist, ist es nicht prinzipiell gesundheitsschädlich. Ein Gegenbeispiel wäre da Insulin, auf das wollen wir auch nicht mehr verzichten, oder? Und das wird seit etlichen Jahren gentechnisch hergestellt, und zwar in Hefe (genau, der Bäckerhefe) oder auch in E.coli (also Bakterien). Und etliche andere Medikamente auch. Und diese werden sogar ganz bewusst in ihrer aktiven Form verabreicht! Nur das ist wenigen Menschen bewusst. Das Problem bei dieser Art der Diskussion ist, dass bei dem Wort Gentechnik direkt schwarz-weiß gemalt wird, aber die Grautöne gerne übersehen werden.
    Und zu Aussagen zu Zivilisationskrankheiten wäre ich insgesamt auch vorsichtig, diese Debatten sind ebenfalls seeehr weltanschaulich geprägt und die Datenlage ist insgesamt unklar und kaum belegt. Gegenthese: wer sagt uns, dass das gehäufte Auftreten solcher Krankheiten nicht an der verbesserten Hygiene und Medizin liegt? Wenn man sich die Kindersterblichkeitsraten im Mittelalter (über 50%) anschaut, ist es kein Wunder, dass diese Probleme unbekannt waren. Da sind so viele Kinder im Kleinkindalter gestorben, dass nur die mit robuster Gesundheit überlebt haben!
    So der Kommentar ist jetzt länger geworden als erwartet, aber bei pseudowissenschaftlichen Aussagen muss ich meinen Senf dazugeben! Und für alle, die sich jetzt aufregen, hier nochmal zur Erinnerung: Ich bin für eine Volldeklaration und gegen Zusatzstoffe im Essen, da sie unnötig sind. Aber ich bin auch für eine wissenschaftlich fundierte Betrachtungsweise!
    So, und jetzt noch etwas zum Nachdenken und Lachen: http://de.wikipedia.org/wiki/DHMO

    • Hallo Steffi, ich kann als Naturwissenschaftler und angehender Mediziner deine Argumentation nur bestätigen und finde das auch sehr wichtig, was du geschrieben hast.
      Das einzige was ich dazu anmerken wollte, ist, dass deine Kritik sehr hart klingt 🙂
      Du wirfst Lutz vor, dass er Aussagen aufrgund von irgendwelchen Halbwahrheiten über die gesundheitlichen Auswirkung von gentechnischen/chemisch hergestellten Stoffen trifft. Möglicherweise steckt in der Aussage, dass er Zweifel an der Unbedenklichkeit von gentechnisch veränderten Enzymen hat, ein wenig auch das Schwarz-Weiß-Denken über Gentechnik drin, aber er spricht nur von einem Zweifel und stellt das ganze nicht als bewiesen dar. Bei der weiteren Betrachtung des Einfluss auf die Gesundheit spricht er nur noch allgemein von Zusatzstoffen in Lebensmitteln. Außerdem formuliert er seine These als Fragen und nicht als Fakt. Ich finde, deine Kritik an Lutz ist etwas zu hart ausgefallen 😉
      Nichtsdestotrotz finde ich deinen Beitrag gut und wichtig. Ich bin auch immer dafür, dass man versucht wissenschaftlich korrekt zu bleiben, so lange es für alle verständlich bleibt 🙂

      • Jetzt ist aber gut! Lutz macht keine einzige (pseudo-) wissenschaftliche Aussage.
        Er möchte, dass alles, was ins Brot reinkommt, auch deklariert wird. Ganz einfach. Und er hat recht!
        Er lehnt Enzyme und andere Stoffe, die nicht auf natürlichem Weg (siehe Malz) entstehen, als Brotzusatzstoff ab. Wieder ganz einfach. Und wieder hat er recht!
        Er schreibt, die Wirkung dieser Zusatzstoffe im Brot auch und vor allem in Kombination mit anderen Stoffen in diversen Lebensmitteln ist gar nicht oder kaum erforscht. Stimmt auch!
        Und er befürchtet, dass es da einen Zusammenhang mit verschiedensten Zivilisationkrankheiten geben könnte. Da ist er nun wirklich nicht der einzige.
        Dass das Zumüllen von Lebensmitteln mit allem möglichen Scheiß in der Regel nur dem höheren Profit geschuldet ist, sehe ich auch als Tatsache.
        Wenn Stefanie, um ihren seltsam anmutenden Kommentar zu untermauern Insulin ins Spiel bringt, wird es absurd. Die Tatsache, dass Insulin gentechnisch in Hefe hergestellt wird soll recht fertigen, dass man gentechnisch veränderte Produkte ins Brot reinknallt? Kann ja nicht so schlimm sein. Versteh ich da irgendwas nicht?
        Und was bitte meint Holger, wenn er schreibt, er sei dafür „wissenschaftlich“ korrekt zu bleiben“?
        Lutz backt Brot. Und zwar hervorragend. Er teilt sein erworbenes Wissen mit anderen. Das ist großartig.
        Er hat eine klare, unmissverständliche Haltung zum Thema Brot. Für die tritt er ein. Dazu muss er weder wissenschaftliche Experisen zitieren noch sich indirekt vorwerfen lassen, er sei „wissenschaftlich unkorrekt“.
        Im übrigen ist „Schwarz-Weiß-Denken über Gentechnik“ durchaus eine vertretbare Art der Auseinandersetzung mit diesem Thema. Man darf auch einfach mal dagegen sein.
        Liebe Grüße
        Thomas

    • Liebe Steffi,

      ich kann deine Kritik verstehen und unterstütze deinen Ansatz, Behauptungen auch mit verlässlichen Quellen zu belegen. Ich bin selbst Naturwissenschaftler und habe einen Hang zur Exaktheit.
      Gerade deswegen habe ich aber meinen kurzen Abriss zu Zusatzstoffen im Brot nicht wissenschaftlich, sondern „ernährungsphilosophisch“ gehalten. Ich wollte meine Haltung zum Thema darlegen. Und meine Haltung ist, dass in ein gutes Brot nichts hineingehört als Rohstoffe, die direkt und ohne weitergehende Verarbeitung (außer der physikalischen/mechanisch-thermischen) hergestellt werden können.
      Diese Haltung steht völlig leer im Raum, muss nicht wissenschaftlich belegt oder widerlegt werden. Es ist meine Herangehensweise an das Brotbacken.

      Alles, was mich um meine Haltung herum beschäftigt, nämlich der Einfluss der Zusatzstoffe, auch der Enzyme, der Gentechnik im Allgemeinen etc. auf unsere Gesundheit, habe ich bewusst als Frage oder als meinen Eindruck formuliert, weil ich mir nicht anmaßen kann, Studien darüber gelesen und mich intensiv damit beschäftigt zu haben. Einerseits fehlt mir die Zeit, andererseits habe ich den Eindruck, dass Vieles eben noch so ungeklärt ist, dass man gar keine profunden und gesicherten Aussagen ableiten kann. Und solange ich mich der Thematik nicht wissenschaftlich korrekt widmen kann, kann ich auch nicht ausschließen, dass all die Zusatzstoffe etc. keinen Einfluss auf die Gesundheit haben. Und gerade deshalb, weil ich mir momentan kein bestätigtes Bild machen kann, bin ich der Auffassung, sollte ich sie weitgehend vermeiden.

      Der andere Punkt ist (meiner Meinung nach), dass wir Zusatzstoffe nicht brauchen. Es muss nicht alles immer perfekter, immer zeiteffektiver sein.

      Ich verteufele um Himmels Willen auch nicht die „Chemie“, die uns ja alle umgibt. Die Fachdisziplin Chemie war jahrelang mein Hobby, ich habe an der Uni Chemievorlesungen besucht als ich noch keine 16 Jahre alt war. Ich will damit nur deutlich machen, dass ich versuche, das Thema sehr sachlich zu betrachten und keine Aversion gegen die „böse“ Chemieindustrie habe.

      Um es kurz zu machen: Ich gehe für mich den Weg des geringsten Risikos. Risiko deshalb, weil ich aus Zeitgründen und dem Eindruck heraus, dass all die Zusammenhänge nicht sicher geklärt sind, nicht ausschließen kann, dass bestimmte Zusatzstoffe im Brot und allgemein ein Faktor für das Auslösen von Krankheiten sind.

      • Hallo Lutz,
        Mein Problem dabei ist dieser Satz von dir: „Vielleicht finden sich auch durch diesen, meinen, Diskussionsbeitrag ein paar neue Erkenntnisse oder Argumente.“
        Aber für Erkenntnisse und für belastbare Argumente braucht es nun mal Fakten und keine Bauchschmerzen. Und dafür ist dieser Artikel nicht geeignet. Und du bist in diesem Kommentar übrigens viel präziser über das, was du weißt, als im Artikel. Damit kann ich dann gut leben. (Und du hast das mit den nicht denaturierten Enzymen im Text gelöscht, habe ich gemerkt 😉 )
        @Holger: Ich weiß, dass auch Lutz eine naturwissenschaftliche Ausbildung hat, und bei so jemanden habe eine gewisse Erwartungshaltung. Und als promovierter Biologin traue ich nur harten Fakten. Ich hinterfrage übrigens auch gerne Studien. Eine Kontrollgruppen von 3 Probanden? Oder keine Kontrollgruppe? Damit bin ich nicht zu überzeugen! Leider schlagen schlecht gemachte Studien viel zu selten Wellen.
        Ansonsten habe ich bewusst provozierend formuliert, da ich zum Nachdenken anregen wollte. Denn ansonsten sitzen viele nur vor ihrem Rechner, nicken brav mit dem Kopf und nehmen mit, dass Enzyme böse sind, ohne wirklich darüber nachzudenken.
        @Thomas: Ich spreche Lutz nicht ab, dass er Brot backen kann. Dass bestimmt nicht. Aber ansonsten habe ich auch meine Meinung und scheue mich nicht, ihm zu widersprechen! Und falls man dazu Brot backen kann: Das kann ich auch;-)

        • Hallo Stefanie,
          der Satz, der dir Probleme bereitet, sollte etwas anderes ausdrücken: Er gibt meine Hoffnung wieder, dass mein Text zu einer Diskussion anregt, die MIR neue Erkenntnisse oder Argumente liefert. Eben weil ich kaum Zeit habe, mich mit den harten Fakten und Originalquellen zu befassen, wollte ich durch diesen Satz meine Hoffnung zum Ausdruck bringen, dass mir vielleicht einige harte Fakten („Argumente“/“Erkenntnisse“) in die Hände gelegt werden. Du hast ja einen kleinen Anfang gemacht. So habe ich mir das gewünscht. Der Satz ist missverständlich, da gebe ich dir Recht. Ich wollte mir nicht anmaßen, dass durch meinen Text, der ja nur meine Einstellung wiedergibt, neue Argumente oder Erkenntnisse entstehen.

          Ganz wichtig: Ich habe NICHTS gelöscht. Weder im Text noch in Kommentaren. Da musst du dich irren. Ich selbst habe gar nichts von denaturierten Enzymen geschrieben.

          Ebenso wichtig: Ich habe nie behauptet, dass Enzyme „böse“ sind.

          • Sorry, den Satz, den ich meinte, steht weiter als ich mich dachte unten. War gerade noch nicht ganz wach beim Lesen.
            Ich finde deinen Post halt in einigen Punkten missverständlich – wie du an meinem Nachhaken auch merkst. Ich gehe halt anders an solche Themen ran als du und beginne ungerne Diskussionen, ohne die Fakten zu kennen.
            Ansonsten habe ich meinen Teil dazu gesagt, meine Zweifel sind geäußert, ich klinke mich damit aus der Diskussion aus.

          • Ich versteh die Diskussion nicht. Es geht doch um etwas ganz Banales.
            Um die Haltung, dass in das, was wir essen, keine unnötigen und unter Umständen genveränderte Zusatzstoffe hineingehören, deren langfristige (Zusammen-)Wirkung zudem nicht ausreichend erforscht ist. Diese Haltung kann man auch haben, ohne über eine wissenschaftliche Ausbildung zu verfügen. Auch und gerade als jemand, der ein so wichtiges Lebensmittel wie Brot herstellt.
            Und wo sollte man „Bauchschmerzen“ äußern können, wenn nicht hier.
            Klar kann und muss man Studien mit Vorsicht genießen. Hat aber auch nichts mit dem zu tun, was Lutz schreibt.
            Noch mal (und das meinte ich mit meinem Hinweis, dass Lutz Brot bäckt): Hier geht es weder um wissenschaftliche Studien noch um die Frage, ob wir die Gentechnik brauchen. Es geht „nur“ darum, was in ein Brot hineingehört oder nicht. Wenn ich Stefanie richtig verstanden habe, ist sie in diesem entscheidenden Punkt mit Lutz einer Meinung.
            Was soll dieser „Nebenkriegsschauplatz“???

            • Genauso hab ich den Beitrag von Lutz auch verstanden. 
              Sonst dürfte keiner von uns ohne wissenschaftliche Vorkenntnisse und Nachforschungen seine persönliche subjektive Meinung kundtun – also dann wäre das Leben und die Kommunikation unter Freunden und mit Freunden nicht auszuhalten.
              Dies ist auch nur meiner Meinung ohne wissenschaftliche Studien.
              lg SAM

              • Also meine Oma hat immer getreu dem Motto „Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht“ gelebt. Damit ist doch eigentlich schon alles gesagt.

                • Woohu, eine Diskussion über Wissenschaft auf meinem Lieblingsbackblog. Coole Sache. Also ich hab zwar auch die Stirn gerunzelt bei dem Satz über die Enzyme die beim backen nicht kaputt gehen, aber grundsätzlich finde ich den Ansatz erstmal nichts zu glauben, wenn die Leute einem erzählen, dass etwas ungefährlich/inaktiv/etc ist, doch ausgesprochen wissenschaftlich. Im Gegensatz dazu ist der Schrei nach ‚Fakten‘ doch etwas hilflos. Schliesslich sind Fakten ja auch nur so lange Fakten, bis das Gegenteil bewiesen ist. Das heisst natürlich nicht, dass Stimmungsmache mit jedem Humbug (wie nicht selten in der GMO oder Klimawandel Debatte) gut ist oder unwiedersprochen bleiben darf. Aber das im betrffenden Beitrag von Lutz ja auch nicht geschehen.

        • Hallo Stefanie,
          auch ich habe ein wissenschaftliches Studium hinter mir, habe promoviert und mal gedacht, man könne alles messen, berechnen und ergründen. Irgendwann einmal verstehen, was die Welt in ihrem Innersten zusammenhält.
          Nun, 11 Jahre nach dem Studienabschluß und nach 6 1/2 Jahren hausärztlicher Tätigkeit habe ich erkennen müssen, daß uns das nie gelingen wird. Das Ganze ist nämlich immer wesentlich mehr als die Summe seiner Teile.
          Deshalb kann man mir auch noch so statistisch signifikant und meinetwegen auch doppelblind vorrechnen, daß ein Backzusatzmittel sich nach unserem aktuellen „wissenschaftlichen“ Verständnis im Organismus inert verhält. Ob es aber wirklich so ist, ist zu bezweifeln.
          Insofern kann ich Lutz nur beipflichten wenn er schreibt, daß man von solchen Dingen lieber die Finger läßt.

      • Kümmere Dich doch um Deinen Beruf und lass die Bäcker und Buchautoren doch in ruhe und Dein Seelenleben wird wieder gut.

  20. Ich weiß schon wieso ich mein Brot und Brötchen selber backe. Ich sah einmal ein Film woher unser Brot kommt und  was unseren Broten alles zugesetzt wird – von da ab wusste ich – die Zeit dass ich zum Bäcker laufe oder noch schlimmer im Supermarkt ins Brotregal greife ist vorbei. Ich war letztens mal in einer Backfactory und mich beschlich das Gefühl dass die Brote die in den Regalen lagen tot sind. 
    Danke für deinen Beitrag.

  21. Lutz Daumen hoch für diesen Breitrag 🙂 und ich kann mich Susanne & Sam nur anschließen – Du und sie sprechen mir aus der Seele. Herzlichst Nadja

  22. Ja, Du hast recht. Brot braucht wenige Zutaten, dafür aber Zeit. Natürlich ist unklar, was die Zusatzstoff-Kombination auf Dauer beim Verbraucher anrichtet. Aber auch die Bäcker leiden unter den Chemie-Cocktails. Ich kenne mehr als einen Bäckermeister, der aufgrund der massenhaft verwendeten Enzyme Allergien und Asthma entwickelte und letztendlich arbeitsunfähig wurde. Es ist eigentlich traurig….uns geht es doch gut. Aber alles muss schnell gehen und billig sein.

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  1. […] Weni­ger ist mehr: Was gehört ins Brot? Und vielm wich­ti­ger: Was nicht? Brot-Experte Lutz vom Plötz­blog macht sich Gedan­ken über Zusatz­stoffe, Back­mi­schun­gen und Ver­brau­cher­täu­schung. Ein Plä­do­yer für Zeit und Wis­sen — statt Zusatz­stof­fen. Plötz­blog […]

  2. […] eigentlich gar nicht erst zu erwähnen. Wer noch mehr ins Detail gehen möchte, kann sich gerne den Blogbeitrag vom Plötzblog durchlesen. Da steckt so einiges an Info […]

  3. […] die wunderbaren Bücher von Lutz Geissler erstehen. Er schreibt den deutschen Brot-Blog – mit solchen (lesen!) […]

  4. […] gut. Übrigens: Wer mehr über die vielen zugelassenen Zusatzstoffe im Brot wissen möchte, findet hier einen guten Artikel […]

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