Plötz in Wien

Brotbackkurse und Bäckerbesuche

Verschiedene fertig gebackene Brote liegen zum Auskühlen auf Gitterrosten.

Verschiedene fertig gebackene Brote liegen zum Auskühlen auf Gitterrosten.

© Lutz Geißler, www.brotbacken.de (cc-by-nc-nd)
Gutes Brot in Wien – zwei Backkurswochenenden mit Gebäcken aus 200 kg Mehl.

Bauchschmerzen hatte ich einige Tage vor meiner Abreise nach Wien. Habe ich an alles gedacht? Wird der Stauraum im Auto ausreichen, um für das Mehl, immerhin 200 kg, neben den vielen Knetmaschinen und Zubehörteilen noch Platz zu haben?

Der logistische und organisatorische Aufwand für unsere (Schelli und ich) beiden Backkurswochenenden in Wien war enorm, weit weg von dem, was wir für die Kurse in Berlin auf die Beine stellen. Und dennoch: Am Ende war alles gut. Nichts vergessen, außer eine Packung Salz und etwas Roggenmehl 1370.

Eine bildreiche Zusammenfassung des Grundlagenkurses in der Miele-Galerie Wien vom 5.-6. September hat Ursl veröffentlicht. Nach diesem ersten Kurswochenende blieb ich in Wien, um einige Bäcker zu treffen. Alexandra Palla hat mich dabei rührend unterstützt.


Getroffen habe ich Helmut Gragger, der mit seinen selbst gebauten Holzbacköfen sehr gutes Brot bäckt. Seine Philosophie, dass dort wo verkauft wird auch gebacken wird, gefällt mir. In der Spiegelgasse betreibt er eine sehr kleine Bäckerei und ist nebenbei auch häufig in Berlin bei Wiener Brot anzutreffen. Gragger engagiert sich in der Lehrlingsausbildung (insbesondere für sozial benachteiligte Jugendliche) und entwickelt Bäckereiprojekte in Entwicklungsländern. Ein Mann mit vielen Ideen und viel Enthusiasmus.

Helmut Gragger und Lutz Geißler stehen vor einem Holzbackofen.

Helmut Gragger und Lutz Geißler stehen vor einem Holzbackofen.

© Alexandra Palla
Helmut und ich am Holzbackofen in der Spiegelgasse. (Foto: Alexandra Palla)
Joseph Weghaupt und Lutz Geißler stehen vor Weghaupts Bistro.

Joseph Weghaupt und Lutz Geißler stehen vor Weghaupts Bistro.

© Alexandra Palla
Joseph und ich vor seinem Bistro in der Landstraßer Hauptstraße. (Foto: Alexandra Palla)

Gleich im Anschluss ging es zu Joseph Weghaupt, dessen Bäckerei Joseph in den letzten Jahren durch die Medien ging und viele Gerüchte und Vorurteile mit sich zieht. Mir gefällt das Konzept von Joseph, schlicht, einfach, elegant. Dass er Masse produziert, ist kein Problem, solange es gutes, naturbelassenes Brot ist. Und das ist es, nach Weghaupts Aussage sogar reine Handarbeit. Jeder Laib wird von Hand geformt. Ich habe mich durch die Brotsorten durchgetestet und keines ist durchgefallen (außer vielleicht das neu im Sortiment angekommene Kartoffelbrot). Oft werden Josephs Preise gerügt. Das aber relativiert sich, wenn man den Aufwand kennengelernt hat, den Joseph für sein Brot betreibt. Weghaupt ist ein charismatischer Typ, der kein Blatt vor den Mund nimmt. Er lebt für sein Ideal einer guten Bäckerei. Das imponiert.

Auf einem Bistrotisch stehen zwei Brotkörbe mit mehreren Scheiben von verschiedenen Brotsorten.

Auf einem Bistrotisch stehen zwei Brotkörbe mit mehreren Scheiben von verschiedenen Brotsorten.

© Alexandra Palla
Einmal durch Josephs Brotsortiment essen. (Foto: Alexandra Palla)

Zu guter Letzt kam dann noch Bäcker Kasses zu mir nach Wien. Zwei Stunden Autofahrt hat er auf sich genommen, um sich mit mir im Schwarzen Kamel zum Gespräch zu treffen. Kasses ist der Sauerteig-Papst Österreichs. Er pflegt offenbar um die 20 verschiedene Sauerteige, füttert sie mehrmals täglich (sonntags einmal weniger, weil Familientag ist) und spielt mit den Sauerteigen wie andere mit Schachfiguren. Spannender Mann mit noch spannenderen Gebäcken. Seine Brote konnte ich mir bei Julius Meinl ansehen. Mitgenommen habe ich sein „Ciabatta Rotonda“. Ein Traum von einem Brot.


Zwischen all den Bäckerbesuchen warteten noch zwei weitere Termine auf mich: Ein Abendessen mit Rita Kichler und Helmut Reiner, die das sehr gute Buch „Schwarzbrot und Roggen“ geschrieben haben. Wer in Wien gut und klassisch essen gehen möchte, sollte das Palmenhaus ausprobieren, unweit des Hotel Sacher. Gutes Wiener Schnitzel. Unser Gespräch drehte sich vor allem um Roggen, um Zusatzstoffe in Broten (wenn man schonmal einen Experten am Tisch hat…) und um die Arbeit als Buchautor.

Letzter Termin der Woche: Essen mit Miriam Strobach und Gregor Einetter von Le Foodink, die nicht nur mein Brotbackbuch gestaltet haben, sondern auch den Plötzblog. Ganz nebenbei haben sie mir mit ihrem hochwertigen Fleischversand Porcella eine neue Genusswelt eröffnet.

An einem mit Baguettes bereits gut gefülltem Tisch entwickelt Schelli ein Rezept zum Experimentieren für den Baguette-Kurs.

An einem mit Baguettes bereits gut gefülltem Tisch entwickelt Schelli ein Rezept zum Experimentieren für den Baguette-Kurs. 

© Lutz Geißler, www.brotbacken.de (cc-by-nc-nd)
Der Baguette-Kurs ruft – Schelli schreibt noch schnell ein neues Rezept zum Experimentieren auf.

Schon drei Tage vor dem zweiten Kurswochenende ging es zurück in die Miele-Galerie, um erste Teige vorzubereiten. Ab Freitag begann dann unser Baguette-Kurs, mit wissensdurstigen Teilnehmern und umso neugierigeren Miele-Kunden, die nicht nur einmal durch die Glasscheiben über die Backergebnisse in der Schauküche staunten.

Das Sauerteigbaguette im Anschnitt zeigt die grobporige, elastische Krume.

Das Sauerteigbaguette im Anschnitt zeigt die grobporige, elastische Krume.

© Lutz Geißler, www.brotbacken.de (cc-by-nc-nd)
Sauerteigbaguette mit wundervoller Porung.
Eine Auswahl an unterschiedlichsten Broten, die im Baguette-Kurs gebacken wurden.

Eine Auswahl an unterschiedlichsten Broten, die im Baguette-Kurs gebacken wurden.

© Lutz Geißler, www.brotbacken.de (cc-by-nc-nd)
Im Baguettekurs wird nicht nur Baguette gebacken …

Direkt nach dem Kurs am Sonntag ging es wieder nach Hause. 8 Stunden Fahrt nach einem 12-Stunden-Kurstag sind nicht einfach, aber der nächste Termin rief bereits: Berlin. Mehr dazu am kommenden Mittwoch.