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11. März 2015 · 21 KommentareBrotbackbuch Nr. 2 – Das Backtagebuch – Tag zwei
Bis kurz nach dem Erscheinen von „Brotbackbuch Nr. 2“ Anfang April 2015 werden Björn und ich immer mittwochs wechselseitig Einblicke in die Entstehung des Buches gewähren. Im vergangenen Sommer haben wir beide eine Woche lang mehr als 100 Rezepte gebacken und fotografiert. Nicht nur, dass all das extrem körperlich anstrengend war, Björn hat darüber auch humorvoll Tagebuch geführt. Ich habe mir erlaubt, ergänzend in seine Worte einzugreifen und präsentiere euch nun Tag 2 des Backmarathons. Wer mehr Infos zum neuen Buch sucht oder es gleich bei mir vorbestellen möchte, folge diesem Link. Der nächste Beitrag in genau einer Woche bei Björn und am 25.3. wieder hier im Plötzblog.
28. Juli 2014

Sonnenaufgang über dem Westerzgebirge bei Neudorf
Die Nacht ist kurz, bereits bei Sonnenaufgang klingelt der Wecker und ruft in die Backstube. Der unermüdliche Lutz ist natürlich schon längst bei der Arbeit, die ersten Brote sind schon etwas früher in den Ofen gewandert.

Lutz mit Geologenwitz am Teig
Warum? Wegen der ersten Katastrophe des heutigen Tages. Die Übernachtbrote haben sich frecher Weise einfach nicht an das Rezept gehalten und waren schon mitten in der Nacht reif. Um 4 Uhr morgens ist es schon zu spät, hatten sie Vollgare oder schlimmer. Im Ergebnis sind sie zwar lecker, aber nicht schön genug für das Buch. Ursache: Der Kühlschrank wurde den Temperaturschwankungen durch häufiges Öffnen und dem Hereinstellen mehrere Teiglinge nicht Herr und war zu warm.
Also kommen alle vier Übernachtrezepte nochmals dran, das macht den heutigen Backtag nicht entspannter. Es ist aber nicht die letzte Pleite. Denn unsere Teige haben heute einfach keine Lust, sich ans Rezept zu halten und Dinge, die in der Experimentalphase zuhause wunderbar klappten, gehen heute schief. Die freigeschobenen Weizenbrote mit zu fester Krume, die Vollkornbrote mit unzureichendem oder übertriebenem Ofentrieb.

Ofen-Armada in Lutz‘ Backstube
Ein wenig hat Björn das Wetter in Verdacht, das heute zwischen schwüler Wärme und gewittrigen Phasen wechselte. Außerdem zeigt sich jetzt, dass es etwas völlig anderes ist, sich daheim mit Liebe einem einzelnen Brot zu widmen, ihm jegliche Aufmerksamkeit angedeihen zu lassen, es zu hegen und zu pflegen, bevor es auf den Punkt genau dem heißen Backofen überantwortet wird, als in einer Backstube mit gefühlten 40°C unter Zeitdruck mindestens 20 verschiedene Brotrezepte in die Tat umzusetzen.
Das erhöht Björns Respekt vor Bäckern, die das jede Nacht machen, ungemein.
Zu guter Letzt schaffen wir es auch noch, unseren Foto-Arbeitsplatz umkippen zu lassen mit destruktiven Folgen.

Fotolichtzelt durch umfallenden Theumaer Fruchtschiefer zerstört, der im Buch als Fotohintergrund diente
Wenigstens einige gute Ergebnisse können wir am Abend vorweisen, sodass der Gang ins Bett nicht allzu unzufrieden stattfindet. In Zahlen ausgedrückt: ganze 6 von 20 gebackenen Broten waren gut genug für das Backbuch. An diesem Montagabend wackelt das ganze Konzept einer konzentrierten Backwoche von 5-6 Tagen.
Die Lichtblicke des Tages: Lutz nette Familie, seine süßen Kinder und ein kleines Kätzchen, das uns immer wieder bei der Arbeit zugesehen hat. Und die leckeren Baguettes, die wir zum Frühstück verspeist haben.

Baguettes mit Käse aus einer lokalen erzgebirgischen Käserei
(Text & Fotos: Björn Hollensteiner)
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Aktualisiert am 26. Februar 2015 |
Bob
21. März 2015 um 13:58
Danke für diese Einsicht.
Du schreibst: „Die Übernachtbrote haben sich frecher Weise einfach nicht an das Rezept gehalten und waren schon mitten in der Nacht reif. Um 4 Uhr morgens ist es schon zu spät, hatten sie Vollgare oder schlimmer.“
Wie erkenne ich, ob ein Übernachtbrot ‚reif‘ ist bzw. Vollgare hat?
Lutz
25. März 2015 um 13:36
Überreif ist es, wenn es eingefallen ist. Die anderen Garzustände zu erkennen, braucht Erfahrung, vor allem aber eine gute Beobachtungsgabe, die mit Hilfe von Volumenzuwachs und Widerstand gegen Druck auf die Teiglingsoberfläche (Fingertest) den richtigen Garzustand feststellen lässt. Wirkt der Teigling schon fragil, ist durch das Gas schon deutlich weicher geworden und hat sich der Teigling um mindestens die Hälfte vergrößert (je nach Teigart), dann geht es Richtung Vollgare. Vollgarige Brote gehen beim Backen kaum mehr auf.
Dirk
21. März 2015 um 10:47
Hallo Lutz,
sehr interessant, etwas über die Entstehungsgeschichte des 2. Brotbackbuches zu lesen.
Mir gefällt auch gut, dass man mal Bilder von Deiner Backstube sieht.
Zu den Backsteinen auf dem „Ofenbild“ habe ich eine Frage. Ist die dort gezeigte Mittelstellung im Backfach die normale Backhöhe oder verstellst Du diese je nach Bedarf? Ich habe bei meinem Bosch-Herd immer Probleme mit zu brauner oberer Kruste (ich denke mal zuviel Oberhitze) und habe daher den Backstein fast nach unten verbannt, aber so richtig will sich das Problem nicht lösen lassen. Meistens decke ich nach 10 min die Oberseite der Brote mit Alufolie ab, dann geht es einigermaßen.
Gruß
Dirk
Lutz
25. März 2015 um 13:32
Nein, die Mittelstellung war für irgendein anderes Brot, nicht aus dem Buch. Normalerweise habe ich den Backstein auf der untersten oder vorletzten Schiene, auf jeden Fall im unteren Drittel des Ofens, damit die Oberhitze nicht zu stark ist.
Julia
13. März 2015 um 16:14
Lieber Lutz, lieber Björn,
vielen lieben Dank für die tolle Idee zum Tagebuch. Das ist ein sehr willkommener Einblick in den Wahnsinn des Brotbackens 🙂 Hut ab vor der vielen Arbeit, die ihr ins neue Buch gesteckt habe. Ich kann das Erscheinungsdatum kaum noch abwarten, aber zur Verkürzung gibt es ja nun die Tagebucheinträge.
Liebe Grüße aus dem grauen Hamburg, Julia
Karin Anderson
12. März 2015 um 20:52
Sehr nett beschrieben – wenigstens habt ihr noch eure heile Haut und euch nicht (wie ich gelegentlich, wenn ich mal eben schnell in den Ofen gucken will) die Arme verbrannt oder eine schwere Schüssel auf euren Zehen landen lassen 🙂
Happy Baking!
Björn Hollensteiner
13. März 2015 um 21:35
Also wenn ich mich recht erinnere müßten an Lutz Unterarmen noch mindestens 2 Brandnarben von der Backwoche sichtbar sein, bei mir zum Glück nur eine 😉
Lutz
18. März 2015 um 08:05
So ist es. Ein ewiges Andenken an Brotbackbuch Nr. 2…
Rosalie
12. März 2015 um 17:37
Das finde ich jetzt ungemein beruhigend und sehr sympathisch … Ihr seid also auch blos Menschen 😉 Ich freu mich schon aufs zweite Buch! Lieben Abendgruss. Rosa
Nicole
11. März 2015 um 21:50
Bin schon sehr gespannt auf Euer neues Buch und freue mich sehr darauf.
Habe zwar die Bestellbestätigung bekommen aber leider keine Rechnung dazu….
Viele Grüße aus Speyer
Nicole
Miicha
11. März 2015 um 21:40
wenn ich es nicht schon bestellt hätte, spätestens jetzt wäre um mich geschehen…
Danke für die unterhaltsame Verkürzung der Wartezeit.
Micha.
Irene
11. März 2015 um 17:26
Genau so, wie der Luftdruck eine Rolle spielt, bin ich überzeugt, dass auch unterschiedliches Wetter das tut.
Ob allerdings der Mond da auch noch mit reinspielt, da streiten sich die Gemüter.
Danke für diesen herrlichen Bericht Nr. 2!
Micha
11. März 2015 um 13:05
Meiner Erfahrung nach mögen Teiglinge schwüles Wetter tatsächlich nicht… aber am Schluß ist das auch nur esotherisches Gemünkel 😉
… ähm, und witziger Untertitel zu Lutz’T-Shirt
Björn Hollensteiner
11. März 2015 um 16:45
Hallo Micha,
esoterisches Gemünkel? 😀
Teiglinge sind doch im Prinzip belebte Wesen und keine tote Materie.. Hitze um 35° und hohe Luftfeuchtigkeit mögen sie sogar sehr. So sehr, daß sie dem Backplan davonlaufen 😉
Markus Pirchner
16. März 2015 um 10:57
Ich denke auch, dass das mit Esoterik nichts zu tun hat, da Temperatur und Luftfeuchtigkeit chemische Prozesse beeinflussen. Da müsste die Backstube schon hermetisch abgeschottet sein und über eine permanente Kontrolle und Regelung der Umgebungsbedingungen verfügen. Aber wer hat das schon 😉
Günther Weber
18. März 2015 um 14:45
Ich weiß schon, was Micha meinte: Über die Temperatur hinaus hat man an manchen Backtagen das Gefühl, dass Schwüle und Gewitterstimmung, die ja auch viele Menschen in eine schwierige, instabile, jedenfalls besondere Verfassung bringen, dass dies auch die aufgehenden Teige launisch und unberechenbar macht, was sich zum Beispiel durch gekühltes Schüttwasser nur teilweise auffangen lässt. Und das hat schon eine fast esoterische Dimension, die übers Messbare hinauszugehen scheint ….
Günther
Suse
11. März 2015 um 11:28
Klasse, dass wir an der Entstehung des Brotbackbuchs Nr. 2 teilhaben dürfen. Ich freue mich schon auf den nächsten Beitrag und natürlich auf das Brotbackbuch. Vielen Dank und viele Grüße Suse aus OWL
Bäcker Süpke
11. März 2015 um 11:00
Zitat: „Das erhöht Björns Respekt vor Bäckern, die das jede Nacht machen, ungemein.“
Das freut mich! 🙂
Björn Hollensteiner
11. März 2015 um 16:46
Möchte in so mancher schwülen Sommernacht nicht mit Dir tauschen 😉
Stefan Greimel - Back ma´s
16. März 2015 um 18:14
Soll keine Schadenfreude sein, aber es freut mich, dass Ihr erkennt, welch ein Spagat von den Bäckern oft geleistet wird, um für den Verbraucher alle Backwaren, in höchster Qualität, täglich frisch auf den morgendlichen Frühstückstisch zu zaubern!
Du darfst mir glauben, dass da leider auch bei uns nicht immer alles rund läuft und verschiedenste Produkte nochmals begonnen werden müssen, um die erwartet Qualität auch zu erzielen!
Dies gehört zu unserm Handwerk halt mit dazu.
Habe die „Ähre“ – Back ma´s!
Björn Hollensteiner
18. März 2015 um 17:12
Das ist ja immer so, wenn die Gelegenheit besteht, tieferen Einblick in einen Beruf zu erhalten. Meinen Respekt hast Du, daß Du täglich beste Qualiät erzeugst.