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31. August 2015 · 5 Kommentare

Rezension: „Brot“ von Ulrike und Jutta Schneider

"Brot" von Ulrike und Jutta Schneider

„Brot“ von Ulrike und Jutta Schneider

Der Buchtitel in Langform „Brot – Frisch gebacken aus dem Ofen und vom Grill“ verheißt nichts Gutes. Denn immer wenn das Wörtchen „frisch“ mit „gebacken“ in einem Atemzug genannt wird, kann ich davon ausgehen, dass das so beworbene Brot nur schmeckt, weil und wenn es frisch gebacken ist. Das ist übrigens eine Grundregel, die auch in den meisten Bäckereien greift.

Und so haben beide Autorinnen ein buntes Sammelsurium an Broten und Kleingebäcken aus ihrem Hobbybäckeralltag zusammengetragen, die (bis auf wenige Ausnahmen) mit Gewürzen und schmackhaften Beigaben aufgepeppt und frisch vom Grill, aus der Feuertonne oder dem Holzbackofen genossen, wahrlich das Herz höherschlagen lassen. Hefehypochonder wie ich werden allerdings schon vorher die Nase rümpfen bei bis zu 6% Hefe im Teig.

Im dicht und klein gedruckten Grundlagenteil liest sich das noch anders. Da werden kleine Hefemengen propagiert, kalte Reife im Kühlschrank, Arbeit mit Vorteigen aller Art, und dann so etwas. Zu allem Überdruss schafft der Grundlagenteil eher Verwirrung als Klarheit über das Backen von Brot. Wahrheiten, Halbwahrheiten, Mythen und fachlich falsche Aussagen werden wie ein Flickenteppich bunt miteinander verwoben.

Ein paar Kostproben:
„Je länger ein Teig ruhen darf, desto weniger Hefezugabe braucht er. Lassen Sie ihn 4 Stunden bei Zimmertemperatur gehen, entsteht ein sogenannter Poolish (Vorteig).“ Ein Brotteig wird zum Vorteig, wenn ich ihn vier Stunden ruhen lasse. Das war mir neu.
Die Autolyse „[…] fördert die natürliche Hefegärung und erhöht den Milchsäureanteil […].“ Gerade das soll sie nicht.
„Der Grund, warum Hefeteig auch im Kühlschrank geht […], scheint in der zugfreien, gleichmäßig temperierten Umgebung zu liegen.]“ Beide Autorinnen sind teils promovierte Wissenschaftlerinnen, eine von ihnen gar Biologin. Aber das ist eine dem Zugluftmythos entsprungene These.

Den Verfasserinnen sind zwei Dinge anzuerkennen: 1. Sie haben sich die Mühe gemacht, in verschiedenen Büchern und Internetquellen Fachliches nachzulesen. Darunter auch die (Zitat) „wirklich pfiffige Methode“, mit Edelstahlschrauben Dampf zu erzeugen. Danke für die Blumen. 2. Sie haben Mut zu eigenen Fotografien.
Der Haken: 1. Das Fachliche wurde nicht verstanden und derart unverstanden auch noch in falschen Zusammenhängen wiedergegeben. 2. Die Fotografien zeigen das, was sie nicht verstanden haben.

Ich bemühe mich in meinen Rezensionen immer um Ausgewogenheit. Bei diesem Buch fällt es mir sichtlich schwer. Aber dennoch: Ein paar interessante Informationen zu verschiedenen Möglichkeiten, sein Brot auf anderen Hitzequellen als dem heimischen Ofen zu backen, bietet es. Auch das ein oder andere Rezept ist so gehalten, dass das Ergebnis durchaus auch etwas länger Freude machen kann als im lauwarmen Zustand.

Fazit: Verwirrend, nur bedingt appetitanregend und nicht zu empfehlen.

Brot
136 Seiten, 2015
Verlag: Thorbecke
ISBN: 978-3799505871
Preis: 19,99 €

Mein Dank gilt dem Thorbecke-Verlag, der mir das Buch freundlicherweise zur Besprechung zur Verfügung gestellt hat.

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Keine Kommentare

  1. Guten Morgen Lutz,
    ich finde die Kritik emotional etwas zu engagiert. Ich meine, die beiden Autorinnen haben Dir ja nichts persönlich angetan, oder? Ich glaube, ein nur sachlich durchscheinender Ton in der Sprache wäre angemessener.

    • Nein, die Autorinnen haben mir nichts getan. Sie sind auch engagiert bei der Sache, keine Frage. Aber es gibt in dem Buch einige Dinge, die mich wirklich aufregen, insbesondere dass munter Ideen anderer Brotbäcker aufgenommen und aus dem Zusammen gerissen falsch wieder gegeben werden. Da beide Frauen Wissenschaftlerinnen sind, wiegt das umso schwerer, finde ich.

  2. Ich find’S irgendwie sehr interessant, dass sich die Verlage das noch antun. Es ist doch mittlerweile absehbar, worauf du bei Buchrezensionen achtest und watscht dementsprechend ein ums andere Buch ab (zurecht, so vermute ich zumindest ;)).
    Als verantwortliche Person würde ich mir sehr genau überlegen, ob ich dir ein Rezensionsexemplar zukommen lasse. 
    Danke für deine ausführlichen Kritiken!

    • Naja, es ist ja nicht so, dass ich jedes Buch so scharf kritisiere. Es hängt auch nicht vom Verlag ab. Es geht um den Inhalt und da hat ein Verlag unter Umständen fachlich gute und weniger gute Bücher im Programm. Ob Rezensionsexemplar oder nicht, ich würde deutschsprachige Neuerscheinungen in jedem Fall kaufen und rezensieren. Das hängt nicht von der Gunst des Verlages ab.

      • Das ist klar und war auch nicht negativ gemeint.

        Ich mein‘ ja nur: die Chancen, mit einer „Eins“ bei dir durchzukommen sind relativ gering. Es ist ja aber schön, wenn die Verlage dir weiter die Sachen zukommen lassen! 🙂

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