BLOGBEITRAG
31. Dezember 2022 · 11 KommentareLohrer Neujahrsbrezel

Lohrer Neujahrsbrezel
Ein unglaublich butterreiches Gebäck, das mit einer für mich bislang normalen Neujahrsbrezel nichts gemein hat. Aber hätte ich die Wahl, würde ich lieber diese Brezel wählen. Der Geschmack und das Mundgefühl sind umwerfend! „Brezel“ ist eigentlich das falsche Wort für diesen eher an einen Ring erinnernden Plunderteig.
Das Rezept stammt aus einem Zeitungsbeitrag, den mir eine Almkursteilnehmerin mitbrachte (leider ohne Datum oder Zeitungstitel). Der Artikel stellte den in Mainfranken vor einigen Jahrzehnten aufgrund seiner Redegewandtheit sehr populären Weinwirt und Bäcker Josef Mehling aus Lohr vor, inklusive einer Anleitung für seine berühmte Neujahrsbrezel.
Das haben wir uns zum Anlass genommen, das Rezept zu rekonstruieren. Wie immer bei Plundergebäcken ist die kühle (16-18°C) Raum- bzw. Tischtemperatur wichtig für den Erfolg, damit die Butter nicht zu fest, aber auch nicht zu weich wird beim Ausrollen. Wer es wärmer hat, muss erstens schneller arbeiten und zweitens öfter Pausen für den Teig im Kühlschrank einplanen.
Der Teig sollte aufgrund der großen Menge und hohen Festigkeit entweder von Hand oder in einer Maschine geknetet werden, die mit entsprechenden Mengen und Konsistenzen klarkommt (z.B. Häussler Alpha).
Die Teiglinge, die gerade nicht in den Ofen passen, können einfach weitergehen oder kühl gelagert werden, bis der Ofen wieder frei ist.
Ich wünsche all meinen Leserinnen und Lesern einen guten Wechsel ins neue Jahr, viel Kraft und Mut, Frohsinn und neue Brotentdeckungen, trotz oder gerade wegen der unsteten Zeit, in der wir uns bewegen.
Butterplatte
- 613 g Butter (16 °C)
Hauptteig
- 613 g Milch (5 °C)
- 31 g Zucker
- 18 g Salz
- 1.022 g Weizenmehl 550
- 41 g Frischhefe (5 °C)
- 61 g Butter (5 °C)
- gesamte Butterplatte (16 °C)
Butterplatte
Die Tourierbutter zwischen Backpapier zu einer Platte von 20 x 20 cm ausrollen.
In Frischhaltefolie einwickeln.
12 Stunden bei 16-18 °C lagern. Alternativ kälter lagern und vor der Verwendung mit dem Rollholz auf Teigkonsistenz bringen.
Hauptteig
Die Zutaten in der genannten Reihenfolge in die Schüssel wiegen.
Zu einem etwas glatten, festen Teig kneten (nicht auskneten) (gewünschte Teigtemperatur: ca. 26 °C).
Den Teig aus der Schüssel oder Wanne auf die leicht bemehlte Arbeitsfläche geben.
Den Teig auf 30 x 30 cm ausrollen.
In Frischhaltefolie einwickeln.
12 Stunden bei 5 °C reifen lassen.
Den Teig auf die leicht bemehlte Arbeitsfläche legen und das überschüssige Mehl entfernen (auch später, sobald Mehl zu sehen ist). Die Butterplatte um 45° versetzt auf den Teig setzen, die Teigecken auf die Butter klappen und andrücken (die Teigecken dabei immer miteinander überlappen lassen, damit später keine Butter herausquetscht). Die Butter muss vollständig von Teig umhüllt sein und sollte dieselbe Konsistenz wie der Teig haben. Falls nicht, dann die Butterplatte vor dem Einlegen mit dem Rollholz so lange bearbeiten, bis sie die Teigkonsistenz angenommen hat und plastisch verformbar ist.
Den Teig auf ca. 25 x 70 cm ausrollen (nicht dünner als 8 mm). Den Teig der Länge nach gedanklich dritteln. Die linke kurze Seite auf das mittlere Drittel legen. Die rechte kurze Seite über die gerade herumgeklappte linke Seite legen (wie einen Geschäftsbrief falten) („Einfachtour“, Verdreifachung der Schichten). Die neu entstandenen Teigfalten mit einem Messer aufschneiden, damit die Butterschichten sichtbar werden.
In Frischhaltefolie einwickeln.
15-30 Minuten entspannen lassen. Bei 5 °C lagern, falls die Butterplatte weich geworden ist. Bei 20 °C lagern, falls die Butterplatte noch sehr fest ist.
Den Teig erneut auf ca. 25 x 70 cm ausrollen (nicht dünner als 8 mm). Den Teig der Länge nach gedanklich dritteln. Die linke kurze Seite auf das mittlere Drittel legen. Die rechte kurze Seite über die gerade herumgeklappte linke Seite legen (wie einen Geschäftsbrief falten) („Einfachtour“, Verdreifachung der Schichten). Die neu entstandenen Teigfalten mit einem Messer aufschneiden, damit die Butterschichten sichtbar werden.
In Frischhaltefolie einwickeln.
15-30 Minuten entspannen lassen. Bei 5 °C lagern, falls die Butterplatte weich geworden ist. Bei 20 °C lagern, falls die Butterplatte noch sehr fest ist.
Den Teig nochmals auf ca. 25 x 70 cm ausrollen (nicht dünner als 8 mm). Den Teig der Länge nach gedanklich dritteln. Die linke kurze Seite auf das mittlere Drittel legen. Die rechte kurze Seite über die gerade herumgeklappte linke Seite legen (wie einen Geschäftsbrief falten) („Einfachtour“, Verdreifachung der Schichten). Die neu entstandenen Teigfalten mit einem Messer aufschneiden, damit die Butterschichten sichtbar werden.
In Frischhaltefolie einwickeln.
30 Minuten bei 5 °C entspannen lassen.
Den Teig aus der Folie auf die leicht bemehlte Arbeitsfläche geben.
Den Teig auf 50 x 30 cm ausrollen (ca. 5 mm dick). Falls sich der Teig wieder zusammenzieht, nochmals kurz kühl entspannen lassen.
Der Länge nach in 5 cm breite Streifen schneiden.
Jeden Streifen mittig mit einem dünnen Rollholz tief der Länge nach eindrücken, sodass sich die Schnittkanten nach oben aufstellen.
Die Enden der Streifen mit beiden Händen spitz ausrollen (wenn es klebt, Mehl verwenden).
Die spitzen Enden eines Streifens zu einem Ring zusammenführen, miteinander verdrehen und auf dem Ring ablegen (tief andrücken). Die eingedrückte Mitte des Streifens muss dabei immer nach oben zeigen, darf also durch das Zusammenführen der Enden nicht gekippt liegen.
Die Teiglinge auf Backpapier setzen.
Mit einer Folie oder einem Behälter abdecken.
2 Stunden bei 20 °C auf das doppelte Volumen reifen lassen.
Die Teiglinge mit Wasser absprühen.
Das Backpapier mit den Teiglingen mithilfe eines flachen Bleches oder Brettes in den auf 250 °C vorgeheizten Ofen auf den Backstein befördern. Evtl. das Blech beim Backen zwischen Stein und Backpapier belassen, um den Stein vor auslaufender Butter zu schützen. Nicht bedampfen. Insgesamt 8-10 Minuten ausbacken.
Zubereitungszeit am Backtag: ca. 4 Stunden
Zubereitungszeit gesamt: 16 Stunden

Lohrer Neujahrsbrezel
Aktualisiert am 10. September 2022 |
Nannette
17. Januar 2023 um 09:19
Na das ist doch mal schön und herzerwärmend, wie viele „Löhrer“ sich hier auf der Plötzblog-Seite tummeln 🙂 Auch ich backe diesen Brezel, seit ich von zuhause weggezogen bin, jedes Jahr an Silvester, damit er zum Neujahrfrühstück auf dem Tisch steht. Das Rezept vom Mehling hatte ich natürlich nicht und ich freu mich jetzt schon auf die nächste Brezel-Aktion. Danke lieber Lutz! Zum Falten des Brezels muss ich eine Korinthe kacken: Die Form entsteht, indem man von einem sehr länglichen Rechteck die Seiten zur Mitte hin einrollt. In der Mitte ist dann der Schlitz, aber die Kanten sind nicht geschnitten, sondern rund…
Herzliche Grüße an alle Brezelfreunde!
Verena
9. Januar 2023 um 16:29
Hier ist noch der Link zur Bäckerei im Weinhaus Mehling in Lohr am Main, in der der gute alte Josef noch bis vor wenigen Jahren seine Brezeln gebacken hat: https://weinhaus-mehling.de/baeckerei/
Verena
9. Januar 2023 um 10:55
Wahnsinn! Danke für dieses Rezept, lieber Lutz! Die Brezeln vom Mehling sind legendär bei uns hier in der Region. Und jeder Dorfbäcker hier bei uns (von denen es mittlerweile ja leider immer weniger gibt) backt auch so eine Art vor Butterbrezel. Die bekommen wir dann an Neujahr von klein auf von unseren Paten (Pätter oder Göda) zu Neujahr geschenkt. Bei uns in der Familie gab es dann regelmäßig eine Brezel-Competition, weil ich von meiner Göda so eine Butterbrezel bekommen habe und mein Bruder von seinem Pätter aus einer anderen Ortschaft eine süße Hefebrezel mit Zuckerguss. Wir haben dann immer drum gestritten, welche Brezel nun besser schmeckt. Da werden herrliche Erinnerungen wach! Ich wünsche allen ein gutes neues Jahr und sende liebe Grüße aus einem Ort bei Lohr am Main.
Ulrich
4. Januar 2023 um 11:14
Bin bezüglich den aufzuschneidenden Teigfalten nicht sicher: Das sind die Falten, die durch das Umklappen der kurzen Seiten entstehen? Sonst muss beim Blätterteig immer alles schön zu bleiben, damit die Butterschichten nicht rausgedrückt werden beim Ausrollen… daher meine Nachfrage.
Lutz
4. Januar 2023 um 21:51
Das Aufschneiden ist ein Trick, damit die Butterschichten weniger unterbrochen sind. Das sollte man aber nur tun, wenn die Butter plastisch ist und nicht weich, sonst quetscht sie raus. Es geht auch ohne aufzuschneiden.
Ulrich
5. Januar 2023 um 20:22
Danke für die verständliche Erklärung! Hört sich logisch an 🙂
Susanne
2. Januar 2023 um 00:26
Ich suche dieses Rezept, seit ich aus unterfänkischen Mainfranken weggezogen bin. Ohne „Brezzl“ schmeckt Neujahr einfach nicht richtig…
Götta oder Göht, also Patin oder Pate, hängen sie ihrem Patenkind um den Hals mit dem Spruch:
Ein Brezzl so groß wie ein Mühlrad
und ein Lebkuchen so groß wie ein Scheuertor,
das wünsch ich dir zum Neuen Johr.
Vielen Dank für diesen Post. Seht es mir nach, dass ich dieses singende Löhrer-Fränkisch lautsprachlich nicht wiedergeben kann.
Gabi
1. Januar 2023 um 15:51
Wahnsinn! Ich bin gebürtig aus Lohr und vermisse diese Neujahrsbrezel jedes Jahr. Ich habe auch schon öfter mal nach einem Rezept gesucht. Auch das Weinhaus Mehling hatte ich schon angeschrieben. Ich bekam auch ein Rezept, das aber nur aus groben Anhaltspunkten und riesigen Mengen bestand. Und ich bin da nicht so die Backkönigin und habe mich nicht ran getraut.
Und jetzt blobbt das Rezept hier auf! Toll, ich freue mich! Allerdings bin ich noch immer keine Backkönigin und weiß nicht, ob ich mich da ran traue. Aber ich hätte jetzt die Möglichkeit dazu.
Vielen Dank, Lutz, dass du das Rezept hier teilst!
Ein tolles Jahr 2023 und Grüße aus dem Schwarzwald
Gabi
Gustl
31. Dezember 2022 um 14:48
Es gibt auch einen Archiv-Bildbericht der Main Post über Josef Mehling „Brezel wie e Scheuertor“ vom Redaktionsmitglied Karl Anderlohr
30.12.2004 | aktualisiert: 03.12.2006 22:29 Uhr.
Leider nur mit Zeitungsabo komplett lesbar.
Gustl
31. Dezember 2022 um 11:39
Hallo Lutz,
du hast mich neugierig gemacht. Ich setz’ mal den Link zur Zeitung hier ein, auch wenn das nicht allen gefällt. Leider ist Josef Lohr nicht mehr am Leben.
https://www.main-echo.de/regional/kreis-main-spessart/die-lohrer-brezel-art-3961040
Fredi
31. Dezember 2022 um 15:02
Hallo Gustl,
guter Link!
VG Fredi