Frage & Antwort

Warum gibst du Zutatenmengen so genau an, manchmal sogar mit Nachkommastelle?

Ich habe mir über die Jahre angewöhnt, Zutatenmengen nicht zu runden.

Um das zu verstehen, musst du dir bewusst sein, dass ich als Rezeptentwickler Rezepte nicht in Grammangaben zu Papier bringe, sondern mit Prozenten arbeite. Wenn das Rezept fertig entwickelt ist, denke ich mir ein gewünschtes Teiggewicht aus und berechne aus den Prozenten die einzelnen Zutatenmengen in Gramm. Dabei entstehen häufig krumme Werte, fast immer mit Nachkommastellen.

Bei zwei- oder mehrstelligen Mengen, also z. B. 54,8 g oder 587,3 g, runde ich auf die vollen Einer auf oder ab, also auf 55 g bzw. 587 g. Bei einstelligen Mengen, insbesondere bei Hefemengen, lasse ich die erste Nachkommastelle stehen. Bei Angaben unter 1 g gebe ich sogar zwei Nachkommastellen an. Das hat zwei Gründe:

  • Je kleiner die Menge, umso größer der Rundungsfehler. Wenn ich statt 1,6 g Frischhefe die aufgerundeten 2 g Frischhefe in den Teig gebe, habe ich ein Viertel mehr Hefe im Teig, als es das Rezept eigentlich ohne Rundung der Werte vorgibt. Das verändert ganz deutlich die Reifezeit. Wenn ich in einem Vorteig 0,1 g Hefe statt 0,09 g Hefe verwende, habe ich 11% mehr Hefe im Vorteig, also auch eine deutlich schnellere Reifezeit. Das Ergebnis ist ein zu reifer Vorteig oder ich muss ihn kürzer reifen lassen.
  • Wenn ich Mengenangaben schon stark runde und ein Blogleser möchte diese Mengen aber noch verkleinern oder vergrößern, weil er z. B. zwei Brote backen möchte, dann vervielfacht sich der Rundungsfehler. Rundet er dann nochmal, um keine krummen Zahlen zu haben, schleichen sich ganz schnell Fehler ins Rezept ein, insbesondere bei kleinen Mengen. Beispiel von oben: 1,6 g (real) bzw. 2 g (gerundet) Hefe sollen in den Teig. Ein Leser möchte aber doppelt so viel Teig herstellen, nimmt also dann 4 g Hefe. Damit die Zahl „griffig“ wird, rundet er noch auf 5 g Hefe auf. Er hat auch ohne nochmal zu runden also schon 4 g Hefe statt 3,2 g Hefe im Teig und gibt insgesamt mit erneutem Aufrunden 56 % mehr Hefe in den Teig.

Ich gebe deshalb aus Prinzip rechnerisch exakte Werte an, auch wenn sie manchmal ungewohnt und krumm aussehen. Ob du dann beim Backen leicht auf- oder abrundest, ist dir und deiner Erfahrung überlassen, aber ich möchte in meinen Rezepten möglichst so exakt wie es geht arbeiten, um für alle Leser eine gute Ausgangsbasis zu haben.

01. September 2021
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Abgerufen am: 24. April 2024, 1:57 Uhr · © 2023, Lutz Geißler