Böhmische Semmelknödel mit Biohefe

Weizenbrot

Die in Scheiben geschnittenen Semmelknödel zeigen die mittelporige, lockere Krume.

Aus meiner Nachbarheimat.

Vor einiger Zeit verirrte sich eine kleine Portion Gänsebraten, ein Relikt der Weihnachtstage, in meinen Tiefkühlschrank. Als er aus dem Tiefschlaf erlöst werden sollte, fehlte mir noch die passende Beilage. Sie sollte unbedingt aus Mehl und Hefe bestehen. Ich brauchte ein Rezept, mit dem ich das Verhalten von Biohefe testen konnte. 

Warum Biohefe? Auf das Thema gestoßen bin ich durch eine Diskussion im „Brotbackforum – Die Hobbybäckerei“. Konventionelle Hefe wird offensichtlich mit einem Verfahren hergestellt, bei dem sehr viel, sehr belastetes Abwasser entsteht und nicht unbedingt von Vorteil für die Umwelt ist. Außerdem kann nicht ausgeschlossen werden, dass gentechnisch veränderte Substanzen im Verarbeitungsprozess beteiligt sind. 

Gesiegt hat letztlich aber nicht ausschließlich der Umweltschutzgedanke, sondern die Neugier. Die Biohefe gibt es in guten Reformhäusern oder Naturkostläden, wie ich einen um die Ecke habe. Biohefe wird aus Stämmen gezüchtet, die ausschließlich mit Getreidemehl gefüttert werden. Der Nährboden der Hefe besteht aus Weizen und Weizenkeimen. Auch werden keine gentechnisch veränderten Enzyme zugesetzt. 

Die Biohefe sieht etwas dunkler als ihre herkömmliche Verwandte. Sie ist außerdem etwas weicher, ganz schwach schmierig und nicht so bröckelig wie die normale Frischhefe. Sie duftet angenehmer, aromatischer, intensiver. Dieser Duft breitet sich dann auch im Teig aus. 

Der wesentlichste Unterschied in den Backeigenschaften scheint in der Zeitspanne zu liegen, in der die Hefe in Fahrt kommt. Bis der Teig anspringt, dauert es nach meiner Beobachtung deutlich länger als mit herkömmlicher Hefe. Deshalb habe ich im Rezept auch eine relativ lange Gare angegeben. 

Warum nun eigentlich Böhmische Semmelknödel? Ich habe einen Großteil meiner Kindheit nahe der tschechischen Grenze verbracht und bin dort natürlich auch mit der böhmischen Küche in Kontakt gekommen. Ich mag die sehr bodenständige, einfache Art. Knödel gehören dort auf den Teller wie bei uns die Kartoffeln oder Klöße. Während herkömmliche Semmelknödel ohne Mehl und in runder Form auf den Teller kommen, haben böhmische Semmelknödel die Eigenart, aus einem Hefeteig in lange Laibe geformt und in Scheiben gereicht zu werden. 

Es gibt eine Vielzahl an Rezepten im Internet. Besonders authentisch finde ich das Rezept von Karen Eckhardt (Website leider nicht mehr verfügbar – nur noch über die Wayback Machine), die in Prag studiert hat und (so vermute ich) aus Tschechien stammt. Wer schon eine Weile den Plötzblog liest, wird wissen, dass ich kein Rezept unverändert lassen kann. Und so habe ich auf Karens Rezeptgrundlage eine neue Kreation geschaffen, von der ich absolut begeistert bin! 

Statt altbackener Semmeln/Brötchen habe ich getrocknetes Brot verwendet. Ein Drittel der Menge habe ich bereits als Mehlzuschlag im Vorteig verarbeitet. Etwa die Hälfte des alten Brotes bestand aus Roggen-, die andere aus Weizenbrot. Der Roggenanteil hat noch etwas Geschmack gebracht. Außerdem habe ich die Flüssigkeitsmenge deutlich erhöht, den Hartweizengrießanteil gesenkt und stattdessen Weizenvollkornmehl verwendet. 

Der Teig hat eine schwach bräunliche Färbung, genauso wie ich die Böhmischen Semmelknödel von damals kenne. Er riecht verführerisch, teils fruchtig, teils erdig. Vielleicht liegt es tatsächlich an der Biohefe, sicher aber auch am getrockneten Brot, das durch das Aufmahlen für den Vorteig und das Einweichen in Milch seine Aromastoffe freigibt. 

Die Teiglinge haben im Wasserbad einen enormen Trieb. Die fertigen Laibe sind extrem locker, sehen schön rustikal aus durch ihre bräunliche Farbe, die durch kleine und große, dunklere und hellere Krümel oder Brocken des eingearbeiteten Brotes durchbrochen wird. Die Krume ist mittelporig und kann besonders viel Soße aufnehmen. 

Die erste Hälfte eines Knödellaibes habe ich pur gegessen, so lecker war es. Zusammen mit der Bratensoße der Gans ein Traum. 

Die Knödelscheiben können sehr gut eingefroren und später in einem Tuch über heißem Wasserdampf zubereitet werden. 

Statt Zucker kann die gleiche Menge flüssiges Gerstenmalz verwendet werden. 

12 Kommentare
19. Februar 2011

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Zutatenübersicht

Ursprungsrezept für 2 Stück zu (je) ca. 500 g
für Stück zu (je) ca.  g * 273 %
209 g Weizenmehl 550 57 %
106 g Hartweizengrieß 29 %
51 g Weizenvollkornmehl 14 %
345 g Milch 94 %
106 g Altbrot (grob gewürfelt, getrocknet) 29 %
99 g Eier (Vollei) 27 %
51 g Altbrot (fein gerieben, getrocknet) 14 %
12 g Frischhefe (bio) 3,3 %
11 g Zucker 3 %
8,9 g Salz 2,44 %

* Wenn du hier die Teigmenge oder Stückzahl änderst, musst du evtl. Reifezeit, Backzeit, Ausrollmaß etc. anpassen.

Planungsbeispiel

Gesamtzubereitungszeit:  66 Stunden 14 Minuten

Tag 1 18:46 Uhr Vorteig herstellen
Tag 4 08:31 Uhr Quellstück herstellen
08:51 Uhr Hauptteig herstellen
11:43 Uhr Portionieren
11:48 Uhr Formen
12:25 Uhr Garen im Wasserbad
Uhr ca. fertig gebacken
neu berechnen

Vorteig

0,51 g Salz 20 °C 0,14 %
106 g Milch 5 °C 29 %
51 g Weizenvollkornmehl 20 °C 14 %
51 g Altbrot (getrocknet, fein gerieben) 20 °C 14 %
1,1 g Frischhefe (bio) 5 °C 0,3 %
0

Die Zutaten in der genannten Reihenfolge in eine Schüssel wiegen.

1

Mischen, bis sich die Zutaten zu einem weichen Teig verbunden haben. 

1

Mit einer Abdeckhaube, einem Deckel oder etwas ähnlichem zudecken.

2

2 Stunden bei 20 °C reifen lassen.

3

2-3 Tage bei 5 °C reifen lassen.

Quellstück

106 g Milch 5 °C 29 %
106 g Altbrot (getrocknet, grob gewürfelt) 20 °C 29 %
0

Die Zutaten in eine Schüssel wiegen.

1

Mit einem Löffel vermischen.

1

Mit einer Abdeckhaube, einem Deckel oder etwas ähnlichem zudecken.

2

15 Minuten bei 20 °C quellen lassen. Dabei ab und zu umrühren. Die Milch sollte vollständig aufgesogen sein.

Hauptteig

11 g Zucker 20 °C 3 %
8,4 g Salz 20 °C 2,3 %
132 g Milch 70 °C 36 %
209 g Weizenmehl 550 20 °C 57 %
106 g Hartweizengrieß 20 °C 29 %
99 g Eier (Vollei) 5 °C 27 %
gesamter Vorteig 5 °C
11 g Frischhefe (bio) 5 °C 3 %
gesamtes Quellstück 20 °C
1

Die Zutaten (außer den Brotwürfeln) in der genannten Reihenfolge in die Schüssel wiegen.

2

Zu einem Teig vermischen.

3

Kneten, bis sich eine dünne Teighaut ausziehen lässt (Fenstertest).

4

Die Brotwürfel zugeben und zunächst von Hand unterheben. Dann auf niedrigster Stufe vorsichtig einarbeiten (gewünschte Teigtemperatur: ca. 26 °C).

4

Mit einer Abdeckhaube, einem Deckel oder etwas ähnlichem zudecken.

5

2-2,5 Stunden bei 22-24 °C auf knapp das doppelte Volumen reifen lassen.

5

Den Teig aus der Schüssel oder Wanne auf die leicht bemehlte Arbeitsfläche geben.

6

Teiglinge zu je 500 g abstechen.

7

Die Teiglinge langwirken.

8

30 Minuten bei 20 °C mit Schluss nach unten im leicht bemehlten Leinen zugedeckt reifen lassen.

8

Die Teiglinge mit Schluss nach unten in ein leicht bemehltes Leinen setzen. 

8

Mit einer Folie oder einem Behälter abdecken.

8

30 Minuten bei 20 °C reifen lassen.

9

Reichlich Salzwasser in einem Topf mit großem Durchmesser zum Sieden bringen. Die Teiglinge hineingeben und mit geschlossenem Deckel 30 Minuten ziehen, nicht kochen lassen.

10

Die Semmelknödel aus dem Wasser nehmen und sofort mit einem Bindfaden in Scheiben schneiden. Dazu den Faden unter den Laib schieben, beide Fadenenden nach oben heben, über dem Laib überkreuzen lassen und ziehen.

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Abgerufen am: 10. Dezember 2024, 12:16 Uhr · © 2023, Lutz Geißler