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9. Dezember 2013 · 8 Kommentare

Rezension: „Deutschland vegetarisch“ von Stevan Paul und Katharina Seiser (Hrsg.)

"Deutschland vegetarisch" von Stevan Paul und Katharina Seiser (Hrsg.)

„Deutschland vegetarisch“ von Stevan Paul und Katharina Seiser (Hrsg.)

Stevan Paul hatte in seinem Blog und in der Berliner Zeitung mein Brotbackbuch unter die Lupe genommen. Ich wiederum habe auf der Buchmesse die Gelegenheit ergriffen, in sein neues Buch „Deutschland vegetarisch“ zu schauen und es wegen der darin enthaltenen Gebäckrezepte auch hier im Blog zu besprechen.

Pauls Buch ist die Fortsetzung des sehr erfolgreichen „Österreich vegetarisch“ von Katharina Seiser. Wer geglaubt hat, Deutschland sei von Grund auf ein Fleischland, der irrt. Fleischlosigkeit oder zumindest Fleischarmut waren früher die Regel. Umso erfreulicher, dass sich nun ein sehr gut gestaltetes, mit drei Lesebändchen und Prägedruck üppig ausgestattetes Buch dieser alten Essgewohnheiten annimmt.

Nachkochen ist nicht nötig, schon allein das Blättern auf den griffigen, dicken Seiten und der Anblick der urigen, perfekt in Szene gesetzten Fotografien machen glücklich.

Wer sich dennoch auf den Weg macht, Rezepte zu probieren, wird die Einfachheit entdecken. Einfache Beschreibungen, wenige Zutaten, einfache Gerichte. Stevan Paul hat Wert auf Regionalität gelegt. So finden sich Rezepte aus Ost und West, aus Nord und Süd. Den Spagat, zwischen mehreren Rezeptvarianten eines Gerichtes genau die richtige für das Buch zu finden, hat Paul durch Symbiose und Mut zu eigenen Akzenten gelöst. Mit Erfolg. Kein Rezept, das nicht zum Nachkochen oder wenigstens zum Kosten animiert.

In den regionalen Rezepturen werden saisonale Zutaten verarbeitet. Eine schlüssige Konsequenz daraus ist, die Rezepte nach Jahreszeiten zu ordnen. Eine verbale Kostprobe gefällig? Wie wäre es mit dem Frühling? Leipziger Allerlei, Soleier, Remoulade von 1858 mit Pellkartoffeln oder die Errötende Jungfrau. Doch lieber Herbst? Gebrühter Kohlsalat, Labskaus, Borschtsch oder Zwetschgenklöße. Von Vorspeise bis Nachspeise ist an alles gedacht. Ein ganzes Jahr vegetarisch essen, ohne dass es auffällt. Der Leser vergisst alles Fleischliche, ohne es auch nur im Ansatz zu vermissen.

Mit Hefezopf, Berliner Pfannkuchen, Buchteln oder Christstollen bewegen sich einige Nachspeisen in Sphären, die ich glaube besser einschätzen zu können als die reinen Kochrezepte.
Bauchschmerzen habe ich, das ist fast schon ein Durchläufer, bei den Hefemengen von 5-8% der Mehlmenge. Das ist selbst bei etwas höheren Fettanteilen nicht notwendig, es sei denn der Hefegeschmack ist gewollt. Da fast alle der hefebasierten Speisen frisch, fast noch warm gegessen werden, fällt die durch die Rezepturen verursachte kurze Frischhaltung nicht auf.
Details könnten verbessert werden. So werden die Teigstränge bei Hefezöpfen in aller Regel nicht, wie im Buch empfohlen, straff verflochten, sondern locker. Das gibt dem Teig Raum zum Aufgehen, ohne dass ein zu deutlicher, unkontrollierter Ausbund durch miteinander verklebte Stränge entsteht. Ein Christstollen mit Backpulver und in einer Stollenform gebacken ist eine Glaubensfrage. In dieser Hinsicht gehöre ich einer anderen Religion an.

Trotz der Kleinigkeiten bei den Mehlspeisen ist Stevan Paul ein Werk gelungen, das lange Zeit die Standards in Deutschlands vegetarischen Küchen setzen wird. Entstaubte altdeutsche Gerichte, hochwertig gedruckt, hintergründig recherchiert, um Details wie Getränkewahl und historische Notizen ergänzt.

„Deutschland vegetarisch“ ist eine mehr als würdige Fortsetzung des Konzeptes von „Österreich vegetarisch“. Auch bei Katharina Seisers Werk lässt sich kaum etwas kritisieren, außer die Hefemengen in den Mehlspeisen.

Beide Werke sollten weder in den österreichischen noch in den deutschen Küchen fehlen. Es war an der Zeit, diese Rezeptklassiker in die Gegenwart zu überführen.

„Deutschland vegetarisch“
272 Seiten, 2013
Verlag: Brandstätter Verlag
ISBN: 978-3850337397
Größe: 24,6 x 19,6 x 3 cm
Preis: 34,90 €

Mein Dank gilt dem Brandstätter Verlag, der mir das Buch freundlicherweise zur Besprechung zur Verfügung gestellt hat.

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Keine Kommentare

  1. Ich nenne das Buch seit rund vier Wochen mein Eigen… Seit dem probieren mein Mann und ich uns fröhlich durch den Winter-Teil. Wir sind keine Vegetarier, doch viele Klassiker sind mit sehr durchwachsenem und auch fetten Fleisch – das mögen wir beide gar nicht und so essen wir dann eben die Veggie-Variante. Ausgesprochen lecker und die Rezepte sind zwar kurz und bündig erklärt, aber es reicht. Alle Kloßvarianten haben z.B. ausgezeichnet funktioniert, obwohl ich noch nie im Leben Klöße selbst gemacht hatte.
    Auch das Buch an sich ist eine Augenweide. Für uns hätten es in Summe aber gerne mehr herzhafte und dafür weniger süße Gerichte sein dürfen, aber das ist nun einmal Geschmackssache.
    Danke für dieses ausgezeichnete Kochbuch!

  2. Hört sich interessant an, und macht Lust, hineinzuschauen.
    Was die zu hohen Hefemengen angeht – das ist bei englischen oder amerikanischen Backbüchern nicht anders. Es soll eben immer fool-proof sein, damit auch der unerfahrenste Bäcker ein Erfolgserlebnis hat.

  3. Auch andere Rezensionen bzw. Kommentare beurteilen das Buch positiv. Für mich ein Grund, meine Kochbuchsammlung damit zu erweitern. Außerdem steh ich auf traditionelle Rezepte im aufgefrischten Gewand. Ich bin gespannt.

  4. Schön, dass ihr (Stevan und du) eure Bücher gegenseitig rezensiert.

    Sowohl dein Buch als auch Deutschland vegetarisch und Österreich vergetarisch sollte in keinen Kochbuch/Backbuchschrank fehlen. Wenn doch, würde etwas Grundlegendes fehlen!

  5. Auch eine Glaubensfrage. Ich habe lieber ein Buch in der Hand, als ein Ebook etc.
    Was die Bäume betrifft die werden immer noch als Rohstoff für die Papiergewinnung angebaut. Im gleichen Atemzug kann man ja auch die Weihnachtsbäume an den Pranger stellen. Das Buch hört sich aber gut an, da werden wieder alte Rezepte zum leben erweckt.

    • Ich kann mich Michael nur anschliessen. Umweltschutz ist gut und auch lobenswert.
      Eine Frage hätte ich schon, die ist mir als ich Hein´s Kommentar las sofort eingefallen. Was für ein WC-Papier verwendest Du, oder ev. gar kein´s, nur mit Wasser? Dann verschwendest aber wieder kostbares Trinkwasser, oder nimmt du recyceltes Wasser. 
      Nimm´s nicht zu Ernst – oder doch!
      lg SAM

  6. Es ist doch schade das es im Zeitalter des Internet immer noch Menschen gibt die für ihre Überzeugung Bäume sterben lassen.Gruß Hein

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