BLOGBEITRAG
5. Februar 2015 · 132 KommentareBacken Hobbybäcker das bessere Brot?
Heute ist ein Tag, an dem ich Blut und Wasser schwitze, auch wenn ich mir meiner Sache recht sicher bin. Ich bin Referent auf dem Brotforum 2015 der Bundesakademie des Deutschen Bäckerhandwerks. Inmitten von Teilnehmern aus der Backmittelindustrie, aus Großbäckereien, Meisterschulen und kleineren Bäckereien werde ich mich etwa 45 Minuten zu einem provokanten Thema äußern:
„Backen Hobbybäcker das bessere Brot? Der Selbstback-Boom als Chance für Bäckereien“
Ich habe mir vielen Gedanken darüber gemacht, sicher nicht abschließend, aber doch ausreichend, um eine gute Diskussionsgrundlage zu bieten. Damit mein Vortrag nicht im Weinheimer Saal versickert, habe ich mich entschlossen, das Manuskript ungekürzt in den Blog zu stellen.
Ich freue mich über eure Diskussionsbeiträge, Ergänzungen und auch über das Teilen des Beitrages, wenn er euch zusagt.
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Backen Hobbybäcker das bessere Brot?
Der Selbstback-Boom als Chance für Bäckereien
Glück auf liebe Bäckerinnen und Bäcker,
Glück auf sehr geehrte Damen und Herren,
ich beginne meine Worte an Sie mit dem traditionellen Willkommens- und Abschiedsgruß des Erzgebirges, der Bergleute und der Geologen. Zu den Geologen zähle auch ich. Und damit wird klar, wer hier vor Ihnen steht: Einer, der das Bäckerhandwerk nicht auf dem klassischen Bildungsweg gelernt hat. Einer, dem das Bäckerhandwerk bis vor sieben Jahren im Prinzip egal war.
Wäre dies heute noch immer so, stünde ich nicht hier vor Ihnen. Mir ist das Bäckerhandwerk, der Beruf Bäcker, ans Herz und auch an den Verstand gewachsen, es treibt mich um, bereitet mir manchmal sogar schlaflose, zumindest aber unruhige Nächte, Kopfschmerzen und auch Freudentränen.
Wie kann das sein, backe ich doch seit eben diesen sieben Jahren all mein Brot selbst? Was kümmert mich der Bäcker von nebenan, wenn ich doch Selbstversorger in Sachen Backwaren bin? Und warum schafft es dieser Bäcker nicht, mich in seinen Laden zu locken und dort mein Brot zu kaufen? Warum überhaupt backen immer mehr Deutsche ihr eigenes Brot und meiden Bäckereien jeder Größe und Ausrichtung? Warum geistern derart viele kritische Beiträge zum Thema Brot durch die Medien? Und wie können Sie als Bäcker diesem medialen und tatsächlichen Selbstback-Boom entgegensteuern? Müssen Sie das überhaupt oder lässt sich der Trend für die eigene Bäckerei nutzen?
Um auf diese Fragen Antworten zu finden, möchte ich Sie einige Minuten an meinem eigenen Weg vom Geologen zum Brotbackenden teilhaben lassen.
Mein Weg hin zum Geologen begann schon in Kindertagen. Bis in das erste Schuljahr hinein lebte ich in einem kleinen erzgebirgischen Stadtteil, kaum größer als das Gelände dieser Akademie, inmitten von Wald, Fels und mittelalterlichen Erzbergwerken. Ein Spiel- und Erlebnisparadies für Kinder und heute fast undenkbar. In diesem Stadtteil war ich aber nicht nur von Natur umgeben, sondern von jungen Menschen, die sich eben dort zum Geologiefacharbeiter haben ausbilden lassen. Ich wurde, wenn man so will, in einer geologischen Akademie groß.
Heute ist dort, außer einer Straße, nichts mehr zu sehen. Mit dem Mauerfall kamen die Abrissbirnen. Doch das ist nicht entscheidend. Entscheidend ist die Prägung, die Erfahrung, mit wissbegierigen jungen Menschen zusammenzuleben, jederzeit eigene Erkenntnisse in Wald und Flur sammeln zu dürfen und seiner Neugier freien Lauf zu lassen.
Diese Zeit hat mich unterbewusst sicher stärker gezeichnet, als ich mir heute zugestehen kann, und war ebenso sicher ein wichtiger Auslöser, mich für ein Studium der Geologie an der Technischen Universität Bergakademie Freiberg zu entscheiden. Fünf Jahre wollte ich lernen, wie all das, was ich als Kind im Wald oder im Bergwerk beobachtet hatte, entstanden ist, welche Prozesse dazu geführt haben, dass unsere Landschaften heute so aussehen, wie sie aussehen. Und natürlich wollte ich auch wissen, was unter dieser zarten und verletzlichen Haut aus Pflanzen, Tieren und Erde steckt, auf und von der wir alle leben.
Ich war voller Enthusiasmus, mir meine Fragen zu erklären und dieses atemberaubende Wissen über die Dinge, die meist unsichtbar unter unseren Füßen liegen, auch an andere weiterzugeben. Anders formuliert: Ich hatte Blut geleckt!
Fast rund um die Uhr, von 4-5 Stunden Schlaf einmal abgesehen, war ich mit Geowissenschaften beschäftigt. Sei es als Gründer einer montangeologischen Arbeitsgemeinschaft, als Vorsitzender und Gründer eines bundesweiten Vereins, der sich um geowissenschaftliche Wissensvermittlung im Alltag kümmerte, oder als Mentor für andere Studenten. Keine Zeit für Gedanken an Brot und andere Lebensmittel. Der Supermarkt wird’s richten.
Irgendwann war es Zeit für die Diplomarbeit, ein Mammutprojekt über die Entstehung nordkalifornischer Goldlagerstätten. 500 Seiten Papier. 500 Seiten, die mich zum Brotbacken getrieben haben. Vier Wochen Nordkalifornien, vier Wochen im kalten Goldbergwerk, vier Wochen auch aus damaliger Sicht grauenhaftes Brot reichen nicht aus, um auf die Idee zu kommen, einen Teig anzusetzen. Dazu braucht es ein Jahr Arbeit am Computer und zwar nur am Computer.
Der Kopf qualmt, die Sehnsucht nach praktischer Arbeit wird von Tag zu Tag größer. Kommt in diesem verfallenen moralischen Zustand die Idee, einen schlichten Hefeteig zu kneten, daraus Brötchen zu formen und zu backen, ist das Glücksgefühl vermutlich dem eines Bergsteigers vergleichbar, der gerade den Mount Everest bezwungen hat.
Brotbacken als mentaler Ausgleich, als Meditation vom Digitalen.
Der Bäcker um die Ecke hat damals sicher das eindeutig bessere Brötchen gebacken als ich mit 8% Hefe und geschätzt 30 Minuten Teigruhe bis zum Backen.
Ich blieb am Brot. Es wurde gebacken, um den Kopf von Zahlen, Analysen und geologischen Modellen zu leeren, nicht des Geschmacks oder des schlechten Bäckers wegen. Mit jedem Fehler im Gebäck — und glauben Sie mir, es waren Brote und Brötchen die wie ein einziger großer Fehler aussahen und schmeckten — stieg der Ehrgeiz, zu lernen, was da schief gelaufen war. Ich hatte wieder Blut geleckt! Und ich hatte auf einmal zwei Professionen. Das Backen folgte der Geologie, der ich 6 Jahre lang als leitender Geologe in der Bergbaubranche verpflichtet war.
Um meine gebackenen Rezepte, meist aus dem Internet, und auch die Fehler zu archivieren und von überall her greifbar zu haben, begann ich, einen Blog, eine Art Rezepttagebuch im Internet zu schreiben, nur für mich und ein paar Freunde.
Je tiefer ich mich in die Thematik einlas und einarbeitete, umso mehr Rückmeldungen bekam ich von anderen Menschen, die ihr Brot selbst backen. Auf einmal entdeckte ich Internetforen voller Menschen, die auf der Suche nach gutem Brot zum Selberbacken gekommen sind und sich austauschten.
Was ich nicht fand, war ein tief in die Grundlagen eintauchendes Buch in deutscher Sprache. So nahm ich mir englischsprachige Bücher zur Hand, die mich Herstellungsweisen lehrten, die ich in Hobbybäcker- und auch in für mich damals noch unverständlichen Fachbüchern nicht fand. Lange Teigführung, teils über Tage, Hefeeinsatz von Null bis maximal zwei Prozent, die Arbeit mit Weizensauerteigen und vieles mehr.
Kurz nach Beginn meiner ersten Backversuche spielte ich bereits mit den Zutaten, um eigene Rezepte zu entwerfen, damals eher ein Produkt des Zufalls als gezielte wissensbasierte Entwicklungsarbeit. Mit jedem Fehler kam neues Wissen hinzu und mindestens genauso viele neue Fragen.
Dieser Enthusiasmus hat bis heute angehalten. Ich habe einen von selbst initiierten Lernprozess durchlaufen, habe wie in der Geologie gemerkt, wie einfach das Lernen sein kann, wenn es selbst gewollt ist, wenn ein innerer Antrieb da ist, Dingen auf den Grund zu gehen.
Diese Leidenschaft für etwas eigentlich so einfaches wie ein Lebensmittel aus Mehl, Wasser und Salz, hat mich nicht nur dazu gebracht, das von mir nie gefundene deutschsprachige Grundlagenbuch zum heimischen Brotbacken zu schreiben (und inzwischen auch ein zweites Buch). Das Brotbacken hat mich gelehrt, mich intensiv mit dem auseinanderzusetzen, was wir jeden Tag essen, wie es hergestellt wird und welche Auswirkungen das in die eine oder andere Richtung hat.
Inzwischen gebe ich in Deutschland, Österreich und Schweiz Brotbackkurse, berate kleine und mittelständische Bäckereien, entwickele Rezepturen für Bäcker, Gastronomen und Medien.
Dass die Seiten meines Blogs, also Rezepte, Tipps, Reportagen aus Bäckereien und anderes mehr, monatlich über eine Million Mal aufgerufen werden, veranschaulicht vermutlich am besten, welchen Stellenwert das Brotbacken zu Hause eingenommen hat.
Falls Sie das noch nicht überzeugt, hier weitere Zahlen:
Monatlich besuchen etwa 70.000 Leser meinen Blog. Über 4.000 Facebook-Fans und über 700 Newsletter-Abonnenten. Es gibt auch etliche weitere gut gemachte Brotblogs und Internetforen, die wiederum tausende Leser haben.
Mein Brotbackbuch ist in nur anderthalb Jahren mehr als 30.000 Mal verkauft worden.
Meine Brotbackkurse sind regelmäßig ausgebucht. Hier sind ganz „normale“ Menschen bereit, 150, 280 oder gar fast 1.000 Euro auszugeben, nur um zu lernen, wie ein gutes Brot gebacken wird.
Fernsehen, Rundfunk, Zeitschriften oder Internetmagazine berichten über mich als Hobbybäcker, darunter die FAZ, Tagesspiegel, Stern, Feinschmecker, BEEF! und viele andere. In zwei Tagen werde ich drei Stunden lang im öffentlich-rechtlichen Radio zum Thema Brot und zum Phänomen Hobbybäcker interviewt. Und selbst Landtagsabgeordnete einer Partei, die die Bundeskanzlerin stellt, treffen sich mit mir, um sich über die Zukunft des Bäckerhandwerks auszutauschen.
Ich komme mir manchmal vor, als hätten sich all diese Menschen in der Adresse geirrt, wollten vielleicht doch besser mit einem gelernten deutschen Bäckermeister sprechen als mit mir, der nie eine Berufsschule besucht hat, nie Azubi in einer Bäckerei oder gar Bäckermeister geworden ist.
Was läuft da falsch? Läuft überhaupt etwas falsch? Sind Quereinsteiger nicht gerade die, die den nötigen Enthusiasmus mitbringen? Warum backen so viele und stetig mehr Menschen ihr eigenes Brot? Ist das nur ein Trend, der kurz aufflammt und wieder verschwindet? Oder steckt mehr dahinter?
Bevor meine Brotbackkurse beginnen, frage ich meine Teilnehmer, warum sie freiwillig zu solch einem finanziell, körperlich und geistig anstrengenden Unterfangen kommen. Was treibt euch an, selbst Brot zu backen? Nur ein kleiner Bruchteil möchte, so wie ich damals, mit praktischer Arbeit den Kopf frei bekommen. Das betrifft im Übrigen fast ausschließlich Informatiker… Dass es nun das Brotbacken und nicht die Briefmarkensammlung geworden ist, hat eher etwas damit zu tun, dass das Ergebnis nicht im Regal verstaubt, sondern gegessen werden kann. Weit über 90% meiner Teilnehmer backen Brot, weil sie sich in einer grundsätzlichen Notlage befinden. Einige der von den Teilnehmern genannten Gründe:
- Wir haben keinen Bäcker mehr in unserer Gegend.
- Es gibt nur noch Aufbacktheken in Discountern und Supermärkten.
- Es gibt nur noch ein oder zwei Großbäckereien mit ungenießbarem Brot.
- Ich vertrage das gekaufte Brot nicht mehr (Darmprobleme, Allergien, …).
- Mein Bäcker bäckt aus der Tüte.
- Seitdem ich das Backen ausprobiert habe, schmeckt mir das Bäckerbrot nicht mehr.
Es ist vielen Menschen in Deutschland nicht mehr möglich, ein aus ihrer Sicht gutes Brot zu kaufen.
Doch was ist „gut“? Dieses kleine Wörtchen bezieht sich bei Vielen vordergründig auf den Geschmack. Der Geschmack sollte herausstechen, sollte das Gebäck charakteristisch machen wie einen guten Wein oder einen guten Käse. Die Masse der heute verkauften Brötchen schmeckt und riecht im besten Fall nach nichts, neutral. Der Geschmack von Broten kommt, wenn überhaupt, durch zugesetzte Körner und Saaten, durch Malze, Trockenfrüchte oder Nüsse zum Tragen, nicht durch den Teig an sich. Wenn Sie als Brotsuchender also nicht in einer größeren Stadt wohnen, in der die Wahrscheinlichkeit höher ist, noch einzelne Bäcker zu finden, die ihr Handwerk in erster Linie am Geschmack ausrichten, haben Sie es extrem schwer, ein geschmacklich gutes Brot zu finden. Zugegeben: Geschmack ist äußerst subjektiv. Aber zwischen unangenehm-fad, neutral und aromatisch liegen derartig große Welten, dass selbst meine damals einjährige Tochter bei einem kleinen Test schon mit 100%iger Treffsicherheit das aromatischste Brot griff.
Halten wir fest: Der selbst backende Deutsche ist in erster Linie auf der Suche nach Geschmack. Einem Geschmack vielleicht, den er noch aus Kindheitstagen zu kennen glaubt. Er ist nicht auf der Suche nach dem voluminösesten Brötchen, nicht auf der Suche nach dem billigsten Brot.
Das zweite Problem, das den Laien zum Selbstbacken treibt, ist das große Universum der Unverträglichkeiten. Und da spreche ich noch nicht einmal von der trendigen und in wenigen Fällen auch echten Glutenunverträglichkeit oder sogar Glutenallergie. Es geht um den Magen-Darm-Trakt, die Haut, die Atemwege und anderes mehr. Nicht alles lässt sich allein mit Brot erklären, aber vieles. Ein unfassbar großer Teil meiner Kursteilnehmer und Blogleser berichtet, dass ihre Beschwerden mit dem ersten eigenen Brot schlagartig beendet waren. Dass derartige Unverträglichkeiten von Jahr zu Jahr zunehmen, ist unbestritten.
Als überzeugter Naturwissenschaftler habe ich solche Äußerungen lange Zeit skeptisch zur Kenntnis genommen. Immerhin sind alle in Mehlen und Backwaren eingesetzten Hilfs- und Zusatzstoffe wissenschaftlich geprüft und als gesundheitlich unbedenklich zugelassen worden. Nur haben solche Zulassungsstudien ein ganz zentrales Problem: Sie können weder die Langzeitwirkung noch die mögliche Wechselwirkung verschiedener zugesetzter Stoffe und ihrer Abbauprodukte im menschlichen Organismus untersuchen, zumal Backwaren nicht die einzigen Lebensmittel mit derartigen Zusatzstoffen sind.
Erklärtes Ziel der meisten Hobbybäcker ist deshalb: Brotbacken mit naturbelassenen Zutaten, letztlich also nur Mehl, Salz, Wasser und ein Triebmittel – keine technischen Enzyme, keine extrahierten Emulgatoren, keine synthetischen Säuerungsmittel etc. pp. Eine kleinere Gruppe beschränkt sich dabei ganz bewusst auf alte oder seltene Getreidesorten, weil auch in den Hochleistungsgetreiden Potential für Unverträglichkeiten zu schlummern scheint.
Zugegeben: Ich male wieder Schwarz-Weiß. Eine nicht minder große Gruppe von Hobbybäckern bäckt mit all den Zutaten, Hilfs- und Zusatzstoffen, die auch in der heutigen Bäckerei Standard sind. Nicht wenige Hobbybäckerversandhäuser leben davon, Verbraucher mit der Landbrot- oder Pain Rustique-Backmischung, mit modernen Brötchenbackmitteln oder mit Fertigteigen für das schnelle und einfache Brotbacken zu begeistern. Ein Hobbybackerlebnis, das spätestens dann ins Wanken gerät, wenn der Laienbäcker merkt, dass er für das ausgegebene Geld sicher die doppelte Menge Brot oder Brötchen in vergleichbarer Qualität auch bei Aldi, Lidl & Co. hätte kaufen können.
Der Hobbybäckermarkt ist riesig und ein gespaltenes Wesen. Die einen machen nichts anderes als der klassische deutsche Bäckerbetrieb heute auch (Achtung: ich übertreibe!): Tüte auf und Wasser drauf. Die anderen verzichten darauf und machen sich mit viel Hintergrundwissen nur die Grundzutaten zu Nutze. Und natürlich gibt es auch die Zwischentöne. Allen gemeinsam ist aber, dass sie der Meinung sind, ihr Brot schmecke um Welten besser als das, was die Bäcker ihrer Gegend zum Kauf anbieten. Hobbybäcker backen aus ihrer Sicht das bessere Brot. Und diese Erkenntnis ist beachtlich.
Selbst in meinem kleinen erzgebirgischen Dorf, in dem ich wohne, das weit ab von allen Trends vor sich hin lebt, bäckt eine ungeahnte Anzahl von Menschen ihr eigenes Brot, weil weder die Dorfbäcker noch die Großbäcker mit ihren Filialen ein Brot zu backen in der Lage sind, das sie geschmacklich überzeugt. Ohne dass ich die folgende These mit Zahlen untermauern könnte, es ist vielmehr ein Eindruck, der bei meinen Reisen durch Deutschland und über die jährlich zehntausenden Rückmeldungen im Blog entstanden ist: Der Deutsche sehnt sich nach gutem, ehrlichem Brot. Nach Brot, von dem er weiß, wer es wo wie hergestellt hat. Er sehnt sich nach Brot mit Geschmack.
Diese Sehnsucht und Suche beschränkt sich nicht etwa auf eine kleine gesellschaftliche Gruppe, die ausreichend Zeit und Geld hat, einem solchen Hobby zu frönen. Da Brot nach wie vor ein Grundnahrungsmittel ist, sind alle Alters- und Berufsgruppen betroffen. In meine Kurse kommen Jugendliche, Erwachsene im besten Alter und Rentner ebenso wie Studenten, Arbeiter, Angestellte, Selbstständige oder Manager. Jeder von diesen Menschen, der einmal ein geschmacklich gutes Brot gebacken und gegessen hat, ist infiziert, kann kein Brot mehr genießen, das im Discounter, beim Industriebäcker, Großbäcker, aber oft auch in kleineren Betrieben hergestellt wird.
Einmal Hobbybäcker, immer Hobbybäcker? Ein professioneller Bäcker wird es schwer haben, einen Hobbybäcker von seinen Broten zu überzeugen, ihn als Kunden zu gewinnen. Und dennoch können Sie als Bäcker den Selbstback-Boom nutzen, um langfristig Kunden zu binden und neue Kunden für Ihre Backwaren zu begeistern.
Ich werde ein Ideal beschreiben, das sich aus meinen nunmehr sieben Jahren Erfahrung als Hobbybäcker und Kursleiter herauskristallisiert hat. Sieben Jahre, in denen ich zunehmend zwischen den Stühlen Ihrer Kunden und Ihnen selbst als gelernte Bäckermeister saß und noch immer sitze. Eine teils undankbare Situation, in der ich es weder der einen noch der anderen Seite immer Recht machen kann. Andererseits eine Situation, aus der heraus sich hervorragend zwischen Profi und Laie vermitteln lässt.
Was ist also das philosophische Idealbild einer modernen Bäckerei aus meiner Sicht?
Schwerpunkt Geschmack
Der Fokus sollte nicht auf Volumen, vollendeter Ästhetik und minimalem Materialeinsatz liegen, sondern auf Geschmack. Völlig egal, ob das Brot konventionell, biologisch, mit oder ohne Hilfs- und Zusatzstoffe hergestellt wurde. Wenn es einen eigenen, typischen und einzigartigen Charakter hat, ist mittelfristig eine breite Kundschaft gesichert. Qualität setzt sich immer durch. Die Arbeit mit Vor- und Sauerteigen, langer Teigreifung und speziellen Teigverarbeitungs- und bearbeitungsmethoden ist der Garant dafür. Absetzen von der Masse war schon immer des Unternehmers Glück.
Dazu eine kurze Anekdote, die mir kürzlich ein Landwirt erzählte. Nennen wir ihn Hans.
Hans liefert schon etliche Jahre Getreide an den befreundeten Bäcker, nennen wir ihn Fritz, der daraus Vollkornmehl und bei einem befreundeten Müller Auszugsmehl herstellt. Aus diesen Mehlen bäckt Hans ganz ohne Hilfs- und Zusatzstoffe Brot-, Klein- und Feingebäck. Tagein, tagaus kauft Hans bei Fritz seine hellen Brötchen und versucht sie auch seiner Verwandten, nennen wir sie Hanna, schmackhaft zu machen. Ihr Einwand: „Die sind mir zu klein und zu fest.“ Hanna war die Brötchen vom Großbäcker und Discounter gewöhnt. Monate später ist Hans bei Hanna zu Besuch und bemerkt, dass auf dem Tisch Fritz‘ Brötchen liegen. „Was ist los, Hanna. Ich dachte, Fritz‘ Brötchen sind nichts für dich?“ „Doch, natürlich, diese Dinger sind die einzigen, die noch schmecken!“
Ganzheitliches Backen
Ganzheitlichkeit hat nichts mit Esoterik zu tun. Dafür bin ich zu sehr Naturwissenschaftler. Ganzheitliches Backen heißt: Der Bäcker steht in der Verantwortung, über seine Backstube hinaus zu schauen. Er sollte seine Rohstoffe und ihre Geschichte kennen — sein Mehl und damit den Müller, sein Getreide und damit die Bauern, im besten Fall auch sein Saatgut und damit den Züchter. Tut er dies nicht, bäckt er ein weitgehend anonymes Brot, zu dem er und seine Mitarbeiter keinen Bezug haben.
Wie oft höre ich von Bäckern, aus Erfakreisen und Innungsgesprächen, dass die Mitarbeiter unmotiviert seien, dass sich eine allgemeine Müdigkeit über die Betriebe legt, sich Lethargie breit macht. Das ist kein bäckerspezifisches Phänomen, sondern ein Phänomen der gesamten Gesellschaft, das sich mit drei schlichten Worten zusammenfassen lässt: Höher, schneller, weiter. Wir haben vielfach die Wurzeln zu dem gekappt, was uns antreibt. Wachstum, auch im Bäckereiwesen, war in den letzten Jahrzehnten von Quantität bestimmt, Betriebsvergrößerungen, Erweiterung der Produktionskapazitäten und Vertriebswege — zu Lasten der Qualität. (Ich empfehle Ihnen hierfür den deutschen Kinofilm „Das Brot des Bäckers“ von 1976, Regie Erwin Keusch, von dem die Financial Times damals meinte: „Was Moby Dick für den Walfang ist, ist dieser Film fürs Brotbacken.“) Ein Bäckereibetrieb kann aber auch zu Gunsten der Qualität wachsen, ohne dass sich seine physische Größe ändern muss. Dazu gehören Gedanken über die Wertschöpfungskette vom Acker bis zum Kunden, Fragen zur Regionalität und nachhaltigen Wirtschaftsweise, das Erlernen neuer handwerklicher Fähigkeiten, beispielsweise um ganz ohne Hilfs- und Zusatzstoffe saisonale oder sortentypische Schwankungen der Rohstoffqualität ausgleichen zu können. Wenn Mitarbeiter durch inhaltlich-fachliches Wachstum des Unternehmens einen ganz konkreten, persönlichen Bezug zum Brot bekommen, wenn sie einen Sinn darin sehen, ein Brot mit Geschichte zu backen, wenn sie von ihrem Brot überzeugt sind, dafür leben und einstehen, eine Leidenschaft entwickeln, dafür brennen, so wie die vielen Hobbybäcker Blut geleckt haben, dann ist der Betrieb auch aus wirtschaftlicher und aus Kundensicht nachhaltiger aufgestellt als jene Betriebe, die Brot als Ware produzieren, aber nicht Brot backen.
Transparenz gegenüber Mitarbeitern und Kunden
Transparenz heißt: Der Kunde muss wissen dürfen, wie sein Brot hergestellt wird, welche Zutaten, Hilfs- und Zusatzstoffe enthalten sind, auch wenn sie nicht der gesetzlichen Deklarationspflicht unterliegen. Der Kunde muss auf fachliche Fragen von jedem Mitarbeiter eine sach- und fachkundige Antwort bekommen können. Er muss das berechtigte Gefühl haben, dass er nicht nur ein Brot kauft, sondern ein wertvolles Lebensmittel, in das vom Saatgut bis zum Backen Leidenschaft, Muße und Enthusiasmus des Bäckers geflossen sind.
Dazu braucht es Mitarbeiter, die Teil der Bäckerei und ihrer Philosophie sind. Sie sollten sich aus sich selbst heraus verantwortlich fühlen und ein sinnliches und fachliches Verständnis über die Arbeit ihrer Kollegen entwickeln. Der Teigmacher muss wissen, mit welchen Problemen der Ofenführer zu kämpfen hat und andersherum genauso.
Die Verkäufer müssen den Herstellungsprozess jeder einzelnen Brotsorte überblicken. Sie sind mindestens genauso wichtig für den Erfolg eines guten Brotes wie der Bäcker. Sie sind das Bindeglied zwischen Backstube und der Welt da draußen, die für Ihre Brote möglichst gutes Geld ausgeben soll. Jeder Verkäufer sollte regelmäßig in der Backstube mitarbeiten. Nur so kann er ein Brot authentisch und fachkundig verkaufen.
Ehrlichkeit dem Kunden gegenüber heißt nicht, ihm etwas zu verschleiern, sondern offen mit Problemen und Fragen in der Produktion umzugehen. Hier sind wieder die Verkäufer gefragt. Ist beispielsweise der Einsatz von technischen Enzymen aus Bäckersicht unabdingbar, sollte der Kunde eingebunden werden. Toleriert er den Einsatz von Enzymen aus in der Regel gentechnisch veränderten Pilzkulturen der Frischhaltung und Rösche zuliebe oder verzichtet er gern darauf, wenn er um die Umstände ihrer Herstellung wüsste? Erst wenn der Kunde weiß, was er kauft, kann er sich bewusst dafür oder dagegen entscheiden. Bäcker, die transparent und kommunikativ arbeiten, werden in der Kundengunst letztlich gewinnen.
Ein Ideal zu erreichen, ist fast ein Ding der Unmöglichkeit, aber sich einem Ideal anzunähern, eine machbare Aufgabe.
Sehen Sie in Hobbybäckern eine ernste Gefahr für Ihr Geschäft? Glauben Sie, dass ich mit meinem Blog und meinen Kursen Menschen von Ihrer Brottheke locke und zum Selbstbacken animiere?
Weit gefehlt. Hobbybäcker sind Ihre besten Kunden. Denn es sind aufgeklärte, mündige, wissende und leidenschaftliche Kunden, die Ihre Brotqualität viel kritischer, konstruktiver beurteilen können und gleichzeitig bereit sind, einen deutlich höheren Preis für gutes Brot zu zahlen als der klassische Supermarkteinkäufer.
Das Beste, was Sie für die Kundenbindung tun können: Erziehen Sie Ihre Kunden zu Hobbybäckern. Veranstalten Sie Backkurse, geben Sie ab und zu verständliche Rezepte an die Kundschaft weiter, bieten Sie praktische Führungen durch die Bäckerei an, und wenn es einmal im Jahr ist.
Jeder Brotkäufer, der einmal versucht hat, selbst ein Brot zu backen, und dann vielleicht noch unter Anleitung des Bäckermeisters, wird den Aufwand und den Wert des Brotbackens mit ganz anderen Augen betrachten und bereit sein, für ein gutes Brot auch einen guten Preis zu zahlen.
Spielen Sie mit offenen Karten. Wenn Sie Backmittel einsetzen, müssen Sie in der Lage sein, Ihren Kunden zu erklären, weshalb Sie genau diese Backmittel einsetzen, wie sie zusammengesetzt sind und was passieren würde, wenn nicht mehr damit gebacken würde.
Wenn der Kunde das Gefühl bekommt, der Bäcker und seine Mitarbeiter binden ihn ernsthaft und nicht nur aus Marketinggründen ein, lassen ihn teilhaben, dann wird er nicht nur ein treuer Kunde bleiben, sondern weitere Kundschaft mitbringen.
All das interessiert den Kunden gar nicht? Dann wird es Zeit, in Ihren Kunden Interesse zu wecken, Leidenschaft fürs Brot zu entfachen. Vor acht Jahren hätten Sie mich Scheibenbrot aus dem Supermarkt und Brötchen aus dem (Auf-) Backshop essen sehen können. Erst das Selbstbacken hat mir klar gemacht, welch hoher Kunst es bedarf, ein vernünftiges Brot zu backen. Ich und sicher auch meine zehntausenden Blogleser und Buchkäufer ziehen ihren Hut vor jedem gescheiten Bäcker und unterstützen ihn nach Kräften durch Empfehlungen und eigene Käufe. Warum sollte dieser Sprung in der eigenen Ernährungsbiografie nicht auch bei Ihren Kunden möglich sein? Grundvoraussetzung dafür ist Ihr Engagement, Ihre ehrliche Leidenschaft für gutes Brot.
Momentan wächst eine ganz neue Generation von jungen Menschen heran. Kritisch, offen, konstruktiv, politisch und sensibel in Sachen Ernährung. Im besten Sinne informierte, mündige Verbraucher, oder, wie ich finde, passender, sich bewusst ernährende Menschen. Ihr kritischer Umgang mit Lebensmitteln, ihre Fragen nach dem „Warum?“ in vielen Bereichen der Lebensmittelherstellung strahlen nicht nur auf Gleichaltrige ab, sondern auch auf die Elterngeneration. Das Selbstmachen ist in, weil nur dann ganz sicher zu sein scheint, was drin steckt.
Als Bäcker haben Sie über kurz oder lang die Wahl: Schwimmen Sie mit der Masse Ihrer Kollegen, der Discounter, Backshops und Industriebäcker und setzen auf Quantität und niedrige Preise? Oder setzen Sie besser auf Qualität in jeder Hinsicht und backen wertvolles Brot? Dieser zweite Weg ist der persönlich härtere, mental anstrengendere Weg, aber nach meiner Prognose der einzige Weg, das Bäckerhandwerk am Leben zu erhalten.
Wenn ich keine Brotbackkurse für Ihre potentiellen Bäckerkunden mehr geben muss, dann haben Sie sich für die richtige Zukunft des deutschen Brotes entschieden!
Vielen Dank für Ihre Geduld mit mir und meinen Worten!
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Wer seine Quellen angibt, schätzt die Arbeit Anderer wert. Ich habe in diesen Blog über zehn Jahre lang eine Menge Zeit, Kraft und Geist investiert und tue es immer noch. Deshalb bitte ich dich, bei jeder öffentlichen Nutzung meiner Ideen, Rezepte und Texte immer die konkrete Quelle anzugeben. Willst du auf dem Laufenden bleiben, dann abonniere gern meinen kostenlosen Newsletter. Möchtest du meine Arbeit am Blog unterstützen, dann freue ich mich auf DEINE HILFE.
Aktualisiert am 31. Januar 2015 |
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Gustl
1. März 2023 um 19:38
Hallo Gandalf,
das werden wohl echt aussehende Ausstellungsstücke aus Kunststoff sein.
Gandalf
1. März 2023 um 10:24
Vor einiger Zeit stand ich vor dem Schaukasten beim Bäcker und schaute mir die Brötchen an. War verblüfft die sahen alle genau gleich aus, wie Zahnräder neben einander gestellt. Also so Strg Coppi. Dachte eigentlich Lebensmittel sind was Lebendiges. Also mich hat das leicht erschüttert.
Heiner Wiegel
9. September 2022 um 14:58
Das Wort „Profi“ wird in meinen Augen oft missverstanden. Der Profi macht nicht unbedingt das beste Produkt. Der Profi zeichnet sich dadurch aus, dass er seinen Lebensunterhalt verdient mit einer Tätigkeit. Zu diesem Zweck muss er sicher auch eine gewisse Qualität liefern. Aber in erster Linie muss er effizient sein. Manchmal kann auch schummeln helfen. Er steht dabei nicht in Konkurrenz zum Hobbyisten. Du kannst Dich auch nicht vergleichen mit einem Hobbygeologen, der in irgendeiner Grube etwas findet, was Du vielleicht übersiehst. Er hat vielleicht einfach mehr Zeit und weniger Druck. Ein Bäcker muss Geld verdienen und am meisten Geld verdient er, wenn er Produkte von geringem Wert für viel Geld verkauft. Dann hat er irgendwann soviel Geld, dass er den Betrieb seines Nachbarbäcker auch noch kaufen kann. Viele Bäcker backen gutes Brot und verdienen nicht mehr, als sie zum Lebensunterhalt brauchen. Da ist ein Stück Idealismus dabei und einfach noch etwas von der Liebe zum Brot, die vielleicht ausschlaggebend für die Berufswahl war. In vielen Regionen Deutschlands kann man das noch antreffen.
Marcus
10. August 2021 um 23:50
Hi Lutz, hallo Gemeinde,
habe gerade eine tolle Doku zum Thema Bäcker- und Industriebrot gesehen, die ich Euch nicht vorenthalten möchte:
Titel: aus der Reihe „45 Min“
Untertitel: „Unser Brot: Handwerk oder Massenware?“
Link: https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/45_min/Unser-Brot-Handwerk-oder-Massenware,sendung957628.html
Brotbacken fetzt einfach – Danke Lutz und danke an alle hier, die diese Leidenschaft teilen!!
Thomas M. aus E.
11. August 2021 um 09:21
Moin Marcus. Ja, tolle Sendung. Diese und weitere Fernsehsendungen werden aktuell regelmäßig im Newsletter unseres Lutz verlinkt. Liebe Grüße aus SH. Thomas
Marcus
19. August 2021 um 23:36
Ja Moin Thomas,
dann sollte ich die Newsletter wohl mal besser vollständig durcharbeiten.
Danke Dir für den Hinweis!
Und zum Thema kleine Bäcker und Ketten: Ich bin da ehrlich gesagt überhaupt nicht sicher, welcher Bäcker oder Kette welche Zutaten einsetzt. Und solange eingesetzte Zusatzstoffe nach dem Gesetz nicht aufgelistet werden müssen, die nach dem Backen angeblich „nicht mehr im Produkt aktiv“ sind, traue ich niemandem. Denn dann muss ich auch befürchten, dass meine Frage danach nicht ehrlich beantwortet wird.
Früher habe ich hier in Berlin gern bei einer kleinen lokalen Kette gekauft – aber ich bin mir inzwischen wirklich nicht mehr sicher, da ich nicht genau weiß, was drin ist. Also kann ich mir zwischendurch auch gleich ein günstiges Brot im Supermarkt holen, wenn es in den Sommermonaten zu warm zum Backen oder einfach keine Zeit ist.
Das sehe ich auch bei den Bio-Produkten ähnlich: solange nur mit irgendwelchen Zertifikaten gewedelt und letztlich der Verbraucher doch immer irgendwie betrogen wird, warum soll ich dann für das Greenwashing mehr zahlen? Da muss einfach mehr Transparenz rein und bessere Optionen, Vertrauen aufzubauen….Und da könnte der Gesetzgeber sicher auch eine Menge mehr unternehmen – denn dafür wählen wir und zahlen Steuern! Viele der einfach umsetzbaren Erweiterungen zu den Lebensmittelvorgaben werden einfach nicht durchgeführt. Und viele der überholten alten Regeln werden nicht verbessert. Ich bin sehr für mehr Öko und Bio – aber dann soll es auch stimmen und nicht nur für den einen Tag, an dem das „Label“ mal geprüft wird. Dann zahl ich gern einen Taler drauf.
Bitte nicht falsch verstehen: wenn es geht und auch der Unterschied nicht beim zwei bis dreifachen liegt, dann nehm ich auch gern das Bio-Produkt. Aber insgesamt ist mir da noch zu viel Schmu im System und das muss sich einfach ändern- in den Köpfen, bei den Firmen, beim Gesetzgeber und dann könnten wir so viel mehr erreichen für uns alle.
beste Grüße
Marcus
Manny
23. März 2021 um 20:46
Hallo Peter,
da hast aber ordentlich in die Tasten gehauen.:-)
Letztlich ein interessanter Beitrag.
Das Thema der leidenden Mittelstands Bäckereien kann ich nur eingeschränkt teilen.
Es gibt leider nur einige wenige die dieses Handwerk ehrlich betreiben. Zu gern werden technische Enzyme eingesetzt.
Ein Gegenbeispiel sind u.a. die „freien Bäcker“.
Erfreulicherweise befindet sich eine, zwei solcher Bäcker in unserer Nähe. Diese unterstütze ich gern.
Peter K.
26. Mai 2021 um 22:12
Die hier offenbar allgemein geteilte Vorstellung vom „kleinen“ Handwerksbäcker um die Ecke, der „ehrliches“ Handwerk betreibt und ohne chemische Scheisse nach alter Väter Sitte backt und einen mörderischen Kampf gegen fiese, kapitalistische, klimafeindliche usw Ketten kämpfen tut – die kann ich nicht teilen. Ich halte das vielmehr für Romantik, dh eine Vorstellung, die der Realität nicht entspricht. Man kann auch „postfaktisch“ dazu sagen. Ich habe – in meinem früheren Beruf als Anwalt – sowohl die hier so angehimmelten „kleinen Handwerker“ ebenso kennengelernt, wie die regionalen Ketten und mein Eindruck sieht so aus:
Die regionalen Ketten entstammen regelmässig traditionellen Bäckerfamilien, von denen es aber ein Inhaber und seine Abkömmlinge irgendwann gerafft haben, was die Zeichen der Zeit sind und sich der Expansion gestellt haben. Dort wird durchaus im hier vertretenen Sinne „gutes Brot“ gebacken, ein freiwilliger Verzicht auf Zusätze wird oftmals in der intensiven Werbung propagiert und auch eingehalten. Die Konkurrenz schläft nicht und ein Nachweis verschwiegener Zusätze wäre tödlich. Die Inhaber dieser regionalen Ketten sind ebenso leidenschaftliche Bäcker wie Lutz und betreiben ihr Gewerbe auch ebenso rational. Bei den regionalen Ketten wird auch handwerklich gebacken, was ich oftmals „in Augenschein“ nehmen durfte, nur eben im großen Stil. Dort arbeitet man auf hohem Niveau und im Betrieb ist eine Menge an Fachkompetenz versammelt – dort gibt es nicht nur einen, sondern meist 1/2 Dutzend Bäckermeister.
Die kleinen Krauter dagegen sind mir sowohl als Anwalt, als auch als Kunde weniger vertrauenswürdig vorgekommen. Sie sind „tricky“. In den rechtsberatenden Berufen spricht man vom „BMW-Mandant“: Bäcker – Metzger- Wirte. Sie sind enorm anspruchsvoll, zahlen ihre Rechnungen nur nach mehrmaliger persönlicher Mahnung und endlosem feilschen und auf ihre Aussagen „zur Sache“ kann man sich nie verlassen. Als Anwalt mochte ich diese „BMW-Mandanten“ überhaupt nicht und als Kunde habe ich auch seit meiner Jugend keine zufriedenstellende Qualität mehr bei den „kleinen Krautern“ gefunden. Bevor ich angefangen habe, selbst zu backen, habe ich nur noch bei regionalen Ketten gekauft, die „kleinen Krauter“ links liegen lassen.
Es hat schon seinen Grund, warum es Unternehmen gibt – Benjamin Choase hat das in den 1930er Jahren mal theoretisch erfasst in seinem Begriff der „Transaktionskosten“, für den er Jahrzehnte später sogar den Nobelpreis bekam: jedwede Leistung kann auch individuell erreicht werden – aber mit hohen Nebenkosten, die durch den Zusammenschluß dieser Leistungen in „Betrieben“ eingespart werden. Und das ist der eigentliche Grund für die „Akkumulation des Kapitals“.
In den regionalen Ketten treffen hohe handwerkliche und betriebswirtschaftliche Kompetenz zusammen mit einer Anbindung an die regionalen Konsumgewohnheiten.
Bei den kleinen Krautern dagegen kann man schon an der handwerklichen Kompetenz oftmals zweifeln, betriebswirtschaftliche Kompetenz fehlt idR völlig und das „Marketing“ beschränkt sich auf die unmittelbare Nachbarschaft.
Von den „Neuen Bäckern“ habe ich keine Ahnung und werde wohl auch keine bekommen. Ich habe nicht umsonst angefangen, mir „mein Brot“ selbst zu backen.
Peter K.
23. März 2021 um 19:10
Vor knapp ½ Jahr habe ich hier schonmal Stellung genommen, was zu einer kleinen Diskussion über die wirtschaftliche Seite der Eigenbrötlerei geführt hatte. Was das ursprüngliche Thema angeht, sehe ich mich eigentlich auf der Seite des mainstreams auf dem plötzblog: der Eigenbrötler backt „sein“ Brot, das oftmals sicher nicht „perfekt“ ist, mit einigen „Brotfehlern“ garniert, aber eben genauso ausgebaut, wie es der jeweilige Hersteller-Konsument auch haben will.
Den Weinheimer Vortragstext von Lutz kann man vielleicht so zusammenfassen, daß die Hobbybäckerei genau aus diesem Grund für die gewerblichen Bäcker eine Chance ist, zu erkennen, was die Konsumenten wirklich haben wollen, was „ihr“ Brot ist, das sie gerne essen möchten, aber weder beim Handwerksbäcker um die Ecke, noch beim Bio-Bäcker und erst recht nicht beim Discounter bekommen können. Negativ formuliert: die boomende Hobbybäckerei zeigt der gewerblichen Bäckerei, was sie falsch macht.
Der plötzblog ist nicht nur ein Forum für Hobbybäcker und sonstige Eigenbrötler, sondern auch eine Veranstaltung der Marktforschung. Lutz beobachtet hier, welche seiner unzähligen Rezepte „ankommen“ und welche ein Schattendasein fristen, worauf es den Hobbybäckern ankommt. Bei den Kursen bekommt er dieses feedback noch viel unmittelbarer und die Informationen, die er sammelt, gibt er als Berater für kleine und mittelständige Bäckereien ja auch weiter. Und das ist auch ganz gut so – es haben alle Beteiligten was davon, eine Hand wäscht die andere. So funktioniert Wirtschaft und so entsteht Fortschritt. Auch die Hobbybäcker haben was davon: eine wohlgestaltete website mit derart vielen ausführlichen Rezepten, Informationen, Hilfestellungen und Tipps zum Brotbacken zu unterhalten, wäre ansonsten garnicht möglich.
Gerade auch für die kleinen gewerblichen Bäckereien, für die Lutz so gerne eine Lanze bricht, ist professionelle Marktforschung wirtschaftlich nicht zu stemmen. Man richtet sich nach Umsatzzahlen und Traditionen. Ich selbst gehörte während meiner Berufstätigkeit als Anwalt auch mal zum Beraterstab einer mittelständischen Bäckerei (damals ca. 400 Beschäftigte, ca. 60 Verkaufsstellen) und war oft Testesser gewesen. Aber das ist eine ziemlich dilletantische Form der Marktforschung.
Der Vortrag wurde 2015 gehalten. Damals war die Welt noch halbwegs in Ordnung, auch der von mir wahrgenommene enorme Preisanstieg für die von mir bevorzugten Roggenbrote fing gerade erst an. Heute schreiben wir 2021 und haben 1 Jahr Corona-Krise hinter uns. Für mich selbst war der Ausbruch dieser Krise ja die letzte Motivation gewesen, das Brotbacken zu erlernen – der Unsicherheit für das tägliche Brot wegen. Ich war nicht der Einzige, den solche Ängste plagten. Im 2. Quartal 2020 gab es nirgendwo mehr Mehl, es waren insofern Zustände wie im Sozialismus. Auch Hefe gab es keine – was übrigens der schnöde Grund für mich gewesen war, meinen eigenen Sauerteig aufzuzüchten, den ich heute heiß und innig liebe und der in meinem Umfeld schon Ableger geschlagen hat. Das Mehl dafür hatte ich bei Amazon gekauft, im 10-kg-Karton von einer Mühle in Rheinland-Pfalz nach Sachsen schicken lassen. Und als es ab dem 3. Quartal 2020 wieder Mehl im Supermarkt gab, habe ich das auch mal probiert und es bäckt sich genauso gut.
Das Mehlangebot im Supermarkt ist seit Mitte 2020 schier explodiert. Letzte Woche habe ich mal Dinkelvollkornmehl bei Aldi gekauft, für die „Dinkel-Hinkel“ vom plötzblog, die ich unlängst mit was anderem ausprobiert hatte. Es gibt bei Aldi (Nord) inzwischen Dinkel 630, 1050 und Vollkorn, dazu ein Weizenmehl niedriger Typenzahl (backen mit Weizen habe ich mir noch nicht wirklich erschlossen) und diverse Backmischungen. 2 Regalmeter Mehl bei Aldi, das Weizenmehl liegt auf der Palette – vor Corona gab es grade mal ein paar Tüten Weizenmehl zum Kuchenbacken mit Backpulver.
Ob Hobbybäcker das bessere oder billigere Brot backen, darüber wurde hier schon eifrig diskutiert. Aber eines ist offensichtlich: „Der Hobbybäcker“ ist durch die Corona-Krise zu einem der größten Brothersteller in diesem Lande geworden. Ich war nicht der einzige, der im Frühjahr 2020 mit dem Brotbacken begonnen hat und ich bin überzeugt, auch Lutz wird es an dem „traffic“ seiner Websites , seinen Kursanmeldungen und den Bestellungen seiner Bücher registriert haben, daß die Zahl der „Hobbybäcker“ enorm zugenommen hat.
Jedes Brot, daß wir zuhause backen, kaufen wir nicht woanders. Offenbar Millionen sind wie ich selbst durch die Corona-Krise zum Brotbacken gekommen – vorzüglich sicher die Leute, die sowieso gerne in der Küche stehen, leidenschaftliche Köche, die ohnehin mit dem Brotbacken hie und da geliebäugelt hatten, hohe Ansprüche an die Qualität ihrer Lebensmittel stellen. Es sind genau diejenigen, die um SB-Backstationen und Discounter schon immer einen Bogen gemacht haben, und die jetzt, wo man in einem richtigen Ekelwinter mit der Maske vorm Mund draussen vor der Tür viertelstundenlang im Schneeregen warten mußte, bis man endlich in den Verkaufsraum „seines“ Bäckers eintreten durfte – erkannt haben, daß es zuhause ein Brot geben kann, das zwar nicht „perfekt“ ist, aber die eigenen Bedürfnisse viel besser trifft, als das vom ehemaligen Stammbäcker. Und genau diese Leute – „wie Du und ich hier im plötzblog“ – werden nie mehr zum „Handwerksbäcker um die Ecke“ zurückkehren, sich immer mehr Brotbackbücher von Lutz kaufen, seine Kurse buchen und sich eifrig auf den Mehl-sites im Netz herumtreiben und „Backfreunde“ finden, solange sie noch ihre Teiglinge mit dem Rollator zum Backofen gekarrt bekommen.
Das ist kulturhistorisch gesehen ein „back to the roots“. Auf den kleinen Dörfern gab es früher keine Bäcker – es gab ein Backhaus mit einem großen Holzbackofen, der am Backtag angeheizt wurde und zu dem die Familien ihre zuhause gefertigten Teiglinge, Kuchen usw. auf dem Bollerwagen hin karrten. An den Backtagen traf sich das ganze Dorf, es war eine „soziale Angelegenheit“ und das „Backhausfest“ ist heute noch auf vielen Dörfern ein Höhepunkt des Festkalenders. Riesige Blechkuchen werden dann im historischen Holzofen gebacken, und auch Brote, die hohe Wertschätzung genießen. Vielleicht wird in diesen Zeitläuften auf manchen Dörfern der historische Backofen im Backhaus öfters angeheizt, als nur zum Backhausfest ? Sind der plötzblog und andere Brot-sites nicht auch irgendwo „virtuelle Backhäuser“, wo sich Backfreundschaften begründen, sogar Beziehungen, Lebenspartnerschaften unter Menschen, die durch die – mitunter recht junge – Leidenschaft zum Brot zusammengeführt werden ?
Aber alle diese selbstgebackenen Brote und ihre Liebhaber gehen der gewerblichen Bäckerei verloren – und zwar ausgerechnet demjenigen Teil, der Lutz zurecht so am Herzen liegt und sich – wenn auch nicht immer erfolgreich – darum bemüht, gutes Brot zu backen. Denn: Leute, für die Brot nur eine „Sättigungsbeilage“ ist, die bei McDoof um die „paddies“ und beim Dönermann um den Kebab gewickelt wird und mit der man die Currysosse an der Frittenbude bzw aus der Microwelle auftunkt, die kaufen ihr „Brot“ nach wie vor dort, wo es am billigsten ist. (Wobei es aber auch Dönermänner gibt, die ihr Brot selbst backen und deswegen auch hohen Zulauf haben, das nur nebenbei.)
Die handwerkliche und mittelständische Bäckerei wird – meiner Meinung nach – der großer Verlierer dieser aktuellen Entwicklungen sein. „Konkrete Zahlen“ kenne ich nicht, wird es auch jetzt noch nicht geben können. Die „Corona-Hilfen“ werden viele Betriebe jetzt noch über Wasser halten, die eigentlich schon tot sind – „Zombies“.
„Kammer mache nix – mussmer gugge zu!“
Christopher Seidel
19. November 2020 um 10:05
Super geschriebener und informativer Artikel :-). In diesen Blog werde ich mich noch richtig einlesen
Peter K.
7. Oktober 2020 um 19:05
Ich habe mich im Frühjahr 2020 entschlossen, zum Eigenbrötler zu werden – schlicht: weil mein Lieblingsbrot vom Bäcker: das 1-kg-Roggenbrot in den letzten 5 Jahren eine Preissteigerung um rund 100% erfahren hat. Von ca. 2 € sind wir inzwischen bei „3,99“ angekommen und es geht wahrscheinlich auch so weiter. Warum das so ist, weiß ich nicht und interessiert mich auch nicht wirklich. Für mich als „aufstockenden Frührentner“, also auf „HartzIV-Niveau“ lebend, ist das Brot zu einem „Teuerlebensmittel“ geworden. Wie auch beim Kaffee, Tee und Olivenöl (und noch so einigem anderen) gab es jede Woche ein kleines, schmerzhaftes Reissen im Geldbeutel, wenn der Gang zum Bäcker anstand. Die Corona-Krise hat mir dann den letzten Kick gegeben. Olivenöl kann ich nicht selbst machen – wenn ich heute ein Bäumchen pflanzen würde, wäre ich ca. 80 Jahre alt, wenn er zum ersten Mal tragen würde. Mit Kaffee und Tee ist es genauso – aber Brot selbst backen kann eigentlich jeder lernen, auch wenn es – wie bei mir – rund 1/2 Jahr gedauert hat, bis ich den Bogen raus hatte, zuverlässig „genussfähige“ Brote herstellen konnte. Das war aber durchaus eine spannende, lehrreiche Zeit gewesen, in der ich aber auch viel Freude „Sauerteig-Hobby“ gefunden habe. Es macht Laune und mein Brot ist heute wirklich besser für mich, als das vom Bäcker, weil ich es mir nach meinen Vorstellungen „ausbauen“ kann. Es ist auch nie ausverkauft, immer da und in solchen Krisenzeiten wie „Corona“ ist es auch irgendwie beruhigend, mit 10 kg Mehl im Schrank für ein Vierteljahr das „täglich Brot“ sicher zu haben. Das hat ja nicht nur mich zum Hobbybäcker werden lassen. Und last not least: Brotbacken ist ein Hobby, das kein Geld kostet, wie die meisten anderen Hobbys, sondern eines, das Geld einspart: nämlich rund 2 € pro Kilo Roggenbrot. Ein schmerzhaftes Reissen weniger im Geldbeutel jede Woche …
Sascha L.
9. Oktober 2020 um 13:28
Hallo Peter,
schön dass das Brotbacken zu deiner Leidenschaft geworden ist. Das mit dem Geld ist aber eine Milchmädchenrechnung. Reparatur der Küchenmaschine, Anschaffung von Maschinen, Werkzeugen und Zutaten, zig mal die teigverklebten Hände waschen, Backbleche usw. abwaschen, Geschirr waschen, wie viel Wasser dadurch drauf geht, Heizkosten (Backofen!), Energiekosten (Küchenmaschine! und kühle Teigführung im Kühlschrank, Kochstücke herstellen, Malzbrühstücke herstellen usw.). Wenn man das alles berücksichtigt kommt man locker auf 3,99€! Und außerdem: wenn man in der Zeit in der man in der Küche steht und bäckt, den Geschirrspüler ein- und ausräumt, sich die Hände wäscht, die Küche wieder aufräumt usw., in dergleichen Zeit einen Minijob ausüben würde hätte man die Einsparung von 2€ zehnmal wieder raus! Also, alles eine Milchmädchenrechnung aber trotzdem toll dass dich das Brotbacken so sehr begeistert. Als Frührentner wenn die Kinder aus dem Haus sind und kein Chef mehr auf dem Telefon mehr anruft, braucht man ja irgendeinen sinnvollen oder sinnlosen Zeitvertreib…..bitte nicht übel nehmen 😉
VG, Sascha
Peter K.
27. Dezember 2020 um 20:55
Ich halte Saschas Katalog der „Backnebenkosten“ für eine polemische Fiktion. Meine einzigen Anschaffungen waren ein „großer“ Mini-Backofen und ein Backstein, zusammen ca. 150€. Eine Knetmaschine habe und vermisse ich nicht – von Hand zu kneten ist manchmal beschwerlich, aber vermittelt einem ein unmittelbares, haptisches Teiggefühl und man spürt es alsbald buchstäblich in den Fingerspitzen, wann der Teig ausgeknetet ist. Als Gärkorb reicht mir ein Küchensieb mit einem stinknormalen, leicht bemehlten Geschirrtuch, mein Altbrot für’s Brühstück wird mit der Küchenreibe geraspelt. Der Wasserkocher braucht natürlich Strom für’s Brühstück – aber wenn man täglich ca 2,5 l Wasser für Tee und „Cappu“ erhitzt, dann fallen zusätzliche 0,1 – 0,2 l in der Woche für’s Brühstück und das Beschwaden ebensowenig ins Gewicht, wie der Mehrverbrauch vom Kühlschrank für eine gelegentliche kalte Gare, die noch nicht mal 5 Volumen-% meines normalen Kühlgutes ausmachen würde (ich habe bislang immer warm gegart) oder 2-3 x zusätzliches Händewaschen am Backtag. Für 1 kg Brot benötige ich im Schnitt ca. 750 g Mehl (der Rest ist Wasser). Weil ich mit Mehl aus dem Supermarkt backe, kosten mich 750g 1150er Roggenmehl ca. 1,13 €. Dinkel ist etwas teurer, aber die Mehlkosten dürften kaum 1,50 € erreichen. 0,25 l Wasser kosten mich 0,0011275 € (meine letzte NK-Abrechnung liegt grad vor mir). Das Wasser für den Teig kostet also bei 52 Broten im Jahr 0,05863 €. Da kann ich mir noch sehr oft die Hände und das Backgeschirr waschen, bis 1 € zusätzliche Wasserkosten pro Jahr für’s Brotbacken zusammenkommen. Und so könnte man jeden dieser furchtbaren „Kostenblöcke“ des Haushaltsbackens auf das reduzieren, was er ist: heiße Luft.
Die einzigen erheblichen Backnebenkosten (also zusätzlich zu den Zutaten) sind die Stromkosten des Backofens, die ich nicht quantifizieren kann. Ich kann aber ihre Dimension abschätzen: meine reinen Verbrauchskosten an Strom betragen aktuell ca. 150 € / Jahr, wobei nur 3 Monate mit Backofenbetrieb von der letzten Abrechnung umfasst sind. Das bedeutet, daß meine Stromkosten pro Woche bei etwa 3 € liegen: Kühlschrank, Herd, Wasserkocher, Beleuchtung … Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, daß 1 Backtag pro Woche mit ca. 1,5-2 h Backofenbetrieb (inkl. Vorheizen) mehr als 10% dieser 3 € ausmachen könnten. Ich schätze also die Energiekosten pro Brot auf maximal 0,30 €. Mit den maximal 1,50 € für Zutaten wären wir also bei ca. 1,80 €.
Betriebswirtschaftlich einzurechnen wären noch die Abschreibungen auf Backofen und Backstein. Ich setze diese mal vorsichtig mit 4 Jahren an, in denen ich rund 200 Brote backe. Die Abschreibungskosten betrügen demnach 0,75 €, insgesamt lägen die maximalen Kosten eines selbstgebackenen Brotes daher bei mir auf ca. € 2,55. Bei einem Brotpreis von „3,99“ beim Bäcker betrüge die betriebswirtschaftliche Ersparnis also „nur“ 1,44 € pro Brot und in 4 Jahren 288 €.
Dieser Betrag von 2,55 € je Brot liegt durchaus auch in den Dimensionen, die Lutz hier für viele seiner Rezepte als Kosten angibt und erscheint mir daher auch recht plausibel. Auch wenn ich zugebe, mich um 0,55 € verschätzt zu haben: den Schuh der „Milchmädchenrechnung“ ziehe ich mir nicht an und gebe ihn hiermit zurück: „Milchmädchen“ können sich nicht nur nach unten, sondern auch nach oben verrechnen. Und wenn wir gerade dabei sind: selbst Brot zu backen als „irgendeinen sinnvollen oder sinnlosen Zeitvertreib“ für Frührentner zu bezeichnen – das nehme ich durchaus übel und halte dergleichen für „total daneben“.
Selbstverständlich können die Kosten pro Brot nach oben „explodieren“, wenn man von der „Brotomanie“ erfasst wird und die Ansprüche an Ausrüstung und Zutaten immer weiter steigen, das Brotbacken zum „Hobby“ im engeren Wortsinne wird. Wer tausende für Kneter, Mühlen, Backofen – gar Holzbackofen im Garten – ausgibt, seinen Urlaub auf Backseminaren verbringt und Mehle verarbeitet, die 5 € oder mehr pro Kilo kosten, verbrennt betriebswirtschaftlich gesehen mit jedem Brot Geld, wie bei jedem „Hobby“. Doch auch der „brotomane“ Hobbybäcker kann immer noch jene „3,99“ pro Brot in Abzug bringen und für sich in Anspruch nehmen, ein verhältnismässig günstiges Hobby zu betreiben, daß ihn weitaus weniger Geld kostet, als Segelboote, Motorräder oder Fotosafaris im Hindukusch, die – betriebswirtschaftlich gesehen – überhaupt nichts einbringen ausser „Unkosten“.
Lässt man aber die Kirche im Dorf und beschränkt sich auf’s „Haushaltsbacken“ ist das selbst gebackene Brot auf jeden Fall günstiger, als das Brot vom Profi-Bäcker. Es braucht Zeit – die hat man, oder man hat sie nicht. Wenn einem nicht nur das Ergebnis, sondern auch der Herstellungsprozess Freude bereitet, „wie ein Hobby“, dann spielt die Zeit keine Rolle. Dem Zahnarzt, der am Wochenende für seine Freunde mit großer Freude ein 5-Gänge-Menue kocht, wirft man ja auch nicht vor, er hätte statt dessen besser noch 1 Tag in der Praxis drangehängt und seine Freunde besser ins Restaurant eingeladen !
Hugh – ich habe gesprochen !
Walter_R
27. Dezember 2020 um 23:33
Hallo Peter K.,
ich denke, die meisten Leser hier im Forum backen aus 2 Gründen:
1. weil sie ein gesundes, schmackhaftes Brot essen möchten und
2. weil für sie die Bäckerei ein Hobby ist, das Freude bereitet.
Und da spielen die Kosten in der Regel keine Rolle.
Jedes Hobby kostet Geld und das gibt man gerne aus.
Der Streit ist also völlig sinnlos.
Peter K.
1. Januar 2021 um 18:47
Hallo Walter R.,
ich bin vielleicht ein wenig über’s Ziel hinausgeschossen mit meiner Aufdröselung der Kosten – aber wie schon gesagt, die enorme Kostensteigerung beim Profi-Bäcker war – neben der jäh aufgetauchten Frage der Versorgungssicherheit – meine Grundmotivation, brotbacken zu erlernen. In meiner finanziellen Situation befinden sich nicht wenige Menschen in diesem unserem Lande. Im Grundsatz ist es also auch nicht verkehrt, diesen Aspekt mal zu beleuchten.
Aber ich wäre wohl kaum „dabei geblieben“, wenn mir das Backen keine Freude bereiten würde. Mein kleiner Backofen steht immer noch in der Stube meiner kleinen Einraumwohnung und am Backtag ist immer noch eine Stunde „Brot-gucken“ angesagt, am liebsten am Abend mit einem Glas Rotwein … Es braucht einige Zeit, bis man den Bogen raus hat – aber dann kann man sich „sein eigenes Brot“ genauso ausbauen, wie man es gerne haben möchte. Viele Rezepte hier erscheinen auch heute noch zu anspruchsvoll für mich – aber das wird sich das wahrscheinlich auch noch ändern …
Der Profi-Bäcker muß stets bemüht sein, den Publikumsgeschmack zu treffen – sein Brot ist daher immer ein Kompromiss, den der Haushaltsbäcker eben nicht einzugehen braucht.
Und gerade das ist das Schöne am „Eigenbrötlern“ !
Heidi, die II.
2. Januar 2021 um 01:00
Nun, Peter – wie weit man geht ist ohnehin eine ganz individuelle Sache, ob man wirklich das 10. Mehl aus der Familie des Weizengetreides holt oder es doch wieder vom Gelbweizen und Verwandten zurück auf den Konventionellen umstellt. 😉
Ob man tatsächlich unbedingt Manitoba oder Hartweizen braucht, ob man das „berühmte“ T65 extra für Baguette braucht oder eigentlichnur den Mehlrechner, der auch etwas in diese Richtung aus T550 und T 1050 mischt, das auch gut und brauchbar wäre – es ist auch eine Frage des eigenen Geschmacks (tatsächlich der eigenen Zunge).
„Der Profi-Bäcker muß stets bemüht sein, den Publikumsgeschmack zu treffen – sein Brot ist daher immer ein Kompromiss, den der Haushaltsbäcker eben nicht einzugehen braucht.“
Nun das lässt sich auch umgekehrt betrachten. ICH habe GENAU DAS Brot, das MIR vorschwebt, ganz frisch zu einem Zeitpunkt, der mir in den persönlichen Plan passt und in Variationen, die selbst mein Bäcker nicht anbietet. 😏
Mich haben vor Jahren meine Kinder überzeugt, dass sich der Stress (damals war es nicht unbedingt mein Hobby, wenn man voll ausgelastet im Beruf steht) tatsächlich lohnt – die Brotdosen waren plötzlich immer leer. Es wurde nichts mehr entsorgt und so manches Mal kam Einer stolz nach Hause und erzählte, dass er ein Schulbrot seiner Lehrerin gespendet hat, die neugierig auf die Bemme guckte. Ab und an wurde gefragt, ob es eine mehr sein darf für die Schule, damit auch die Lehrerin wieder ein Geschenk bekommen kann ☺️
Ich muss das alles jetzt eigentlich nicht mehr, aber solange ich Backstein und Gerätschaften noch „gestemmt“ bekomme, hat der Bäcker bei mir keine Chance. Denke schon jetzt mit Grausen an den Zeitpunkt, wenn es denn mal so weit sein wird.
So mancher Hobbybäcker ist zudem tatsächlich auch noch besser, als der Bäcker am Ort, der auch nur Fertigmischungen aufreißt und mit Wasser mengt. Nicht jeder Bäcker trägt seine Berufsbezeichnung mit besonderem Stolz.
Trotzdem ist das Alles nicht wirklich günstig. Für Keinen. Auch Kleinteile sind Geldwerte Anschaffungen.
Bei uns hier sind die Strompreise Deutschlands Spitzenreiter und das, wo das Lohngefälle gleichzeitig am Niedrigsten ist. Da stimmt Deine Rechnung schon mal gar nicht mehr und: wir als „Hobby-isten“ zahlen uns selbst keinerlei Ladenmiete, Personal- und Lohnkosten, usw., usf.
Die Nebenkosten machen das Produkt an sich doch erst teurer, als bei uns. Das kann man ganz einfach nicht miteinander vergleichen, insofern stimmt die Feststellung von der Milchmädchenrechnung schon ganz gut. Das sind die einzigen Posten, die wegen Nichtberechnung bei uns auch nicht anfallen.
Der Bäcker ist aber ein Dienstleister. Und was ist eine Dienstleistung?
Richtig – ein Dienst, den man SICH auch leisten können muss. 😎 😂
(Sagte schon mein Vater immer zu diesem Thema,)
Es macht wenig Sinn, das aufzurechnen, dann aber der Richtigkeit halber auch für sämtliche Kosten.
Der kleine Bäcker besitzt auch keine Coputergesteurte Produktionsstrecken und -hallen. So darf man es ruhig auch sehen, dann kann man auch versöhnlicher bleiben. In Deiner Situation ist die Haltung „selbst ist der Mann/ die Frau“ ganz sicher auf allen Gebieten lebensnotwendig. Das hat aber weniger mit dem Hobby an sich zu tun, sondern vielmer mit der notwendigen Erschließung von Sparpotentialen.
Bitter, ist aber so und auch genau so gewollt. (Bitte, lass uns das jetzt nicht politisch ausdiskutieren. Das wäre dann ein anderer Blog oder Forum).
Peter K.
1. Februar 2021 um 22:22
Hobby ist, wenn man – mitunter viel – Geld ausgibt um etwas herzustellen, was es auch – mitunter für lau – überall zu kaufen gibt. Ich mag „Hobby“ nicht und bezeichne mich lieber als „Haushaltsbäcker“. Wer sich einem Hobby verschreibt, der obliegt zunächst einmal der Verpflichtung, dafür Opfer zu bringen, (viel) Geld auszugeben. Damit wird dann auch eifrig geprotzt. Wer am meisten Geld ausgibt für das Hobby, den höchsten Aufwand betreibt, hat in gleichgesinnten Kreisen eine hohe Chance auf Anerkennung für sein Opfer, auch dann, wenn die Ergebnisse seines Tuns in keiner Relation zu seinem Aufwand stehen. Das scheinen mir tiefenpsychologische Phänomene zu sein. Der „Hobbybäcker“ legt eben Wert darauf, daß er ein Opfer dafür bringt, und kann es nicht verleiden, wenn man ihm vorhält, daß sein Tun eigentlich ökonomisch sehr vernünftig ist: kein Geld kostet, sondern Geld spart. Irgendwie braucht es der „Hobbybäcker“, daß schon sein „Bäckerleinen“ irrwitzige Beträge kostet – ein Tuch zum Geschirrtrocknen aus Leinen tut es auch, aber das Bäckerleinen kostet 20 € und das Trockentuch aus dem Supermarkt ja nicht mal ein Zehntel ! Und das ist nur der Anfang ! Am Ende steht der Hobbybäcker, der sich für 5-stellige Summen einen Holzbackofen im Garten hat bauen lassen, für dessen Befeuerung selbstverständlich nur karelische Buche infrage kommt, die er aus Finnland bezieht undsoweiter undsoweiter. Und wenn er dann noch all diese esotherischen Getreidesorten und 17 Vorteige verwendet – da kann dann ja wohl kein schlechtes Brot bei rauskommen, schlimmstenfalls ist es „richtig schön rustikal“.
Ich glaube, hier scheiden sich die Geister.
Walter_R
1. Februar 2021 um 23:10
Hallo Peter K.,
ich vermute, deine prekäre finanzielle Lage ist der Grund für deine bitteren Ausführungen. Das bedaure ich, aber deshalb lasse ich mir die Freude am Backen nicht vermiesen. Ich betreibe, wie viele hier im Forum, das Backen als Hobby. Andere aus wirtschaftlichen, gesundheitlichen, weltanschaulichen oder anderen Gründen.
Deshalb ohne viele Worte, denn mehr gibt es dazu nicht zu sagen:
Das Wort HOBBY kommt aus dem Englischen und stammt von hobby horse= Steckenpferd oder Liebhaberei.
Das Hobby ist ein Ausgleich zu einer Tagesarbeit. Diese freiwillig gewählte Freizeitbeschäftigung, wird mit einem gewissen Eifer und Leidenschaft mit hohem Einsatz betrieben. Diese Aktivität wird nicht der Bezahlung wegen, sondern aus Interesse und Freude an der Sache betrieben.
Sascha L.
11. April 2020 um 20:14
Lutz ist wieder der lebende Beweis dafür: Erfolg und berufliche Zufriedenheit braucht kein besonderes Talent, sondern nur Neugierde und Begeisterungsfähigkeit für ein bestimmtes Fach! Die Welt braucht kreative Quereinsteiger!!
Susanne
2. April 2020 um 15:23
Da haben wir ja sehr viel gemeinsam… Ich schreibe seit Jahren an meiner Doktorarbeit (slavistische Sprachwissenschaft) und habe auch recht schnell das Bedürfnis entwickelt, etwas mit meinen Händen zu machen, und vor allem: mit einem Ergebnis. Das Ergebnis des wissenschaftlichen Arbeitens sieht man ja oft erst nach sehr langer Zeit, Tage und Wochen vergehen, in denen man zwar von morgens bis abends arbeitet, aber nicht das Gefühl hat, auch nur einen Schritt weiter zu sein. Zudem bin ich, wie auch Du ganz offenbar, jemand, der sich dafür interessiert, wie Dinge gemacht werden und warum sie so sind, wie sie sind. So habe ich zuerst mit Buchbinden begonnen (logisch – von Büchern war ich ja die meiste Zeit umgeben; irgendwann habe ich mich dann gefragt, wie man so etwas wie ein Buch eigentlich macht und wie das Papier zwischen den Deckeln gehalten wird). Und so ging es dann weiter mit „klassischen“ Handarbeiten wie Häkeln und Nähen, und schließlich auch Brotbacken. Gekocht und (Kuchen) gebacken habe ich schon immer gerne, und wie Du schon schreibst: Da kann man das Ergebnis sogar essen! Danke für Deine Arbeit!
Tom H.
15. Januar 2019 um 22:36
Transparenz herrscht nur noch bei den wenigsten Bäckern. Viele Menschen waren echt erstaunt, als ich als Fachverkäufer umfassende Informationen bereitstellen konnte. Schade, dass es nur noch so wenige Handwerksbäcker gibt.
Meiner Meinung nach ist die Industrie am schlimmsten mit der Vertuschung der Zutaten und der Täuschung des Verbrauchers. So ist das zum Beispiel der Fall, wenn die Industrie auf den „Eiweißtrend“ aufspringt und plötzlich ein fachlich schlechtes Eiweißbrot anbietet.
Ich bin manchmal echt erstaunt was für absurde Zutaten in einem Brot enthalten sein können. Da muss sich – wie überall im Lebensmittelbereich – dringend etwas ändern!
Torsten
31. Januar 2019 um 14:37
Das Bewusstein für Lebensmittel im Allgemeinen und Brot im Besonderen sollte man nicht isoliert betrachten. Wir erleben seit Jahrzehnten eine schleichende Entkoppelung unserer Nahrungsmittel vom Ursprung (den Grundprodukten). Die Verantwortung hierfür tragen wir alle, denn letztlich entscheidet jeder Verbraucher mit seinem Kaufverhalten über den Erfolg oder Mißerfolg eines Produktes ==> Stichwort: Die Macht des Verbrauchers.
Ich habe Anfang der 80er Jahre Bäcker gelernt. Zu dieser Zeit war der Kauf von Brot im Supermarkt oder beim Discounter die absolute Ausnahme. Dies gilt übrigens auch für andere Lebensmittel z.B. Wurst- und Fleischwaren. Heute versorgen sich die meisten Verbraucher aus dem Komplettsortiment der Discounter. Dank einer gekonnten „Geiz ist Geil“ Diskussion lassen sich viele über die tatsächliche Qualität der Erzeugnisse hinwegtäuschen und orientieren sich leider am Preis. Das deutsche Bäckerhandwerk – um beim Thema zu bleiben – hat dieser Entwicklung nie wirklich – konzeptionell – etwas entgegengesetzt. So blieb und bleibt es einer Minderheit vorbehalten, den Wert von Lebensmitteln = Mitteln zum Leben! eben durch solche Blogs wie den von Lutz – herauszustellen und damit auch sinnstiftend zu wirken. Für mich persönlich geht es neben der Tatsache, dass ich ein im besten Sinne gutes Brot (unter der Verwendung nachhaltig produzierter Zutaten) essen möchte auch darum, die Tradition des Bäckerhandwerks als kulturellen Beitrag zu erhalten. Insofern begrüße ich es ausdrücklich, ein Teil dieser Brotbewegung zu sein und möglichst viele Mitbäckerinnen und Mitbäcker an meiner Seite wissen zu dürfen.
Peter
11. September 2018 um 10:54
Die Bäckerprobleme sind bekannt.
Die Auswahl der verschiedenen Backprodukte sind beim Profibäcker begrenzt. Beim Hobbybäcker grenzenlos.
Der Profibäcker muss von seinen Produkten leben. Der Hobbybäcker backt zu seiner Freude und sein Geschmack ist das Kriterium.. Dabei entwickelt sich sein Geschmack. Die meisten Hobbybäcker hinken mit dem Handling hinter den Profibäcker hinterher. Wer die Blogs von Lutz und Dietmar Kappl studiert erkennt, dass beide ein Spitzenniveau in der Bäckerlandschaft besitzen. Und es entwickelt sich noch weiter.
Es ist doch erstaunlich, dass ein Geologe den Profibäcker als Orientierung für geschmackvolle und noch preiswerte Brote ein Lehrmeister ist. Genau so ist
ein preisgekrönter Bäckermeister wie Dietmar bereit Anregungen von Hobbybäcker zu übernehmen und weiter zu entwickeln.
Ich habe inzwischen weit über 100 verschiedene Brote selber gebacken. Das machen nur wenige Profibäcker. Meinen Geschmack habe ich gefunden, der sich auch weiter spezifiziert hat. Ich schätze, ein Profibäcker mit der schnellemachefix Methode produziert sein eigenes Brot anders.
Ich denke die
obige Frage ist nicht pauschal zu beantworten. Auch unter Hobbybäcker ist ein tiefes Verständnis zum Gesamtprozess nicht immer ausgeprägt und bei Profibäcker die regionale Kenntnis mit Hang zur Alleinvertretung stark vertreten.
Letztlich entscheidet der Kundengeschmack über diese Frage. Frei nach Fontane „ein weites Feld“!
Onkel Tom
1. September 2018 um 00:52
Lieber Lutz,
ich kann deinen Ausführungen nur beipflichten.
Ich habe mir erst jetzt den angesprochenen Film: „Das Brot des Bäckers“ angeschaut.
Hier wird in schon fast weiser Voraussicht die Not der Bäcker gezeigt.
Diesen fast visionären Film sollte man sich wirklich geben.
Auch hier haben wir „alte, eingesessene“ Bäckereien aufsteigen, sich vergrößern und scheitern sehen.
Diese werden nun schmerzlich vermißt, man erinnert sich aber an die guten Backwaren der „alten“ Zeit.
Selbst mein Schwiegervater, seines Zeichens „Brotdoktor“, besser Dr. für Brotbacktechnologie, backt nun im Rentenalter
zu Dorffesten gutes, traditionelles Brot im Holzbackofen und dies mit viel Spaß und der Anerkenntnis der Brotkonsumenten.
Wir haben sehr oft einen regen Austausch, was die Teigführung u.ä. angeht.
Ich bin weder Bäckergeselle noch hätte ich jemals mit dem Backgewerbe zu tun gehabt.
Mittlerweile backe ich besseres Brot als der Herr Technologe…
Trotzdem würde ich nur ungern auf seine Tips verzichten und ich sehe, daß ihm meine Erfolge auch stolz machen.
Ich hatte auch schon die Ehre, in zwei Bäckereien eine Backnacht mitzumachen.
Ein wirklich anstrengendes aber auch bereicherndes Erlebnis.
Trotzdem für Jeden nur empfehlenswert….
Danke für dieses Statement und immer gut Back…
Tom
Lutz
5. September 2018 um 22:10
Danke dir Tom!
Cleo
12. Januar 2018 um 08:48
Hallo Lutz,
ich hatte im Deinem Plog ein Rezept von Dir von Böhmischen Knödeln gelesen und finde jetzt leider dieses Rezept dazu nicht mehr. Kannst Du mir bitte helfen?
Lutz
12. Januar 2018 um 16:05
Das hier?
Calle
13. Januar 2018 um 22:02
Lutz – Du machst Knödel?! Ich fasse es nicht.
Ich habe ein Knödeltrauma – sie gelingen mir n i e.
Sind immer nass und bedeutungslos.
Aber ich erinnere köstliche Knödel aus Tschechien – nur in Hamburg werden die nix, egal welches Großmutterrezept ich nehme.
Ich hatte es aufgegeben, aber jetzt bist Du mir ein neuer Ansporn.
Nur vorher will ich fragen: der klassische böhmische Knödel ist ja eigentlich der Serviettenknödel. Das hast Du abgehakt? Keine Serviette? Und wenn Du die so pur ins Wasser tust… könnte man sie dann nicht auch im Dampfgarer machen?
Grüße von Calle
Lutz
17. Januar 2018 um 16:05
Im Dampfgarer sollte das auch sehr gut funktionieren.
Anna
4. Januar 2017 um 15:34
Ich bin in einer Bäckerei aufgewachsen, ein kleiner Familienbetrieb mit jahrelanger Tradition. Inzwischen gibt es in meiner Gegend leider nur noch wenige Grossbäckereien und Brot aus dem Supermarkt. In der Schweiz wird in den grösseren Supermärkten hausgemachtes Brot angepriesen und man kann den Bäckern hinter der Theke beim Backen zusehen. Ein richtig gutes Brot habe ich dort trotzdem noch nie bekommen. Bisher konnte ich meinem Freund noch nie so richtig erklären, warum ich mich weigere das „hausgemachte Brot“ aus dem Supermarkt zu kaufen. „Was soll daran denn weniger gut sein als am Brot vom richtigen Bäcker? Sind doch beide selbstgemacht!“ Nach dem Lesen dieses Vortrags und deiner Bücher kann ich es endlich in Worte fassen und sogar wissenschaftlich begründen 😉 Das erste Brot, das an meine Erinnerung an den Geschmack von richtig gutem Brot heranreichte, habe ich mit Hilfe deines Buches „Brot backen in Perfektion“ selber gebacken und musste laut lachen beim Probieren, da ich die Hoffnung schon fast aufgegeben hatte. DANKE dafür!
Stefan
9. Dezember 2016 um 15:16
Hallo zusammen,
das ist ja schon seltsam, hier kann man keine Zeilenumbrüche eingeben.
So moag i aba ned schreibm.
Danlu
3. November 2016 um 00:00
Sehr beeindruckend lieber Lutz,
mein Kompliment zu diesem Vortrag voller Herzblut! Ich hoffe, dass den einen oder anderen Bäcker diese Leidenschaft wieder angesteckt hat. Kurz zur Frage, warum Menschen anfangen, wieder ihr eigenes Brot zu backen: Ich wurde von konventionellem Brot nicht mehr satt und hatte Schwangerschaftsdiabetes. Durch den Diabetes musste ich mich zwangsläufig mit der Zusammensetzung von Lebens-/Nahrungsmitteln beschäftigen. Hinzu kam, dass ich schlichtweg von dem „normalen“ Brot nicht mehr satt wurde. Mein Magen war voll, aber ich hatte immer das Gefühl es fehlt noch etwas. Ich hätte Unmengen essen können. Heute weiß ich, dass mein Körper nach bestimmten Vitaminen und Mineralstoffen lechzte. Heute weiß ich, dass frisch gemahlenes Vollkornmehl etwas gänzlich anderes ist als das gekaufte. Abgesehen von halbwegs gut gebackenem Brot. Bei uns gehört es mittlerweile zum Alltag, unser täglich Brot selbst zu backen. Unser Jüngster (3,5 Jahre) ist immer dabei, wenn ich Korn mahle und Brot backe. Er liebt es, die Körner und das frisch gemahlene Mehl zu kosten. Das Aroma ist unglaublich. Wenn in der kühlen Jahreszeit der Brotteig im Keller geht, duftet das halbe Haus danach. Wir werden mit sowenig Brot um soviel satter und leben definitiv gesünder. Wenn ich zwischendurch mal Brot kaufen muss, weil ich so gar keine Zeit zum Backen zu haben scheine, gibt es regelrechte Seufzer, wenn ich wieder dazu komme: „Endlich, ich konnte das Brot nicht mehr sehen. Deins schmeckt viel besser.“ (Unser Ältester, 8 Jahre). Wir kommen mit ca. 2/3 der Brotmenge im Vergleich zum konventionellen Brot aus und es schmeckt wesentlich besser. Ich denke, Selberbacken ist kein Trend. Ja, zugegeben, Brot zu kneten, hilft beim Nachdenken. Aber das ist nicht der Grund für’s Selbermachen. Man merkt, dass selbst gebackenes Brot gut tut. In jeder Hinsicht. Zurück zum Ursprünglichen, zum Wesentlichen. Und das nicht nur auf dem Papier, sondern so richtig „in echt“.
Meinem Bäcker habe ich gesagt, warum ich nicht mehr bei ihm kaufe. Aber er scheint sich nicht aus dem Druck des Marktes befreien zu können/zu wollen. Der Bio-Bäcker ist mir oftmals zu teuer und dafür trotzdem zu intransparent. Obwohl auch hier das Delta der Preise zwischen bio und konventionell zunehmend schrumpft. Tja, was soll machen… Selbst backen….
Conny
2. Oktober 2016 um 11:04
Lieber Lutz,
dein Beitrag hier hat mich sehr angesprochen. Auch ich habe 2008 mit dem Brot backen angefangen, zunächst, weil uns das ewig gleiche Brot der Bäcker nicht mehr geschmeckt hat. Aber tatsächlich gehöre ich auch zu den wenigen Prozent, die letztendlich backen, um etwas zu produzieren, einen Ausgleich zu einer sonst eher geistigen Tätigkeit zu schaffen. Da ist es dann oft egal, ob wirklich Zeit zum Backen da ist. Ich nehme sie mir. Und gerade eine lange Teigführung kommt mir da sehr zu Gute.
Ich stöbere immer gerne in Deinen Rezept und habe daraus viel gelernt, gehe ich doch sonst eher Freestyle an die Sache heran. Das widerspricht sicherlich Deiner sehr wissenschaftlichen Herangehensweise, die ich sehr bewundere.
Auch bei der Wahl meiner Küchenmaschine haben mir Deine Tests sehr geholfen. Nachdem mein 30 Jahre alter elektrischer Handrührer diese Woche kaputt gegangen ist, steht jetzt ein Major in meiner Küche und hat uns heute morgen schon zu sehr tollen Frühstücksbrötchen nach Deinem Rezept verholfen.
Was ich mit der Beschreibung meiner selbst nur möchte, ist Danke sagen. für Deine Informatione, Rezepte, Tips und alles. ? Danke
Conny
Hans-Peter Prüfer
14. September 2016 um 12:22
Ich erlaube mir einen sehr späten Kommentar … aus gegebenem Anlass, weil ich mir seit einiger Zeit Gedanken über das Selbstbacken von Brot mache.
Die Ursache ist trivial: Aus meiner Kinder- und Jugendzeit, die ziemlich viele Jahrzehnte zurückliegt, habe ich Brötchen in Erinnerung, die in etwa wie ein französisches Baguette waren, mit dicker krachender Kruste und einem stabilen, relativ grobporigen Innenleben. Die oft zitierten DDR-Brötchen, die ich kurz vor der Wende kennenlernen durfte, waren zwar ein netter Ersatz, kamen aber an dieses (keineswegs nur verklärte) Erlebnis nicht wirklich heran. Der Bäcker- und Konditormeister, der diese Brötchen gebacken hat (man konnte sie morgens in aller Frühe direkt an der Backstube kaufen), fertigte auch ein geniales Weizenmischbrot an … Der war seinerzeit auch keine Ausnahme, man konnte die Bäckereien am Geschmack der Brotsorten unterscheiden!
Sowas gibt es schon lange nicht mehr. Brötchen sind meistens Kunststoffschwämmchen ohne Geschmack. Ich fürchte allerdings, dass es doch zu einem großen Teil an der Kundschaft liegt. Schon seinerzeit wünschten sich ziemlich viele Kunden schön bleiche Brötchen (Reaktion des Bäckers: „Dann sollen sie doch den Teig roh essen.“) Die großen Luftnummern machen sich halt gut, und wenn man ein Brötchen sogar noch kauen muss – Gott bewahre! Ich gebe Lutz Recht, die Kundschaft sollte bewusster werden. Im Endeffekt ist das aber ein Umerziehungsprozess. Den können die Bäcker nicht bewirken, solange die überwiegende Mehrheit Massenware beim Discounter oder in der Verkaufstelle einer Großbäckerei erwirbt. Marktwirtschaft? Eine Lösung habe ich nicht.
Im Übrigen haben wir ein vergleichbares Elend bei den Metzgern, die auch sehr viel Massenware verkaufen, allerdings den Vorteil haben, den fleischverliebten Deutschen bessere Qualität zu gehobenen Preisen anbieten zu können. Brot wird dagegen nur als Begleitung, nicht aber als autonomes Lebensmittel wahrgenommen.
Die diversen Selbermacherbewegungen haben ganz gewiss ihre Berechtigung. Sie bleiben aber ein Minderheitenprogramm. Man kann einfach nicht alles selbst machen, da muss man schon die Produkte auswählen, bei denen der Leidensdruck am schlimmsten ist. Ich könnte hier genauso gut das zur Dutzendware verkommene Bier nennen (Hauptsache Bölkstoff).
Jetzt ist es bei aller Zustimmung doch eine leichte Frusttirade geworden. Für mich hoffe ich jedenfalls, dass ich eine Teilreproduktion meiner Geschmackserinnerung hinkriegen werde, so ein bisschen in der Art nach Marcel Proust.
Experimentierlustige Grüße
Hans-Peter
ps: Selbst ein simples Versuchsbrot aus einer Fertigbackmischung für Weißbrot (horribile dictu) ist schon deutlich besser geraten als der Kram von den Backwarenketten. Es besteht also durchaus Hoffnung.
Thorner
11. September 2016 um 13:02
Gesunde und bewusste Ernährung ist in meinen Augen der neue Trend der Zeit.
Brot ist eines der Grundnahrungsmittel in unserem Teil der Erde und wird an Bedeutung zunehmen. Interessant ist zu beobachten, dass die Erzeugung von Brot fast zu einem sozialen Thema wird. Von ausbeuterischer, chemischer Massenproduktion bis hin zu dem ganzheitlichen Designerbrot.
Die beiden exzellenten Brotbackbücher haben in Deutschland vielen Hobbybäckern den Schlüssel in eine spannende Welt des individuellen Brots gegeben: Der Beweis eines neuen Gesundheitstrends.
Bäcker sollten sich wie in diesem Vortrag beschrieben, ihrer neuen Rolle bewusst werden. Natürlich will die Mehrheit der Kunden besonders in Deutschland kein Geld für Qualitätbrot ausgeben. Ich glaube es fehlt noch eine wichtige Information über das bessere Brot. Die positiven gesundheitlichen Aspekte von besserem Brot sind leider noch nicht wirklich bekannt.
Ich würde Ihnen raten eine gute TV-Sendung über gesundes Brot zu machen. Das Thema kann sicher mehr als 30.000 Fans begeistern.
Hobbyköchin Claudia
13. April 2016 um 15:59
Liebe Brot back Gemeinde,
da auch ich mich schon lange mit dem Thema gesunde Ernährung und vorallem dem Brot selber backen beschäftige, freu ich mich wirklich sehr, das es doch so viele Menschen gibt, die Ihr Brot selber backen. Da auch ich viele Bekannte habe die dieses tun, und ich dort auch öfter probieren darf, kann ich also sagen, das die Hobbybäcker doch die besseren Bäcker sind :-). Bei jeden meiner Freunde schmeckt es hervorragend und es werden immer wieder neue Zutaten verwendet. Meine Empfehlung als Hobby Köchin und Hobby Bäckerin ist, die alte Braunhirse wieder zu entdecken. Dieses tolle Mehl oder auch Schrot ist extrem gesund und hat extrem viele Vitamine und Bestandsteile, welches andere Sorten so nicht haben. Viele Grüße in diese Runde sagt Claudia 🙂
Thomas M. aus E.
27. Mai 2015 um 19:49
Moin! Lesenswert! Anke Kähler von „Die Bäcker – Zeit für Geschmack“: An die Kunden, die Brot und Backwaren beim Discounter einkaufen http://www.huffingtonpost.de/anke-kaehler/broetchen-billig-discounter_b_7448688.html Gruß aus SH Thomas
Heinz-Ulrich Schwarz
16. März 2015 um 13:58
Was sagt denn der Ploetzblog zu #lidllohntnicht vom handwerksbrot.de?
Lutz
18. März 2015 um 07:52
Sinnvolle Initiative, insbesondere weil sie manchen internetaffinen Verbraucher (wenn auch vermutlich nur kurz) zum Nachdenken anregt, welche Folgen Discounterbrot haben kann, vielleicht nicht immer gesundheitlich, aber gesellschaftlich. Die Fleischer-/Metzgerhandwerker haben sich u.a. deswegen schon seit Jahren mehrheitlich in Luft aufgelöst, den Handwerksbäckern droht das gleiche Schicksal, wenn sie nicht aufpassen. Bäcker Richter schlägt humorvoll in die richtige Kerbe.
Britta
28. Februar 2015 um 08:20
Und nicht vergessen: Heute um 18:32 rbb anschauen.
‚ unser täglich Brot‘ interessiert doch alle Leser des Blogs9
Lutz
18. März 2015 um 15:24
Und zum Nachschauen geht es hier entlang.
petra
27. Februar 2015 um 16:45
Sehr guter Beitrag, Lutz! Die Gesichter der Backmittelhersteller hätte ich sehen wollen. Hoffentlich schmieden sie nicht an bösen Plänen…
Ich selbst fing an, Brot und Brötchen selbst zu backen, als ich erkrankt war: Rheumatoide Arthritis, eine Autoimmunerkrankung, die sehr weit verbreitet ist (wie auch Morbus Crohn u.a.). Bei meiner Suche nach Ursachen der Erkrankung fand ich immer wieder das Thema Ernährung – ganz besonders Backwaren, Zucker uvm. Doch weil immer mehr Menschen sich für diew Zusatzstoffe interessieren, werden Gesetze so geändert, daß immer weniger angegeben werden muß, was wirklich drin ist in unseren Lebensmitteln. Wie oft werden Äpfel, überhaupt Obst, Gemüse, Getreide gespritzt, bevor sie in den Supermarkt kommen? Erhalten wir wirklich unser Bio-Mehl oder ist es auch mit Schadstoffen behaftet, weil dieses Getreide nicht im geschützten Labor heranwächst?
Florian
24. Februar 2015 um 23:10
Toller Beitrag und klasse Vortrag! Wäre gern dabei gewesen 🙂
Würde mich interessieren wie die Reaktionen waren und ob viele auf Dich zugekommen sind danach.
Tom
21. Februar 2015 um 00:49
Hallo Lutz,
mir haben deine Ausführungen sehr gefallen und die Antwort auf die eigentliche Fragestellung mußte ich mir heute wieder selber geben.
Ja, Hobbybäcker backen zum Großteil wirklich besseres Brot.
Testkäufe in der Umgebung haben mich mal wieder in dieser Meinung bestätigt, leider…
Selbst Bäcker, welche ausweislich ihrer Homepage für das Handwerk plädieren, sind dem Abgott der Tüte verfallen.
Was bleibt ist ein ständiges Werben und auch Fordern für und von handwerklichem Backwerk.
Martin
17. Februar 2015 um 17:43
Es gibt auf jedenfall einen Markt für gutes Brot und es kann auch seinen Preis haben. Ein Bekannter von mir bäckt hin und wieder Brot in größeren Mengen (um die 40 stück) und verkauft es für ca 6€ (!) das Kilo. Selbst im Bioladen ist es nicht so teuer. Die Leute reißen es ihm trotzdem aus der Hand, obwohl wir hier nicht grade in einer Großstadt wohnen. Das zeigt, dass es sich für einen Bäcker oder der es werden will lohnt, mit eigener Note zu backen.
Andreas Kempa
13. Februar 2015 um 01:10
Großes Kompliment!
Danke Lutz für diese Rede und die Veröffentlichung hier. In dieser „lauter, weiter, höher, schneller, alles gleich-und-sofort“-Welt zeigst du auf, dass es auch anders geht. Hingabe, Geduld, Authentizität und ein hoher Anspruch an Qualität werden von dir eindrucksvoll vorgelebt.
Ich kenne auch keinen anderen Blog mit einem derart hohen Niveau in der Diskussion der Teilnehmer… Plötzblog ist pure Inspiration, nicht „nur“ für Hobbybäcker.
limette
9. Februar 2015 um 09:28
Interessant … kann man den Bäckersauerteig nicht durch kontinuierliches Weiterführen umzüchten? So wie es heißt, dass nach 5 x Weizenfütterung aus dem Roggensauer ein Weizensauer wird?
Sebastian Däuwel
10. Februar 2015 um 09:29
Machbar wäre dies bestimmt, aber es würde sicherlich einige Zeit dauern, bis die „Reinzuchtkulturen“ durch die „natürlichen Mikroorganismen“, die auf dem Getreidekorn sitzen, verdrängt werden. Die Reinzuchtkulturen sind ja so stark entwickelt, dass sie eben keine weiteren Lebewesen neben sich „zulassen“. Da wäre es einfacher, wenn der Bäcker sich ne ordentliche Portion „Sponti-Anstellgut“ vom Hobbybäcker besorgt. Mitsamt einer Erklärung, wie man diesen Sauerteig dann weiterführt 😉
Sebastian Däuwel
8. Februar 2015 um 15:35
Toller Vortrag. Es war bitter nötig, die „Profis“ mal ein bisschen wachzurütteln. Super auch von der Akademie, dass Dir der entsprechende Raum und die Zeit eingeräumt wurde.
Eine Sache möchte ich allerdings noch in die Diskussionsrunde werfen: Meines Erachtens wird leider eine Backzutat viel zu selten genannt. Und zwar die Wesentlichste. Der Sauerteig. Die Tüten, Backmischungen und kleinen Helferlein sind das eine. Da haben ganz bestimmt schon einige Bäcker verstanden, dass sie davon wegkommen müssen.
Aber ich habe mir zum „Hobby“ gemacht alle Bäcker, mit denen ich zusammen treffe, zu fragen, welchen Sauerteig sie eigentlich verwenden. Meistens wird man groß angeschaut und die selbstverständliche Antwort lautet: „Ja wir haben natürlich unseren eigenen Sauerteig“. Auf Nachfrage, was unter „eigen“ zu verstehen ist: „Ja den führen wir natürlich selbst“. Auf weitere Nachfrage, was sie da eigentlich genau führen, verstehen sie dann meistens worauf ich hinaus möchte… Und egal ob Bäcker aus Nord, West, Süddeutschland oder Österreich, alle, wirklich alle, mit denen ich bislang gesprochen habe, verwenden diesen einen bekannten Reinzuchtsauer aus der Nähe von Hannover. Ihr wisst wen ich meine… (hab jetzt keine Statistik zur Hand, aber ich schätze mal 90% der Bäcker setzen auf diesen einen Hersteller der Reinzuchtkulturen.)
Manche setzen nach 2 Wochen frisch an, andere nach 4 Wochen, die wenigsten nach 2 Monaten.
Auf meine Frage hin, wieso sie es nicht mal mit einem spontan vergorenen Sauerteig versuchen, höre ich meistens nur: „ja, nee in unserer Betriebsgröße geht das nicht.“ oder „das bekommen wir mit der Hygienie nicht hin“ oder „man braucht halt eine gewisse Gelinggarantie“.
Leider habe ich gerade vor 3 Tagen diese Aussagen wieder von einer ganz kleinen Bäckerei gehört, die nur eine einzige Verkaufsstelle hat. Die besagte Bäckerei setzt auf getrockneten Sauerteig.
Für mich persönlich gibt es keinen vergleichbaren Geruch eines spontan vergorenen Roggen- oder Weizensauerteiges. Meinen fertig geführten, flüssigen, hochaktiven Weizensauerteig halte ich regelmäßig Freunden und Bekannten unter die Nase um Ihnen mal zu zeigen, welche Aromenvielfalt da drin steckt und auch um Ihnen zu erklären, wie der Geschmack eigentlich ins Brot kommt. Da geht vielen ein Licht auf…
Beim Wein ist es doch aus so. Jahrelang wurden Reinzuchthefen eingesetzt und was ist passiert? Der Wein war austauschbar, vergleichbar, vereinheitlicht. Bitte nicht falsch verstehen, der Wein war gut, sehr gut sogar, aber eben austauschbar.
Seit einigen Jahren hat sich die „Sponti-Szene“ entwickelt, d.h. die Winzer setzen teilweise wieder gezielt auf spontane Gärung, d.h. Gärung mittels der wilden Hefen und Mikroorganismen, die auf der Traube von Natur aus sitzen. Und was ist passiert? Es entstehen eigene Weine mit eigenem Geschmack. Und zwar meistens mit verdammt gutem Geschmack.
Googelt mal nach „Lukas Krauß Schicksal Riesling“ und lest euch die Story dazu durch. Da macht ein junger Kerl die „ganze Weinwelt“ verrückt, nur weil er einfach mal den Wein zur Gärung ansetzt, links stehen lässt, und wenn dieser plötzlich aufgehört hat zu gären, den Wein einfach mal abfüllt. Verrückt, unkonventionell, aber warum nicht?
Ich schweife ab, zurück zum Brot:
Ich wünsche mir mehr Mut zu Sponti-Sauerteigen in den Backstuben. Wie kann es sein, dass wir eine führende Industrienation sind, es aber nicht schaffen, entsprechende Bedingungen für spontan vergorene Sauerteige zu schaffen? Wieso greifen so viele Bäcker auf Reinzuchtsauerteige oder getrocknete Sauerteige zurück? Was steckt in diesen Reinzuchtsauerteigen eigentlich genau drin? Wie werden diese hergestellt? Möchte ich diesen „Labor-Sauerteig“ in meinem Lebensmittel? Brauche ich das oder geht es auch anders?
Nun backe ich schon seit 3 Jahren mein eigenes Brot und habe ein Großteil meines Wissens bei Lutz und Schelli in diversen Backkursen gelernt. Was ich aber erst innerhalb des letzten Jahres gelernt habe (in Gesprächen mit „Profi-Bäckern“ und bei Besuchen von Bäckereien) und mir mittlerweile immer klarer wird:
Die Brote der Hobbybäcker schmecken nicht besser, weil sie mit Liebe gemacht sind oder weil der Teig vor dem Backen gestreichelt wird. Es liegt auch nicht am Mehl (naja, zum Teil schon…). Es liegt meines Erachtens einzig und allein daran, dass ein Hobbybäcker verdammt stolz auf seinen Sauerteig ist. Ein Sauerteig, den er entweder selbst angesetzt hat oder von Lutz/Schelli oder sonst einem befreundeten Hobbybäcker bekommen hat. Er würde niemals auf die Idee kommen, sein Brot mit einem Reinzuchtsauer aus der Schwarz-Gelben Packung anzusetzen.
Und dieser Sauerteig, auf den er so stolz ist, das ist nunmal ein spontan vergorener Sauerteig mit all seinen Mikroorganismen, die für das besondere Aroma und die eigene Charakteristik sorgen. Sicherlich, ein Sponti-Sauerteig aus Norddeutschland wird anders schmecken, als einer aus dem Süden der Republik. Aber er hat auf jedenfall ein anderes, volleres Aroma als der Standard-Bäcker-Sauerteig. Belegen kann ich das natürlich nicht. Es ist nur eine persönliche Vermutung. Aber so ganz falsch liege ich damit nicht, glaube ich…
Würde mich freuen, hierzu auch von dem ein oder anderen „Profi-Bäcker“ eine Aussage zu erhalten. Wieso ist es nicht möglich, spontan vergorene Sauerteige in Backstuben einzusetzen?
(Natürlich gibt es auch Ausnahmen, meines Wissens backt z.B. Arnd Erbel mit Sponti-Sauerteig)
Lutz
8. Februar 2015 um 20:28
Ganz meine Meinung. Das habe ich zwar nicht in Weinheim kundgetan, aber wenige Tage zuvor habe ich es bei einer Bäckerweiterbildung im praktischen Vergleich vorgemacht. Das Ergebnis war eindeutig…
Armin von Backstube und Semmelpresse
9. Februar 2015 um 11:39
Ich kann den Text/ der Rede nicht 100%ig zustimmen, evtl. liegt es auch daran, dass ich der Sache einen anderen Blickwinkel beimesse.
Von den Mündigen aufgeklärten Verbraucher, sind mir in 10Jahren meines Bäckerlebens, keiner Persönlich über den weg gelaufen, egal in welcher Bäckerei ich gearbeitet habe oder sogar als ich im Verkauf Erfahrung sammeln durfte.
Es waren sehr viele Kunden mit Sonderwünsche, die teils jeglicher Realität fremd schienen, oder Leute die Fachlich gravierende Mängel aufwiesen und dabei waren Kunden die zwischen Zölialkie / Spruhe und Weizenallergie nicht unterscheiden konnten, um nur mal das banalste zu nennen.
Ich möchte die Hobbybäcker nicht schlecht reden, da gerade hier die Passion zum Brot gelebt wird, daher rede ich einfach vom Kunden, der einem an seine eigene Berufung zweifeln lässt.
Als der Stern eine Karte von „guten“ Bäckern die „selber Backen“ raus kam, musste ich mit einen Lachenden (ja Schadenfrohen Auge) und einen Traurigen Auge lesen, was viele Kunden, bei den Bäckereien gerne Essen, denn zu 80% waren es zugekaufte TK-Artikel oder Lizensprodukte die man nur über Backmischungen beziehen und verkaufen darf.
Der Kunde kennt sein Bäcker nicht, interessiert sich nicht wie er das übige Sortiment zu Stande bekommt, aber möchte alles ohne „Chemie“, von glücklichen Bauern angebautes Getreide aus der Region aber bitte Fairtrade und billig muss es sein….
Holla, das erinnert mich an den Brandbrief von dem einen Bauern erst kürzlich.
Ist diese Generatien der Mündigen, Aufgeklärten Kunden dann doch nicht so aufgeklärt und Mündig, wenn schon Urerzeuger sich beschweren müssen?
Wenn die Fleischindustrie ähnliche sorgen hat?
Ich seh jedenfalls eine Große Masse, Verbraucher mit Prestigeobjekten, die regelmäßig Tütenweise Billigklamotten nach Hause tragen und das Billigste essen, essen aber mit Teuren Smartphones und Accessoires, sich abheben wollen.
Auch kenn ich ein Bäcker der eben auf Genuss, Regionalität und Backwaren mit Gesicht geht, der nicht nur den Acker von dem sein Getreide stammt kennt, sondern auch dessen Bauern oder dem Müller der sein Getreide Vermahlt, auch dieser hat damit zu Kämpfen auf eine Schwarze Null zu kommen, wo sind die Mündig-Aufgeklärten Verbraucher?
Ich für meinen teil, hoffe inständig, dass die von dir genannten Verbraucher/ Hobbybäcker bald auch in meinem Leben treten, bis dahin treib ich mich im Netz herum und versuch eben diesen Hobbybäcker (wenn auch nicht immer so Mündig wie dargestellt) die Theorie vom Brot nahezubringen und aufzuklären.
Lutz
11. Februar 2015 um 19:47
Ja, ich stimme dir zu. Die große Masse der „Kunden“ interessiert all das erstmal nicht. Deshalb auch genau diese Frage in meiner Rede. Wenn das so ist, dann ist es Aufgabe des Bäckers (aus eigenem Antrieb), seine Kunden für sein Fach, seine Interessen zu begeistern. Woher sollen sie es sonst wissen, wenn nicht von ihm. Ich habe (nicht hier im Text, aber) am Rednerpult das Wörtchen vom Bäcker als Souverän in den Mund genommen. Er muss für sich und seine Backwaren stehen, mit ihnen für sie kämpfen, vor allem gegenüber dem Kunden. Er muss unermüdlich kommunizieren, was er anders macht als die anderen. Und wenn er es nicht kann, weil er in der Backstube stehen und auch mal schlafen muss, dann sind die Verkäufer/innen an seiner Stelle dafür verantwortlich. Genau darum geht es in meiner Rede. Jede Mitarbeiter, insbesondere der Bäcker, muss sich verantwortlich für sein Brot fühlen. Wenn das überzeugend gelingt, ist die Kundschaft sicher, nicht jede, aber die richtige.
Laurent
12. Februar 2015 um 15:23
Dein Kassenbon ist ein Stimmzettel
– JEDES VERDAMMT MAL –
DAS sagt an und für sich alles aus.
Es stimmt daß immer nur das hergestellt wird wofür eine große Majorität der Kunden sich entscheidet.
Geiz ist geil heißt das ist Deutschland in einer Werbung.
Früher war das mittelpreisige Segment gefragt, Billig gab es für die die Geldnot hatten, Teuer für die die es sich leisten konnten.
Heute ist die Mitte verschwunden, ein fast jeder kauft Billig, Teuer ist zum puren Luxus verkommen.
Auch wenn wir die gutes Brot lieben hier im Forum als große Gruppe auftreten so glaube ich aber sehr gerne daß unsere Spezies da draussen (noch) eine sehr kleine Minderheit ist. Auf diese Konsumenten in Zukunft zu setzen ist leichter gesagt als dies finanzielle zu tragen.
Es ist eine berechtigte Frage wie man Leute erreichen will und für guten Geschmack begeistern will die 0,75€/100gr für Aufschnitt ausgeben und ohne meckern 10 Reihen weiter im Supermarkt 1,29€ für Katzenfutter ausgeben.
Früher war das noch umgekehrt…
petra
27. Februar 2015 um 16:32
Vielleicht, Armin von Backstube und Semmelpresse, liegt es daran, daß es keinen Zweck hat, die Verkäuferin zu fragen… Ich habe es probiert, aber die Verkäuferinnen wissen kaum, was sie da verkaufen – sie bekommen ganz einfach nicht die Info. Sie wissen, weches Brot das Roggen- oder Mischbrot ist, sionst nichts. Leider. Aso habe ich es aufgegeben, danach zu fragen. Natürlich auch, weil ich jetzt selbst backe.
Sebastian Däuwel
10. Februar 2015 um 09:30
Schön, dass du es auch so siehst, bzw. schon praktisch erprobt hast. Dann weiß ich ja jetzt, dass ich mit meiner Vermutung nicht so ganz falsch liege.
Kristin
8. Februar 2015 um 11:27
ein toller Vortrag!
Andreas
6. Februar 2015 um 20:10
Chapeau! Sehr guter und klarer Vortrag! Es würde mich die daran anschliessende Diskussion interessieren, wie wurde der Vortrag vom Fachpublikum angenommen?
Lutz
6. Februar 2015 um 20:59
Sehr gut und entgegen meiner Erwartung auch sehr positiv, selbst aus industrieller Richtung. Ich habe glaube ich bei vielen Bäckern den Nerv getroffen, vielleicht auch weil direkt vor mir ein Vortrag über eine riesige Industriebäckerei in Aserbaidschan lief, der mir fast die Tränen in die Augen getrieben hätte.
Bernd Kütscher
7. Februar 2015 um 01:32
Genau dieser Kontrast war gewollt 😉
claudia
6. Februar 2015 um 19:12
tolle Rede, vielen Dank
ich backe seit einigen Jahren unser Brot, Mehl vom Bauern mit eigener kleiner Mühle, absolut alles ohne Zusatzstoffe,
ich kenne hier nur „Backfabriken“, deshalb backe ich, gekauftes Brot schmeckt uns nicht (mehr).
in Frankreich führen Bäckereien den Zusatz „artisanale“ , wenn sie noch selbst handwerklich das Brot backen und nicht nur „Backfabrik“ sind. Könnten deutsche Bäckereien mit einem Zusatz in ihrem Firmenschild entsprechend auf ihr handwerkliches Backen hinweisen?
Björn Wiese
6. Februar 2015 um 19:08
Lieber Lutz,
danke für deine mutigen Worte die das Problem genau beschreiben. Du sprichst auch mir, einem selbstständigen Bäckermeister aus dem Herzen.
Die Zukunft liegt aus meiner Sicht auch darin, die Leute wieder mehr für „authentisches Brot“ und allem was dazu gehört zu begeistern. Dazu leistest Du und deine „Community“ an Hobbybäckern einen großartigen Beitrag!
Von etlichen Bäckerkollegen und auch unserem Zentralverband wünsche ich mir mehr Tranzparenz und Ehrlichkeit. Was nützt die beste Show oder das Marketing, wenn diese Dinge fehlen!
Wenn Kollegen Backmischungen verwenden oder Teiglinge zukaufen, sollten Sie dieses offen kommunizieren und den Kunden das auch sagen, bzw. am Preisschild transparent machen.
Die Produkte die selbst hergestellt werden, können doch auch als solche herausgestellt werden!
Dann kann der Kunde nämlich entscheiden was er kauft.
Leider wird das in den meisten Fällen nicht gemacht.
Lieber Herr Kütscher, warum wundern Sie sich dann, warum alle Bäcker über einen Kamm geschoren werden?
Die Backmittelindustrie oder wie es heute heißt Backzutatenverband ist ist leider inzwischen viel zu sehr in vielen Bäckereien und auch mit unserem Zentralverband verwurzelt.
Wenn Bäckereibetriebe, wie Lutz es so schön ausdrückt „mit all den Zutaten, Hilfs- und Zusatzstoffen, die auch in der heutigen Bäckerei Standard sind“, arbeiten sollten Sie dazu auch ehrlich stehen!
Ich wünsche Lutz und allen anderen Brotbegeisterten inclusive meinen Handwerkskollegen weiter viel Freude beim Backen!
Ben
6. Februar 2015 um 18:55
Einfach wunderbar Deine Rede! Danke für´s Teilen! Nicht, dass ich das Selberbacken aufgeben würde – aber längst nicht alle wollen selber backen. Es lässt hoffen, dass die Leute endlich aufwachen – Bäcker und Kunden – denn der Bäcker muss eben auch davon leben können und hat nix davon wenn die Leute lieber billiges Fabrikback bei Aldi kaufen.
Vielen vielen Dank
Benjamin
schelli
6. Februar 2015 um 18:03
Lieber Lutz,
Dein Beitrag spricht mir aus der Seele. Dass Bernd Kütscher „seine Schäfchen“ schützt, ist ihm nicht zu verdenken. Auch wenn ich mir sicher bin, dass er sich der Lage der deutschen Bäcker sehr bewußt ist. Er macht -und das hat dieses Forum in Weinheim erneut bewiesen- eine excellente Arbeit, nicht nur in dem Institut der Akademie, dem er vorsteht. Auf dem Forum ist genau den Bäckern eingeheizt worden, die es am wenigsten nötig hätten. Von verschiedensten Seiten. Industrielles Backen: mehr als 150 Tonnen Ausstoß tgl. auf der einen Seite, Du mit Deinem Vortrag auf der anderen. Prof. Kleinert mit der Forderung, die eigenen Brote im Aromenspektrum beschreiben zu können. Die Schuld an der Misere ist nicht allein bei den Bäckern zu suchen. Die Back- und Hilfsmittelindustrie hat beste Arbeit geleistet, weniger Arbeit und mehr Sicherheit versprochen. Und dem Handwerker das Handwerk abgenommen. Die allenthalben diskutierte deutsche Geizmentalität tut ein Übriges. Etwas erleichtert war ich, als auch am Ende des Vortrages des WP-Vertreters nicht ein einziges mal das Wort Brotqualität oder Aroma gefallen ist. Auch von Seiten der Industrie muß also noch gelernt werden. Zumindest für den mitteleuropäischen Markt. Sie lernt nur deutlich schneller als der deutsche Bäcker. Prognose: Der deutsche Bäcker wird so selten werden wie der deutsche Schuhmacher, wenn er sich in gehabter Geschwindigkeit den Umständen anpasst.
Helga Wolfram
6. Februar 2015 um 17:06
Hallo Lutz! Jeden Tag bin ich dankbar, dass ich vor gut 1,5 Jahren auf dein Buch gestoßen bin. Wenn ich mit Freunden und Verwandten über mein Brot spreche, komme ich auch immer auf deine Formulierung zurück: Ich habe Blut geleckt und bin nicht mehr bereit, auf (mein) gutes Brot zu verzichten. Die selben Freunde und Verwandten wünschen sich anlässlich ihrer Geburtstage Brot und Gebäck von mir. Das empfinde ich als größtes Lob und wertschätzende Anerkennung meiner Leidenschaft.
Du hast so recht. Ich wäre gerne bereit, für gutes Brot mehr Geld auszugeben. Das bekomme ich aber in meiner direkten Umgebung nicht. Das stört mich aber heute nicht mehr, weil ich selbst in der Lage bin, gutes Brot herzustellen – Brot und Gebäck, das meinen geschmacklichen und qualitativen Vorstellungen entspricht.
Gestern Nacht habe ich einen „erschreckenden“ Bericht über das Bäckersterben im TV gesehen. Conclusio eines Bäckers: „Naja, vielleicht müssen wir doch die Qualität unserer Backwaren steigern, um nicht zu sterben!“ Traurig, dass man als Bäcker erst daran denkt, wenn einem das Wasser Oberkante Unterlippe steht. Ich bin schockiert!
Lieber Lutz! Danke für deinen unermüdlichen Einsatz und die dadurch absolute Bereicherung meines Lebens und das derer, die ich Dank dir mit meinen Backergebnissen beschenken darf!
Ganz liebe Grüße
Helga
Helga Wolfram
6. Februar 2015 um 17:30
… was aber vielleicht auch erwähnt sein muss: Der Produzent stellt natürlich in erster Linie das her, was man ihm abkauft. Es muss also wahrscheinlich in erster Linie beim Konsumenten ein Umdenken stattfinden. Solange Semmerln um € 0,15 liebend gern gekauft werden (müssen), darf man sich nicht wundern, dass so mancher Produzent vom Verkauf seiner Ware nicht leben kann. Bei aller Leidenschaft und Liebe zum Beruf und zum Handwerk … am Ende des Tages will jeder von uns mit seiner Tätigkeit so viel erwirtschaften, dass man gut davon leben kann! Und diesen wirtschaftlichen Anspruch muss man natürlich jedem zusprechen!
Patrick
6. Februar 2015 um 23:41
Guten Abend Frau Wolfram,
Da fällt mir eine Geschichte aus einer anderen Branche im Lebensmittel-Handwerk ein. Zunächst vorab: Es gibt in der Gesamtgruppe der Konsumenten (in allen Branchen) zahlreiche Einzelpersonen, die möchten in erster Linie z. B. etwas „leckeres“ oder „gutes“ oder „schönes“ haben. Und sind was Preise angeht sehr flexibel. Das heißt nicht, dass man Ihnen Produkte zu überhöhten Preisen verkaufen soll. Es bedeutet vielmehr, dass dort die Bewertung zunächst nach Qualität und (wenn überhaupt) erst nachrangig am Preis erfolgt.
Exkurs in einer anderen Produktwelt, da kann man derzeit noch deutlicher die Folgen sehen, die sich bei dem Hauptgeschäft der Bäckereien leider noch nicht ganz offen ans Tageslicht gegraben haben: Ich berate seit vielen Jahren Kaffee-Röstereien, Bäckereien (von der kleinen Privat- bis zur filialisierten Großbäckerei) und Cafés hinsichtlich ihres Konzepts. Ich propagiere dort ein ählniches Qualitätsdenken wie Herr Geißler in seinem Blog: Guter, gut gemachter Kaffee schmeckt gut. Auch schwarz. Mittlerweile gibt es sogar Bäcker die bis in den Ursprung reisen, ihren Rohkaffee direkt von einer Plantage beziehen, ihn vor Ort bei sich passend zu ihren Backwaren rösten (und den Kaffee oder Röstnebenprodukte sogar teilweise im Brot verarbeiten!) und fachmännisch zubereiten.
Leider wird dort noch viel zu oft über den Preis argumentiert. Vor lauter Jammern über seine Ertragslage im Kaffeegeschäft kam der Bäcker jahrelang offensichtlich gar nicht dazu mal zu probieren wie (s)ein Espresso schmeckt, den man mit doppelt so viel Wasser wie eigentlich sinnvoll wäre zubereitet. Stichwort: „Ha, der Gast will doch aber die Tass‘ voll habbe!?“. Eben nicht. Er will einen Espresso. Einen leckeren. Dem ist egal wie voll die Tasse ist. Das gilt bei Brötchen und Brot oft ganz genau so.
Und alle Bäcker die bei derartigen Problemen (oder Herausforderungen) noch immer auf das Prinzip Hoffnung setzen sind schlecht informiert… oder informieren andere absichtlich schlecht (indem sie Quatsch erzählen hinsichtlich Inhaltsstoffe, Zutaten, Hilfsmittel, etc.).
Dankenswerterweise finden sich jedoch in allen Altersschichten genügend Personen die gerne ein leckeres (und nicht ein besonders großes, billiges, haltbares, …) Brot kaufen wollen. Und die bereit sind, dafür statt 1,99€ lieber 3,90€, 4,50€ oder 5,50€ zu bezahlen.
Und hier vor Ort sehe ich sogar: es funktioniert, wie Herr Geißler es beschreibt und es jahrelang auch unter der Hand schon von einigen – klugen, handlungswilligen – Bäckern praktiziert wurde: Bei dem letzten Handwerks-Bäcker hier in der Region steht die Schlange regelmäßig zur Tür hinaus. Jeden Tag ist dort komplett ausverkauft… Es bleibt wirklich nichts übrig. Dort kann einfach nicht noch mehr Brot gebacken werden ohne Einschnitte in der Produktqualität zu machen oder die Produktion zu erweitern (was wieder zu steigenden Kosten und damit Kostendruck führen würde). Doch was tun statt zu jammern beim „Leute wegschicken“ weil es leider kein Brot gibt heute? Sie werden eingeladen mitzubacken: Zum Backkurs, als Gruppe in die Backstube, etc. Man verkauft das Mehl das man sowieso bei der nachbarschaftlichen bezieht mit einem ganz geringen Handlungskosten-Aufschlag weiter. Man kann sich kurz per Mail melden und am nächsten Tag Anstellgut vom Dinkel-/Weizen-/Roggen-Sauerteig erhalten. Und wenn man fragen hat kommt der Chef persönlich hinter der Theke vor, schaut sich MEIN Brot an und gibt Tips. Alle sind froh.
Dieser Bäcker genießt wie viele andere Bäcker, bzw. generell das Backhandwerk die höchste Glaubwürdigkeit im Lebensmittelbereich. Und durch dieses über die Jahre gepflegte Image kann er lachend bei jeder Discounter-Preisspiralen-Runde gemeinsam mit seinen treuen, vertrauensvollen und zahlreichen Kunden bei einer (hervorragenden! 😉 ) Tasse Kaffee die Früchte seiner Arbeit genießen.
In diesem Sinne: Hoffen wir, dass noch viele weitere Bäcker nicht zu spät erkennen, dass nun Zeit ist zu handeln: Entweder top oder flop! Oder vielleicht für die nächsten 5 Jahre noch dieses Ding dazwischen. Danach war’s das dann aber…
Günther Weber
6. Februar 2015 um 15:05
Und was ich darüber fast vergessen hätte: Die Rede von Lutz fand ich auch ganz wunderbar. Ich dachte beim Lesen :“Wenn das jetzt nichts auslöst, dann ist dem Handwerk einfach nicht zu helfen.“ Bewegend. Hochachtung.
Gruß von Günther
Torsten Hacke
14. Dezember 2015 um 14:07
Habe mir den Vortrag jetzt durchgelesen, sehr gut geschrieben. Muss Günther Weber Recht geben!!! Ich stehe allerdings öfter im Laden und spreche mit unseren Kunden. Es gibt eine Bäcker-Krankheit und die heißt „Filialitis“
Ich betreibe auch eine kleine Bäckerei mit 2 eigenen Läden. 1980 hatten wir in unserer Samtgemeinde noch 13 Dorfbäcker, jetzt sind wir nur noch übrig geblieben. Um uns herum Filialisten. Mein Vater hatte früher auch die vielen bunten Tüten gehabt. Als ich 1990 nach der Meisterschule eingestiegen bin, habe ich 6 Monate gebraucht um alle Fertigmischungen auf eigene Mischungen umzustellen. Es hat sich bis heute ausgezahlt. Allerdings verwenden wir zu meiner Schande TK-Croissant-Teiglinge. Grund: Backstube ist leider zu klein und wir schaffen es personell von der Produktion her nicht. In unseren Zutatenlisten steht aber drauf, dass wir die Croissants als TK-Teiglinge aus Deutschland dazu kaufen!
Bernd Kütscher
6. Februar 2015 um 14:00
Lieber Lutz,
nochmals vielen für den spannenden Beitrag in unserem Weinheimer Brotforum, der erwartungsgemäß polarisiert hat. Gewiss spricht aus den Worten viel Wahrheit und vieles davon trage ich, wie Du weißt, voll mit. Zur Ehrenrettung der Bäckereien muss aber auch gesagt werden, dass die „klassische deutsche Bäckerei“ keinesfalls immer mit „Tüte auf und Wasser drauf“ arbeitet, wie es immer wieder thematisiert wird, gelegentlich auch hier im Blog.
Klar gibt es Mischungen oder TK-Teiglinge, weil mancher Bäcker vielleicht irrtümlich glaubt, der Kunde wolle eine Riesenauswahl und sich angesichts seiner begrenzten Zeit anders nicht zu helfen weiß. Neben den klassischen Brotsorten, die es so schon 100 Jahre unverändert in der Bäckerei gibt – alles andere würde der Kunde sofort bemerken und bestrafen – wird dann schon mal der Weg der Bequemlichkeit (engl: Convenience) gewählt. Doch neben jener von Frau Steinleitner oder Herrn Weckmann gibt es viele gute Bäckereien, die längst verstanden haben, was der Verbraucher wirklich möchte: ehrliches, gutes Brot.
Das ausgebuchte Brotforum und die vielen interessierten Teilnehmer darin waren ein Indiz dafür. Es gibt viele weitere Signale, auch in Form weiterer Veranstaltungen hier im Haus bzw. deren Nachfrage. Wir repräsentieren als Bundesakademie gewissermaßen auch das Handwerk, das uns trägt und haben zum Convenienceeinsatz eine eindeutige Haltung, die bekannt ist. In unseren fachpraktischen Seminaren zeigen wir traditionelles Backen, dies schon immer und mit rasant gestiegener Nachfrage, darunter gelegentlich ja von Dir selbst und noch häufiger von Schelli – auch weil wir angesichts des Anmeldevolumens nicht zwischen „gelerntem“ Bäcker und ambitioniertem Quereinsteiger oder Hobbybäcker unterscheiden können und wollen. Dies bekämen wir schon organisatorisch nicht „gebacken“.
Aus dem tiefen Einblick in unserer Branche heraus ist es aus meiner Sicht ein Problem, dass Verbraucher – und mancher Leser hier – dazu neigt, alle Bäckereien über einen Kamm zu scheren. Dies wird den Marktrealitäten nicht gerecht und trifft letztlich auch die „Guten“, die sich seit Jahren größte Mühe geben. Viele mir bekannte Profibäcker haben mindestens die gleiche Liebe zum Brot wie die ambitionierten Hobbybäcker hier im Forum und arbeiten so, wie sie es spätestens in ihrer Meisterausbildung gelernt und in der Prüfung bewiesen haben. Und letztlich hat auch kein Bäcker Interesse daran, sich selbst und seine Familie mit dem eigenen Brot zu schaden, das er selbst täglich genießt. So ist manche „Backmischung“ bei näherer Betrachtung nichts weiter als eine Vormischung von verschiedenen Getreiden und Ölsaaten, die ansonsten einzeln in großen Gebinden eingekauft werden müssten, was für „die eine“ Spezialbrotsorte oft nicht lohnt.
Insofern wünsche ich mir manchmal etwas weniger Klischees á la „Bäcker backen nicht mehr selbst“ und mehr Differenzierung, auch in den Medien. Der Mythos der „Tütenbäckerei“ ist in vielen Fällen ein solcher und gilt erst recht niemals für alle Brotsorten einer Bäckerei. Der Hauptrohstoff einer jeden Bäckerei ist immer noch Mehl! Alles andere wäre kalkulatorisch auch gar nicht darstellbar, weil man bei Convenienceprodukten große Teile der Wertschöpfung abgibt.
Jedem Verbraucher kann daher nur empfohlen werden, den Dialog mit den Bäckern seiner Region zu suchen, statt diesen pauschal zu verdächtigen oder gar zu verunglimpfen, ohne ihm die Chance gegeben zu haben, sich zu erklären. Ein guter Bäcker hat nichts zu verbergen und ist gerne jederzeit bereit, den Dialog aufzunehmen – schon um nicht über besagten Kamm geschert zu werden. Immer mehr Bäckereien geben sogar Backkurse für Kunden, um Vertrauen herzustellen und die eigene Kompetenz zu beweisen. Abgesehen davon ist jede handwerkliche Bäckerei, die von ihren Kunden unterstützt wird, ein Statement gegen die anhaltende Industrialisierung der Lebensmittelwirtschaft, die m.E. bereits beängstigende Ausmaße angenommen hat.
Lieber Lutz, nochmals danke für Deine Denkanstöße, die wirklich sehr bereichernd waren und weiterhin viel Erfolg!
Bernd
Günther Weber
6. Februar 2015 um 14:58
Ich gebe Bernd Kütscher in manchem Recht, in manchem spürt man auch, dass es schließlich zu seinem Job gehört, das Handwerk ein wenig in Schutz zu nehmen …
Als Bäcker würde ich z.B. bestätigen, dass es für jeden Bäcker grober Unfug wäre, die Hauptbrotsorten“aus der Tüte“ zu backen, weil sich das wirklich nicht rechnet. Nur kann man sich natürlich auch ohne Tüte entweder mehr oder weniger Mühe beim Backen geben. Das alles hat auch eine Menge mit Fachkräftemangel, Lohnnebenkosten und anderen unappetitlichen Dingen zu tun.
Aber was ich eigentlich sagen wollte: es mag viele Bäcker geben, die eigentlich nichts zu verbergen hätten … wenn man sie überhaupt zu sprechen bekäme.
Wenn ich als Kunde in anderen Bäckereien Fragen habe, dann treffe ich zu gefühlten 98% auf Verkaufspersonal, das gar nichts verbergen kann, weil es nämlich vom Sortiment und vom Backen keine Ahnung hat. Ob das am eigenen Desinteresse oder dem des Chefs liegt, ist im Einzelfall schlecht zu sagen, macht aber am Ende auch keinen Unterschied. Das Bäckerhandwerk mag gut oder schlecht dastehen, je nach Blickwinkel, aber es verkauft sich jedenfalls miserabel. Und dazu gehört für mich zum Beispiel auch der desaströse und beschämende Auftritt des Bundesvorsitzenden Becker im Dialog mit Sarah Wiener, der in der erste Nummer von „Brot“ nachzulesen war.
Das musste jetzt auch mal gesagt werden.
Frohes Backen allerseits!
Angela
6. Februar 2015 um 12:17
Lieber Lutz,
alles, was Du den Bäckern ans Herz gelegt hast, kann ich nur bestätigen. Zu meinen Kursen kommen die Leute aus denselben Gründen und die meisten davon sind angetrieben von der Suche nach dem „Guten Geschmack“ – Erinnerungen aus Kindheitstagen an Brot, das nicht nur satt machte, sondern auch schmeckte.
Wir Hobbybäcker sind wahrlich inzwischen zu einer großen Gemeinschaft gewachsen und man sollte doch meinen, dass zumindest ein paar der Anwesenden Dir ganz genau zugehört haben und Deine Rede als Anstoß zur „Ehrenrettung“ eines ganzen Berufsstandes nehmen könnten. Für eine plötzliche Kehrtwende mit einem Flächenbrand, der alle Bäcker plötzlich wieder gutes Brot backen lässt wird es sicher nicht gereichen, dazu sind die rein finanziellen Interessen doch viel zu oft im Vordergrund. So werden wir also weiter unsere Brotbackkurse halten und damit dazu beitragen, dass es immer mehr Menschen gibt, die gutes Brot aus dem eigenen Ofen genießen werden und es tatsächlich nicht mehr beim 0-8-15-Bäcker um die Ecke kaufen.
Jörg
6. Februar 2015 um 11:01
Jupp,
lieber Lutz, das musste mal gesagt werden.
Das Ganze Problem streckt sich leider nur (wenn auch leicht abgewandelt) durch den gesamten Ernährungsbereich. Am Brot können wir selbst etwas tun, dank Eurer Hilfe mit großem Erfolg.
Anders sieht es bei Tierhaltung und Fischzucht aus – da gilt es bald nur noch ganz zu verzichten (und mehr Brot zu essen 🙂 )
Vielen Dank.
Gruß Jörg
Ben
6. Februar 2015 um 19:14
Ja und nein – natürlich können wir nicht alle eine Kuh auf dem Balkon halten. Aber so wie die Bäcker gefordert sind zu ihrem Handwerk zu stehen können auch Landwirte umstellen. Lokal und nachhaltig produziert ist langfristig die einzige Lösung für unsere Welt, egal ob Brot oder Belag. Wir müssen nur erstmal einsehen, dass das Allerwichtigste – das was wir in uns reinstopfen – wohl etwas mehr kosten könnte als es uns die industrialisierte Landwirtschaft glauben machen will. Prioritäten setzen.
Birgit&JOE
6. Februar 2015 um 10:56
zu deinem tollen beitrag beim forum bleibt nur oscar wilde zu zitieren:
ich habe einen ganz einfachen geschmack-ich bin immer mit dem besten zufrieden
herzliche backgrüßze
birgit&JOE
BackesOlli
6. Februar 2015 um 10:25
Sehr schöner Artikel, der auch vollends meiner Sichtweise entspricht.
Man darf nur nicht vergessen, dass dort draußen – wahrscheinlich sogar die Mehrheit – dem Essen wenig Bedeutung zumißt. Andernfalls kann ich mir nicht erklären, wieso die (Auf-)Backstuben wirtschaftlich erfolgreich sein können, ich meide diese wie der Teufel das Weihwasser.
Außerdem gilt der Atikel nicht nur für das Bäckerhandwerk. Er ist in gleichem Masse auf die Metzgereien oder die Obstbauern zu beziehen. Die Fleischthematik ist wahrscheinlich noch viel kritischer als das Brothandwerk.
Insgesamt ist der Wissensstand der Menschen heute sehr begrenzt, was Lebensmittel angeht. Auch die Schulen müßten hier viel Aufklärungsarbeiten leisten, tuen sie aber nicht. Es bleibt tatsächlich den Handwerksbetrieben nichts anderes übrig, als die Aufklärungsarbeit selbst zu übernehmen. Wer über die Produkte zu wenig weiss, fällt auch oft auch die Aufmachung der Läden rein: Optisch sind die Aufbackstuben heute ansprechender als die guten, traditionellen Bäckereinen. Hier müssen die Läden auch lernen, dass heute nicht mehr nur das Produkt zählt, sondern auch das Einkaufserlebnis. Für „uns“ aufgeklärte Kunden mag das nachrangig sein, aber unsere Gruppe ist leider nicht repräsentativ.
Mein Traum ist eine Art Markthalle 2.0, wo die guten Produzenten vom Land in den Städten, Dörfern und Vororten ihre Waren verkaufen (so wie früher die Bauern die Produkte vom Land in die Stadt gebracht haben und nicht nur wie heute Händler, die alles auf dem Großmarkt kaufen) und dabei ein Einkaufserlebnis generiert wird, wie es Apple-Stores im Vergleich zu Saturnmärkten im Elektronikbereich vormachen. Wenn man regionale Produkte wieder in Stadt-/Dorfzentren bekommen würde, würde sich auch das Problem des Einzehlandels in verlassenen Stadtzentren wieder lösen. Die verlassenen Häuser vom Karstadt bieten sich bestens dafür an…
Weiter So!
Sven
6. Februar 2015 um 10:08
Hallo Lutz.
Die Kernaussagen des Vortrag finden ich treffend.
Ein aufgeschlossener Bäcker/Verkäufer mit Wissen über sein Produkt und der Bereitschaft es zu teilen ist mir sehr viel angenehmer. Jedoch muss auch gefragt werden. Ich war auch mal Einer, der zuerst nach Obtik gekauft hatte. Fragen beschränkten sich höchstens auf den groben Inhalt eines Brotes. Erst mit dem Bewustsein der aufgeklärteren Ernährung und passender fachlicher Literatur kamen die Fragen und auch der Drang es selbst zu backen. Und siehe da was für ein Unterschied. Das Backen ist garnicht so schwer und der Geschmack eines selbstgebackenen Brotes, welches ich bis dato nicht kannte. Also eine Scheibe Brot hätte ich nie wirklich gern pur oder mit etwas Butter gegessen, wenn es nicht selbst gebacken ist. Was ich zu sagen versuche ist, dass erst mit dem Bewustsein zur aufgeklärteren Ernährung der Drang nach dem Wissen kommt, den die Bäcker erfüllen müssen, damit der Kunde rundum glücklich ist. Damit er eben weiß, was drin ist und ob er es braucht. Eine solche Aufklärung und vlt. auch eine von dir beschriebenen Aktionen (Rundführung durch die Bäckerei) könnte nicht nur die wissenden Kunden beglücken. Auch Jene, die immernoch zu Backstationen gehen, könnten davon profitieren und ungewollte Aufklärung erhalten, was dann den guten Bäckern zugute kommt. Und wie du schon sagtest, ein gegenseitiges Geben und Nehmen von Wissen, Wünschen und Anregungen ist der beste Weg, damit beide Seiten was davon haben.
Ich muss mich den Vorrednern auch anschließen. Selber zu backen ist herlich. Die Ergebnisse sind geschmacklich einfach anders. Nicht immer besser, wenn man am Experimentieren ist. Auch werden sie von Anderen oft subjektiv hochgelobt. Aber es ist ein innerliches Wohlgefühl, wenn ein gut schmeckendes Brot nach „langer Arbeit“ aus dem Ofen kommt.
Zum Vortrag:
Den Anfang deines Vortrages fand ich zuerst etwas zu detailiert / zu weit ausgeholt. Jedoch hast du einen fließenden / runden Übergang in die eigentliche Thematik gebracht. So passt dieser Vortragseinstieg wiederum gut ins Gesamtbild des Lesers.
Der „Schönheit“ halber aber weniger wegen des Verständnisses der kleine Fehler in deiner Anekdote. Der Bäcker Fritz hat das Mehl, woraus Hans sich sein Brot bäckt. Jedoch geht Hans tagein, tagaus bei Bäcker Fritz einkaufen. Sprich, ist nicht eigentlich Fritz der der alles bäckt?
Beste Grüße und weiterhin viel Erfolg bei deinen Vorhaben,
Sven Koban
joachim weckmann
6. Februar 2015 um 09:24
hallo lutz –
ich war dabei und will dir für deinen
grossartigen beitrag danken. du hast mit verstand und herz –
geist und seele der anwesenden berührt. deine impulse haben
mich inspiriert und mut gemacht. dein beitrag in der zeitschrift ‚Beef‘
war meine reiselektüre. glückwunsch – vorbildlich & immer
Gut Back!
gruss joachim weckmann.
Andrea
6. Februar 2015 um 09:04
Hallo Lutz, das ist eine gute Rede.
Sebastian
6. Februar 2015 um 08:59
Dass mir Dein Vortrag sehr gut gefallen hat, weil er mir aus der Seele spricht, habe ich weiter oben schon bekundet.
Einen Aspekt hast Du in Deinem Vortrag etwas verdrängt, der aber sicherlich auch von Bedeutung ist:
Wenn sich ein Hobbybäcker daran gemacht hat, ein Brot zu backen, dazu die erforderlichen Zutaten in der Mühle und im Internet gekauft hat und dann über mehrere Tage in der Küche gewirkt hat, dann wird er sein Ergebnis immer auch mit einer gewissen Portion „Vorschusslorbeeren“ versehen und nicht wirklich objektiv gegenüber gekauftem Brot urteilen. Bestärkt wird er dabei mit großer Wahrscheinlichkeit auch von seiner Familie, die es toll findet, dass das Brot im eigenen Haushalt entstanden ist.
In so fern hat es die örtliche Bäckerei schon etwas schwerer…
Lutz
6. Februar 2015 um 09:33
Ja, das steht nicht im Text, ist aber in Weinheim mit diskutiert worden. Da stimme ich dir auf jeden Fall zu. Und genau deshalb sollte der Bäcker den „Kunden“ auch mit einbinden, damit er kein anonymes Brot kauft.
moni-fr
6. Februar 2015 um 11:12
Zum Thema Vorschusslorbeeren und mangelnde Objektivität eine kleine Geschichte:
Anfang der Woche habe ich ein Freiburger Marktbrot in 5-Pfund-Größe gebacken und da ich das Brot nicht alleine aufessen kann, habe ich der Familie mit zwei kleinen Kindern, die über mir wohnt, ein Viertel geschenkt. Zwei Tage später, morgens um kurz nach acht: die zweieinhalbjährige Tochter ist auf dem Weg zum Kindergarten zu mir runtergelaufen, klopft an meine Wohnungetür und strahlt mich an: „Frau L…, bitte noch Brot! Noch mehr Brot!“
Laurent
6. Februar 2015 um 11:38
@moni-fr
ein schönes Glücks- und Erfolgsgefühl das alle Mühe des Backens vergessen läßt. Wie viele Profi-Bäcker konnen wohl von so einem Erlebnis berichten?
Ich hatte mienen Kinder (jetzt 4 und 7) auch mol gesagt wir würden unsere Brot in Zukunft auch mal ab und an kaufen…., ich hatte alles erwartet…, aber keine absolute Panikreaktioun wie sie mir da entgegenschlug!
Das Thema war sehr schnell vom Tisch, die Backutensilien aufgerüstet und genauso as Personal. (6 Hände anstelle von 2…)
Liebe Grüße.
David
6. Februar 2015 um 08:21
Das wird ein toller Vertrag und ich bin auf die Reaktionen gespannt! Sicherlich wird hier etwas darüber zu lesen sein.
Ein weiterer Grund für mich, Brote selbst zu backen, ist einfach auch die Verfügbarkeit von internationalen Broten zurückzuführen. Beim traditionellen deutschen Bäcker kriege ich zwar sehr gute dunkle sauerteigbrote oder auch feine körnerbrote, aber wenn ich ein baguette oder ein franz. Landbrot möchte, dann ich bin ich dort auch an der falschen adresse. In der Großstadt mag es zwar auch hierfür die eine oder andere Bezugsquelle geben, aber in meinem fall wäre ich auch dafür fast 2. Stunden unterwegs, und diese Zeit stecke ich doch lieber in selbsgemachtes Brot.
Juli
6. Februar 2015 um 06:50
Hallo Lutz, das ist ein super Vortrag geworden. Wir backen auch seit vielen Jahren selbst. Manchmal allerdings fällt mal ein Backtag in der Woche aus, so dass wir dann doch noch einmal zum Bäcker gehen müssen. Auch wenn wir sehr wählerisch geworden sind und das Brot dann nur bei bestimmten Bäckern kaufen (meist Biobäcker, aber auch das nicht unbesehen), dann denke ich mir nach dem ersten Bissen immer wieder: „Musste das wirklich sein? War wirklich keine Zeit?“ Wir frieren inzwischen auch einiges an Brötchen ein und haben so am Wochenende ofenfrisch aufgebackene, selbst gemachte Brötchen ohne Stress. Und schon heute freue ich mich darauf, dass es am Sonntag zu den Canneloni selbstgebackenes Ciabatte geben wird.
Viele Grüße,
Juli
Robert
6. Februar 2015 um 06:50
Sehr interessante und gelungene Rede. Ich muss allerdings dazu sagen, dass es auch noch richtig gute Bäckereien gibt, zumindest da wo ich wohne. Hier im ländlichen Städtchen Welzheim (50km östlich von Stuttgart) habe ich ein einwöchiges Praktikum in einer kleinen Bäckerei mit 5 Bäckern in der Backstube gemacht. Hier wird mit selbst gemachtem Sauerteig, Vorteigen, Brühstücken und ganz geringen Hefemengen gearbeitet. In den Verkaufsschlager, das Holzofenbrot, kommt nur Wasser, Mehl und Salz sowie selbst gemachter Sauerteig. Und Brezeln, Laugenweckle, Brötchen etc. reifen alle durch lange, kalte Übernachtgare und bekommen stets einen 24h gereiften Vorteig.
Die nächsten Wochen arbeite ich als Ferienjobbler in der Großbäckerei Maurer mit etwa 50 Filialen. Der Slogan der Bäckerei ist „Wir backen mit Herz und Natur“. Auf der Internetseite dieser Bäckerei kann man zu jedem Produkt genau nachlesen, was drin ist, also sehr transparent. Der Backstubenleiter hat mir die riesige „Backstube“ gezeigt und auch hier wird alles mit den Grundzutaten, teilweise sogar Bioqualität aus umliegenden Höfen, hergestellt. Auch Sauerteige und Vorteige sowie lange Garzeiten sind hier ganz normal.
Ich wollte damit nur sagen, dass es zumindest in meiner Region sehr hochwertige Bäckerien gibt, die auch sehr gut laufen.
Aber bestimmt gibt es in Deutschland genug Bäckerein, die mehr aus der Tüte leben und die müssen wieder auf das alte traditionelle Bäckerhandwerk umstellen und das dann auch groß publizieren, sodass die Kunden wissen, dass sie hier erstklassige Backwaren ohne Zusatzstoffe, mit aromatischem Geschmack und langer Frischehaltung bekommen.
Christina
6. Februar 2015 um 11:35
Hallo Robert,
ich komme auch aus deiner Ecke (Schorndorf) und da interessiert es mich brennend, bei welcher Bäckerei du das Praktikum absolviert hast, wäre nett, wenn du es mir verraten würdest 🙂
Wie bist du denn an das Praktikum gekommen? Einfach angefragt? Ich würde so etwas auch liebend gern machen, vielleicht hast du für mich ein paar Hinweise/ Tipps.
Viele Grüße,
Christina
Robert
6. Februar 2015 um 13:41
Hallo Christina,
Es ist die Bäckerei Doderer. Ich habe einfach angerufen und gefragt, ob ich ein Praktikum machen könnte. Dann wurde ich zu einem kleinen „Vorstellungsgespräch“ mit dem Chef eingeladen und eine Woche später gings los. War sehr interessant!
Viele Grüße
Heiko
Christina
9. Februar 2015 um 07:53
Hallo Heiko,
vielen Dank für deine Antwort! Dann werde ich das auch mal probieren 🙂
Grüße, Christina
Karin Anderson
6. Februar 2015 um 04:33
Ich kann dem allen auch nur von Herzen zustimmen. Früher habe ich mich immer darauf gefreut, wenn ich wieder mal nach Deutschland kam, gutes Brot aus deutschen Bäckereien zu essen. Inzwischen schmecken mir meine eigenen Brote wesentlich besser, und ich finde das meiste Brot, das ich im Laden kaufe (ob in Hamburg oder in den USA) „underwhelming“ (wie die Amerikaner sagen).
Zum Glück nimmt mittlerweile auch in den USA das Interesse am Hobbybrotbacken zu (siehe das Internetforum „The Fresh Loaf“ und die zahlreichen, ausgezeichneten englischsprachigen Brotbackbücher (Hamelman, Reinhart, Lepard, Robertson, Lahey u.a.). In Farmington/Maine haben wir alljährlich eine „Kneading Conference“, eine Zusammenkunft von Handwerksbäckern, Getreidefarmern, kleinen Mühlenbetreibern, die zahllose Besucher von nah und fern anzieht.
Brigitte
5. Februar 2015 um 22:28
hallo Lutz
Ich backe auch seit 3 Jahren mein Brot,Brötchen …..selber.Obwohl ich im Ort zwei Bäcker habe aber es schmeckt mir einfach besser.
Die meisten Bäcker sind entweder Industrie Bäcker wo vielleicht auf Backmischungen zurück greift oder der Bäcker taugt nix.
Ich finde deinen Beitrag sehr gut auf den Punkt getroffen.
Lbg.Brigitte
Angie
5. Februar 2015 um 21:31
Du sprichst uns aus der Seele. Wie gerne würde ich zumindest ab und zu, einen Bäcker besuchen – in unserer Gegend unmöglich. So backe auch ich unseren ganzen Brot/Brötchenbedarf seit 1,5 Jahren selbst. Wenn einem der Virus packt …….. Es macht unheimlich Spaß – und schmeckt soooo gut. Vielen Dank Lutz ich denke du wirst noch so einiges bewegen.
Suse
5. Februar 2015 um 21:10
Gelungene Rede!…. Ich hoffe das auf allen Seiten ein Umdenken stattfinden kann. Meine Seele baumelt am Duft der Erinnerungen an eine Backstube die ich vermutlich nie selbst betreten habe, das ganze aber bei jedem gelungenem Backwerk ( Brot, Brötchen, diverse Kuchen und Torten) ins Verklärende verzerrt! Und es ist ein erhebendes teils selbstherrliches Gefühl: ich kann es! ( auch Dank der Hilfe detaillierter Anleitungen eines enthusiastischen Geologen!) DANKE!
Micha
5. Februar 2015 um 20:52
Aus deinem Manuskript greife ich mir den Punkt heraus, den ich ebenfalls als besonders zentral empfinde; die Vertrauensfrage – etwas, was die ganze Ernährungsindustrie betrifft. Bei einem Produkt, das nur durch meine Hände gegangen ist, weiß ich, was drinne steckt und muß nicht *glauben*. Daher backe ich Brot. Ich unterstreiche somit deinen Appell, dass die einzige Haltung, dem etwas entgegen zu stellen, Offenheit und Ehrlichkeit ist.
Anfügen möchte ich noch, dass mir als Hobbybäcker am Brotbacken dieses *Freigeist-Gefühl* gefällt: ich brauche niemanden, bin auf niemand anderen angewiesen, um uns mit dem Grundnahrungsmittel Brot selbst zu versorgen. Das fühlt sich einfach gut an.
Stefanie
5. Februar 2015 um 20:47
Hallo Herr Geißler, liebe Forumsmitglieder…
Ich saß heute in besagtem Publikum. Ich fand Ihren Vortag sehr gelungen und wenn Sie sich an eine der wenigen sinnvollen Fragen am Ende Ihres Vortags erinnern, werden Sie wissen, wer ich bin. Ich möchte an dieser Stelle etwas loswerden. Ich bin Quereinsteigerin, stammend aus dem medizinischen Bereich. Das Schicksal wollte, dass ich mich in einen Bäckermeister des Mittelstandes verliebe. Natürlich habe ich mich auch für seinen Beruf interessiert. Ich war felsenfest überzeugt, dass man „heute“ aus der Tüte backt! Sack auf Wasser zugeben und gut ist es. Ich habe vor 10 Jahren den Schritt in die Backstube meines Mannes gewagt und fiel schlicht vom Glauben ab, was ich da erlebt habe! Keine Tüten, keine Emulgatoren usw. Nur das, was gutes Brot braucht… Mehl, Wasser, urSalz, 3 stufen Natursauerteig ( hier durfte ich lernen, dass selbst das heute oft nicht selbstverständlich ist), hie und da ein wenig Hefe und vor allem eins… Viel Zeit und Gefühl.
Ja, ich war begeistert! Und als ich den Bäckern sagte, mit welcher Meinung ich in die Backstube kam, waren sie beinahe gekränkt. Was in dieser Backstube noch normal war, hat in der Welt draußen die Glaubwürdigkeit verloren. Heute lebe ich für dieses Lebensmittel und ja Sie haben recht, “ Brot hat eine Seele“ … Ja es ist der längere Weg, diesem Prinzig treu zu bleiben… Aber alles im Leben beginnt mit einer Entscheidung! Sie haben uns heute in unserem Tun bestärkt. Wir bleiben uns treu, denn wir essen unser Brot selber. Eines noch, auch uns fällt es schwer, gutes Brot zu finden, wenn wir unterwegs sind :-).
Wir leben unsere Vision weiter.
Danke fürs Lesen. Und da ich keine Werbung machen möchte verabschiede ich mich mit besten Grüßen nur mit meinem Vornamen
Stefanie
Lutz
6. Februar 2015 um 08:42
Dann mach‘ ich es, Stefanie: http://www.baeckerei-steinleitner.de/
Vielen Dank :).
Frank Martin
5. Februar 2015 um 20:35
der Vortrag paßt zu der Zielgruppe, aber auch hervoragend zu Dir – das ist ein authentischer Lutz
Bei uns wird der Markt von 3 Bäckereiketten beherrscht, die Werbung mit handwerklicher Arbeit machen, aber gleichzeitig einige Sorten mit Markennamen (=Backmischungen) haben. Als teilwissender Kunde fühle ich mich betrogen…
Mein Lieblingsmetzger dagegen wirbt mit eigener Schlachtung und Warmverwurstung und daß er damit auf Zusatzstoffe verzichten kann. Dort wo er sie doch einsetzt oder bei den wenigen Fremdwurstwaren kennzeichnet er dies sichtbar. Als Kunde bin ich gerne bereit für die Transparenz und erlebare Qualität auch etwas mehr Geld auszugeben. Andere auch, zumindest sind in den Filialen immer genügend Kunden – von der Oma bis zum Handwerker…
BTW: in einem Seminar über work-life-balance hatte ich das Brotbacken als Entspannungshobby angegeben. Zuerst gab es verwunderte Blicke (überwiegedn Ingenieure wie ich) und später mußte ich „www.ploetzblog.de“ ans Flipchart schreiben
Gruß Frank Martin
Wolfgang
5. Februar 2015 um 19:15
GRATULATION!!!
Ilona
5. Februar 2015 um 18:59
Großartig! Einfach nur großartig!
Nur eins: Ich bin kein Hobbybäcker. Ich bin Amateur, meinetwegen Dilettant. Ich will mein Brot nicht nur backen, sondern auch essen! Und verschenken!
Ein Hobby betreibe ich ohne Anspruch an das Ergebnis.
Aber ANSPRUCH an das Ergebnis teilen wir hier doch wohl alle – sonst könnten wir ja auch Brot kaufen.
Lutz
6. Februar 2015 um 08:37
Da stimme ich dir zu. Den Begriff „Hobbybäcker“ finde ich für mich und für viele meiner Leser inzwischen auch unpassend, aber mir ist noch kein besserer eingefallen.
limette
6. Februar 2015 um 12:08
„Dilettant“ ist eigentlich ein sehr positives Wort (siehe wikipedia). Wie wäre es mit dem Attribut „virtuos“ – damit klänge das schon viel besser? 😉
Ich finde die Geschmacksvielfalt in den Rezepten jedenfalls enorm, insofern ist Virtuosität im Umgang mit den Elementen durchaus reichlich vorhanden 🙂
Britta
5. Februar 2015 um 17:35
Brot selbst backen macht auch noch glücklich, die Profibäcker müssen sich sehr anstrengen. Herzlichen Glückwunsch zu Deinem Vortrag, auf die Reaktionen bin ich gespannt!!!
Barbara
5. Februar 2015 um 16:26
Lutz, gratuliere zu dieser unglaublich tollen und ehrlichen Rede!
Seit einem halben Jahr bin ich täglich auf deinem Blog und backe unser Brot nur noch selbst – deine unglaublich guten Rezepte und vor allem auch dein Wissen über Brot haben mich so inspiriert, dass ich am liebsten Tag ein Tag aus nur noch Backen würde. Als ich begonnen habe, deine Rede zu lesen, musste ich über eine Gemeinsamkeit lachen: ich schreibe seit einem halben Jahr an meiner Diplomarbeit und fand auch – wohl auf der Suche nach einem handwerklichen Gegengewicht – zum Brotbacken und somit auf deinen Blog.
Bitte mach weiter so und vielen Dank für deinen leidenschaftlich geführten Blog – denn die Leidenschaft, die du dafür hast spürt man und ist absolut ansteckend!
Liebe Grüße, Barbara
Sebastian
5. Februar 2015 um 16:01
Sehr schöne Rede, Lutz!
Ines Thiere
5. Februar 2015 um 15:43
Lieber Lutz,
Dein Buch, der Blog, und nun dieser Vortrag, das alles ist für mich wie eine Offenbarung. Ich habe mich vor etwa einem halben Jahr auf den Weg zum eigenen Brot gemacht und schaffe das durch diese großartige Unterstützung so schnell. Habe Gänsehaut beim Lesen. Danke für all die wirklich wesentlichen Sichten und die praktischen Hilfen, ich möchte das alles nicht mehr missen. Liebe Grüße, Ines.
Pascua Theus
5. Februar 2015 um 15:41
Ich musste gerade laut lachen. Ich bin einer dieser Informatiker! 😀
Dagmar
5. Februar 2015 um 15:20
Was für ein Vortrag, es entspricht genau meiner Denkweise. Auch ich hätte mir nie träumen lassen, dass ich so viel Zeit investiere, bei der es nur ums Brot backen geht.
Wenn ich könnte wie ich wollte würde ich viel mehr lesen, backen und vor allem lernen
und an andere Menschen weitergeben. Wobei ich auch schon den einen oder anderen
angesteckt habe. Manchmal erschrecke ich mich richtig, wenn ich anfange von Vorteigen und Sauerteigen, Brühstück und Quellstück zu reden. Ich werde dann schon manchmal etwas skeptisch angeschaut und manche fragen dann, woher ich das alles weiß.
Sie sind dann schon erstaunt, dass ich mir alles erlesen habe und fast alles was ich bis heute weiß habe ich aus dem Internet, sprich von Bloggern wie DU “ Lutz“, Björn und Gerd. Ihr seid schuld, dass ich mein Brot jetzt selber backe….vielen, vielen Dank.
Lieben Gruß
Dagmar
Sven
5. Februar 2015 um 15:19
Hallo Lutz,
Super Manusskript. Mir gefällt wie klar und deutlich deine Worte sind. Ich hätte es lange nicht so gut aufschreiben können, aber du sprichst mir aus dem Herzen. Ich sehe jedoch eine Schwäche bei deiner Analyse, vielleicht stimmst du mir ja zu.
Du nennst die Kundensehnsucht nach transparenter Zubereitung und den Verzicht auf optisch motivierte Hilfsmittel als Grund für das Bäckerhandwerk um über die heute üblichen Arbeitsweisen nachzudenken. Deine Lösung ist eine handwerklichere Backerei-Kultur einzuführen. Das Problem ist nur, dass Problem und Lösung kaum verbunden sind.
Theoretisch ist die von dir beschrieben Kundensehnsucht durch ein Supermarktbrot zu befriedigen, dass mit Sauerteig und minimalen Zusätzen hergestellt wird. (Die niederländische Supermarktkette Albert Hein verkauft so deklarierte Brote.)
Aber ich glaube dass du mehr willst. Wahrscheinlich würdest du es begrüßen, wenn Bäcker ihre Kunst wieder als einen gesellschaftlichen Beitrag ansehen würden. Dass Bäcker den Wert ihrer Kunst vernachlässigen, wird von dir aber nicht als eigenes Problem beschrieben. Der Velust der Backkultur ist bei dir nur ein Faktor in der kausalen Kette, die zu unzufriedenen Kunden führt.
Super, dass du das Manuskript veröffentlicht hast. Noch einmal vielen Dank für den guten und deutlichen Beitrag. Weiter so!
Sven
Lutz
6. Februar 2015 um 08:35
Nein, Sven. Wenn du dir mein beschriebenes Ideal einer modernen Bäckerei ansiehst, wirst du die gesellschaftliche Verantwortung des Bäckers entdecken (Stichwort Ganzheitlichkeit/Nachhaltigkeit/Souveränität).
Björn
6. Februar 2015 um 08:44
Hallo Sven,
im Supermarkt wird, so lange es so weitreichende Ausnahmen bei der Deklarationspflicht gibt, immer der dringende Verdacht bleiben, daß nicht mit offenen Karten gespielt wird. Zumal kein „Bäcker“ persönlich dafür gerade steht oder für den Kunden greifbar wäre.
Und das betont Lutz ziemlich deutlich: das Handwerk darf sich nicht hinter Glitzertheken und optisch ansprechenden, aber gepanschten Produkten verstecken. Sondern Backkultur und Technik dem Kunden selbst nahe bringen durch Rezepte, Kurse etc.. Durch Verkaufspersonal, das weiß, wie viel Mühe hinter einem guten Brot steckt.
Björn
Laurent
5. Februar 2015 um 15:06
Kann ich alles unterschreiben.
Hier in Luxemburg ist es nicht anderes. Könnte ich Brot und Brötchen in gleicher Qualität kaufen wie ich es backe würde ich das sofort tun.
Ich würde auch sehr gerne etwas mehr dafür bezahlen, denn auch meine Freizeit ist ein kostbares Gut welches nicht unendlich vorhanden ist.
Ich bin mit viel Freude Hobbybäcker, da ich den Brotverbrauch unserer 4-köpfigen Familie aber zu 100% mit selbstgebackenem Brot abdecke grenzt das Backen sicherlich schon mehr an Arbeit als Hobby, ein Kneter mit 5kg Teigfassungsvermögen, wie ich denke daß er bei einigen Hobbybäckern zu finden ist, zeugt hiervon. (Hilfsmittel welche übrigens auch ihren Preis haben.)
sin-die-weck-weg
5. Februar 2015 um 15:57
Ich frage mich oft, ob ich wirklich zum Bäcker gehen würde, wenn es denn einen guten bei uns gäbe… Für Brötchen vielleicht, aber für Brot?
Wenn ich wieder die Knetmaschine anwerfe (bis vor kurzem für einen Haushalt mit Jungs im besten Vertilg-Alter…), dann meint mein Mann immer (mittlerweile mit einem Augenzwinkern): „Du musst nicht backen…!“ – aber ich will das ja! Es gibt nichts Befriedigenderes als selbstgebackenes Brot aus dem Ofen ziehen zun können! Und kreativ ist es zudem…
Also ich weiß wirklich nicht, ob ein – guter – Bäcker an mir noch viel verdienen würde?!
Laurent
6. Februar 2015 um 08:46
Deine Argumentation stimme ich 100% zu, das selberbacken macht Spaß, entspannt und der Stolz über das gelungene Ergebnis stimmt einen auch zufrieden.
Ganz aufgeben würde ich es denken ich nie, schon alleine um den Sauerteig am Leben zu erhalten.
Manchmal würde ich mir aber wünschen ich hätte eine (gleichwertige) Alternative die ich einfach so mal kaufen könnte wenn die Zeit es nicht zuläßt zu backen. (Ein ganzer Planing um ASG, Kochstück und Brühstück nimmt auch Kopfzeit in Anspruch, und da das Brotbacken meine Domaine ist will ich meine Frau auch nicht damit beauftragen.)
Laurent
6. Februar 2015 um 09:12
Lies dir mal Beitrag Nr 22. durch, Lutz gibt anschließend als Anwort den passenden Link bekannt….!
Allein die Vorstellung solch ein Bäcker in der Nähe zu haben…, welcher dir sicherlich auch noch mit Rat und Tat behilflich wäre beim gelegentlichen Selberbacken (weil er das Wissen dazu einfach noch hat) wäRe schon toll
http://www.baeckerei-steinleitner.de/
Wennich euer backhaus so sehe kann ich dein Standpunkt aber noch besser verstehen und zustimmen, sieht toll aus….
Mit freundlichen Grüßen aus Luxemburg.
Laurent
sin-die-weck-weg
6. Februar 2015 um 11:53
Ja, gegen eine solche Bäckerei in der Nähe hätte bestimmt nichts einzuwenden!!! Vermutlich würden da meine Backaktionen zuhause etwas weniger…
Das Backen an unserem Backhaus einmal im Monat ist toll – wenn die Leute mit ihren „Babys“ unterm Arm zur vorgegebener Zeit anrücken… Wenn das Brot dann eingeschossen und schönes Wetter ist, bleibt genügend Zeit zum Erzählen…
Der eine Backtag im Monat reicht aber nicht aus, um genügend Brot für einen Monat zu backen 😉 …
Lutz gibt übrigens dieses Jahr dort wieder einen Backkurs:
20.06.2015 (Brotbackkurs am Holzbackofen)
Laurent
6. Februar 2015 um 14:48
Es muss unvorstellbar toll sein sich mit sovielen Backenthusiasten an solch einem Backofen zu treffen.
Daß einmal im Monat nicht reicht kann ich mir vorstellen.
Ich knete 2x in der Woche 5kg Teig….
Wieviele Leute machen denn bei den Aktioun so mit?
Ist das dein Ofen welcher von den Co-Finanzier mitbenutzt werden darf? Warum wird nur 1x im Monat gebacken? Ist der Aufwand zu groß.
Ich habe in deinem und Lutz Blog gesehen daß der Meister schon vor Ort war…
Am Brotbackkurs darf jeder teilnehmen. (3 Stunden von Luxemburg aus wenn du bei Mannheim zu Hause bis.)
sin-die-weck-weg
6. Februar 2015 um 16:52
Beim Brotbackkurs von Lutz kann selbstverständlich jeder teilnehmen 🙂 – noch gibt´s ein paar Plätze…
Mit einmal Backen im Monat ist der Verein gut ausgelastet… Es muss ja alles organisiert und angefeuert werden.
„Backenthusiasten“ ist vielleicht übertrieben… Normale Leute, die stolz auf ihr eigenes Brot sind und sich über Rezepte oder Dorftratsch austauschen 😉 !
Gerade dieses „Socializing“ war im Konzept mit angedacht.
Weitere Infos hier: http://sin-die-weck-weg.milly.pf-control.de/blog/2014/10/09/backhausgeschichtenn/
Christina
5. Februar 2015 um 14:33
Eine wirklich tolle und gelungene Rede – vielen Dank dafür! Ich finde es toll, wenn Menschen eine solche Leidenschaft für ein Thema entwickeln können, bei dieser Rede spürt man diese Leidenschaft allein schon beim Lesen. Und sie lässt meine Vorfreude auf den Kurs im Herbst noch weiter ansteigen!
Petra aka Cascabel
5. Februar 2015 um 14:25
Sehr schön! Jetzt wünsche ich mir nur, dass sich die Bäcker deinen Vortrag auch zu Herzen nehmen und anfangen, das Gehörte in die Tat umzusetzen 🙂
Thomas
5. Februar 2015 um 14:19
Sehr gut geschrieben … Nichts weiter hinzuzufuegen!
Mario
5. Februar 2015 um 13:48
Chapeau, Lutz!
Da hätte ich aber die Reaktion der Teilnehmer im Saal gern live erlebt 😉
Und vielen Dank für die letzten sieben Jahre, in denen ich (meist als stiller Mitleser) Deinen Weg begleiten durfte …
Liebe Grüße aus Hannover
Gisela
5. Februar 2015 um 17:33
Meinen Kommentar hätte ich wortwörtlich genau so geschrieben (nur, dass ich erst etwa drei Jahre dabei bin). Danke Lutz!
Liebe Grüße aus dem Schwabenland
Gisela
Peter alias Schinkenbrot
5. Februar 2015 um 13:45
Dem ist nichts hinzuzufügen!
Wer sich nur beim Tanz um die goldenen Kälber aufhält kann an der Freude über selber gebackene gut schmeckende Brot, selbstgemachte gut schmeckende Schinken und Würste usw. nicht teilnehmen. Die Liste ist erweiterbar.
Möge diese Erkenntnis bei Verbraucher und Produzenten wachsen!
Thomas M. aus E.
5. Februar 2015 um 13:06
So isses! Großartig! Umdenken bei den Bäckern aber auch Umdenken bei den Verbrauchern. Ich fand den SWR Beitrag mit dem Messemer gut (via Plötz-Facebook). Es wird alles immer billiger und jede Bäckerei muss reagieren. Aber Qualität hat nun mal ihren Preis. Billig, billig, billig wird bald richtig teuer, teuer, teuer. Die aller-allerwenigsten sind bereit den tatsächlichen Preis für Waren und Dienstleistungen zu bezahlen. Jeder der 9-Cent-Brötchen kauft macht den lokalen Bäcker kaputt, jeder der bei Amazon kauft muss wissen, dass der Vertriebserlös nicht in D bleibt und hier Einzelhandelsstrukturen zerstört. Das bezahlen wir dann letztlich alle. Es ist aber leider auch so, dass sich sehr viele ein geschmacklich gutes Brot, ein Brot mit alten oder besonderen Mehlsorten traditionell/handwerklich gebacken nicht leisten können. Die Henne und das Ei. Und es gibt noch sooo viele andere Aspekte. Lutz ist auf dem richtigen Weg und er wird gehört! Bravo! Danke! Danke für Deine Arbeit! Weiterhin viel Erfolg! Gruß aus SH. Thomas
Maya
5. Februar 2015 um 13:03
Lieber Lutz,
gerne wäre ich bei Deinem Vortrag dabei. Nicht um Dir zuzuschauen (doch, natürlich auch) – aber vor allem, um in die Gesichter der Zuhörer zu schauen. Ob sie drüber nachdenken, was du sagst oder ob es abprallt. Ich backe, weil das Brötchen vom örtlichen Bäcker deutlich über 50 Cent kostet …und dabei dem Brötchen vom Discounter nebendran verdächtig ähnlich sieht (nichts gegen angemessene Preise für entsprechende Handwerksarbeit – aber aufbacken kann ich auch selbst) Und der Spaßfaktor kommt noch dazu. Ich bin Büromensch und es gibt für mich nichts schöneres, als -im Gegensatz zu meinem beruflichen Tun- etwas mit meinen Hände zu (er) schaffen. Und noch abschließend: ich bin fast ein bisschen neidisch,dass Du zweimal im Leben ein Thema für Dich gefunden hast, dass dich mitreisst. Wenn ich mir etwas für meine Kinder wünschen dürfte, dann genau das: dass sie eine Sache für sich finden, die sie genauso begeistert.
moni-fr
5. Februar 2015 um 12:38
Ich bin sprachlos… Wenn ich mich so tief vor Dir verbeugen könnte wie ich möchte, dann würde ich mit der Stirn vor mir auf den Boden schlagen…
Bei dem Vortrag hätte ich gerne neben Dir gestanden, um in die Gesichter der Zuhörer schauen zu können!
Herzliche Grüße
Monika
Björn
5. Februar 2015 um 12:32
Super geworden Deine Rede, kann ich vorbehaltlos alles unterschreiben. Dein Fazit ist auch aus meiner Sicht die einzige Rettung des Bäckerhandwerks. Und selbst obwohl ich inzwischen alle Brotsorten selbst in guter Qualität backen kann, wünschte ich mir doch an manchen Wochenenden einen Bäcker in meiner Stadt, bei dem ich gutes sauberes Brot auch mal kaufen kann. Zumeist, wenn ich müde um 6 Uhr morgens in meiner Küche stehe und den Brötchenteig knete, obwohl das Bett so schön gemütlich war 😉
Ich freue mich für Dich, daß Dir die Gelegenheit gegeben wurde, diese engangierte Rede vor Fachleuten und Bäckern zu halten. Hoffentlich bewegt sich dadurch noch etwas mehr in der Bäckerlandschaft.
limette
5. Februar 2015 um 14:12
@Lutz: Allerbesten Dank für diesen sehr sinnvollen Vortrag zugunsten unseres Grundnahrungsmittels!
@Björn: Ganz meine Meinung 🙂
Noch ergänzen möchte ich, dass es wundervoll wäre, unterwegs einfach den nächsten Bäcker ansteuern zu können und zu wissen, dass man dort endlich wieder großartiges Brot bekommt. Und dort, wie auch im Restaurant, nicht wünscht, man hätte welches von Zuhause mitgebracht.
sin-die-weck-weg
5. Februar 2015 um 12:29
Der Vortrag trifft auf meine Situation genau zu!
Dda bin ich ja mal sehr gespannt, wie der Vortrag ankam und was die Bäcker dazu zu sagen hatten!
Dass du da Blut und Wasser geschwitzt hast, kann ich verstehen 😉 !
http://www.sin-die-weck-weg.de