Von Klebern, Krume und Knetern

Sechs Knetmaschinen im Praxistest

Vor einem Brotbackkurs in Berlin habe ich kürzlich für die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) gemeinsam mit dem Journalisten Joachim Schirrmacher und meinen Teilnehmern sechs der gängigsten Knetmaschinenmodelle an einem Weizen- und einem Roggenteig getestet. Die Teige wurden u.a. nach Klebergerüst, Knetergebnis, Knetzeit, Teigtemperatur und am Ende auch das Backergebnis beurteilt.

Der Artikel ist am 10.05.2015 in der NZZ Sonntagszeitung erschienen und wird nun an dieser Stelle veröffentlicht. Die Fotos stammen von Bernhard Ludewig. Eine empfehlenswerte Langfassung des Tests ist auf dem Blog von Joachim Schirrmacher zu finden. Dort steht auch das Rezept für das Weizenbrot aus dem Test. Ich habe vor Ort die Teig- und Brotbeurteilung vorgenommen. Für den Text und seine Auswertung/Schlussfolgerung zeichnet sich Joachim Schirrmacher verantwortlich.


 

Das Kneten ist eines der größten Geheimnisse beim Brotbacken.

Doch welche Maschine ist dafür am besten geeignet? Im Praxistest zeigen sechs Küchenmaschinen ihre Stärken und Schwächen

Von Joachim Schirrmacher. Fotos: Bernhard Ludewig

Zum Brot backen braucht es keine spezielle Ausrüstung. Doch wer regelmäßig bäckt, schaut sich bald nach einer Küchenmaschine zum Teigkneten um. Oft informiert man sich in den Online-Foren, wo es für jede Maschine Verfechter gibt. Aber kaum jemand dort hat alle relevanten Maschinen unter gleichen Bedingungen getestet. Wir wollten es genau wissen. Zusammen mit Lutz Geißler, dessen „Ploetzblog.de“ und Brotbackkurse das Mekka für Hobbybäcker sind, haben wir die am häufigsten diskutierten Maschinen getestet.

Lutz Geißler mit den MaschinentesterInnen und dem Maschinenpark.

Lutz Geißler mit den MaschinentesterInnen und dem Maschinenpark.

© Lutz Geißler, www.brotbacken.de (cc-by-nc-nd)
Die MaschinentesterInnen und ich.

Uns interessierte: Wie gut wird beim Kneten der Weizenkleber entwickelt? Muss man 700 oder gar 1.500 Franken ausgeben? Um dieselben Bedingungen zu schaffen, haben wir in der Kochbar Berlin getestet, die mit acht Backöfen bestens ausgestattet ist. Gebacken haben wir ein von Geißler kreiertes „Schweizer Brot“, dessen Weizenteig lange geknetet werden muss damit eine kleine Krume mit gleichmäßiger Porung entsteht. Es folgte ein Roggenbrot. Da Roggen keinen Kleber hat, muss alles nur gut vermischt werden, damit im fertigen Brot keine Mehlnester durch Reste entstehen. Das kann auch gut per Hand erfolgen.

Aufgereiht stehen die zu testenden Knetmaschinen auf der Arbeitsfläche.

Aufgereiht stehen die zu testenden Knetmaschinen auf der Arbeitsfläche.

© Lutz Geißler, www.brotbacken.de (cc-by-nc-nd)
Der Maschinenpark.
Verschiedene Knethaken und anderes Zubehör der zum Test stehenden Knetmaschinen.

Verschiedene Knethaken und anderes Zubehör der zum Test stehenden Knetmaschinen.

© Lutz Geißler, www.brotbacken.de (cc-by-nc-nd)
Knetwerkzeuge aller Geräte im Vergleich.

Ausdauer statt Power

Anders als viele meinen, kommt es nicht auf eine hohe Geschwindigkeit oder viel Watt, sondern auf ausdauerndes Kneten an. Gewählt wurde jeweils die niedrigste Stufe für das Mischen. Das Mehl soll hier nur mit dem kalten Wasser verquellen. Das Kneten auf der jeweils zweitniedrigsten Stufe ist essentiell für die Entwicklung eines Klebergerüstes. Erst das ergibt eine gute Krume, also ein lockeres Brotinneres. Nur die Teigkonsistenz gibt verlässlich an, wann der Teig optimal geknetet ist, nicht die Zeitangaben in den Rezepten. „Der Teig bestimmt“, nennt es Geißler. Nicht getestet wurde das Kneten mit der Hand, da es viel Erfahrung für die richtige Roll-Dehn-Bewegung braucht (Lutz Geißler zeigt auf Youtube, wie es geht: „Ploetzblog“ und „Kneten von weichen Teigen“ eingeben). Dennoch ist es zu empfehlen, um den Teig und seine Eigenschaften kennen zu lernen.

In einer Schüssel wird die Temperatur des fertig gekneteten Teiges gemessen.

In einer Schüssel wird die Temperatur des fertig gekneteten Teiges gemessen.

© Lutz Geißler, www.brotbacken.de (cc-by-nc-nd)
Geprüft wurde u.a. die Teigtemperatur.
Teig wird vorsichtig zwischen den Fingern auseinander gezogen.

Teig wird vorsichtig zwischen den Fingern auseinander gezogen.

© Lutz Geißler, www.brotbacken.de (cc-by-nc-nd)
… und das Klebergerüst.

Alle Maschinen erreichen ein hohes Niveau

Florian Schwitzke, Koch der Schweizer Botschaft, der auch in einer Bäckerei lernte, beurteile mit Lutz Geißler das Ergebnis. Alle Brote waren gelungen. Die Unterschiede zwischen den Maschinen sind gering und kleiner als es die Tabelle zeigt. Dennoch sieht man zwischen dem luftigsten Brot der Häussler und den beiden festesten von Bosch und Kitchenaid einen Unterschied von 30 Prozent im Volumen. Auch der Unterschied, wie weich und elastisch die Krume beim Eindrücken ist, fällt deutlich aus. Hätte man nur mit der Bosch geknetet und würde man nichts anderes kennen, wäre man zu Recht zufrieden. Das dürfte erklären, warum in den Foren viele Besitzer von ihren Maschinen überzeugt sind.

Die Maschinentesterinnen bei der Arbeit. Im Test ein Handrührgerät.

Die Maschinentesterinnen bei der Arbeit. Im Test ein Handrührgerät.

© Lutz Geißler, www.brotbacken.de (cc-by-nc-nd)
Das Handrührgerät (alte Bauart, sehr robust) lieferte gute Ergebnisse.

Das größte Volumen mit der weichsten Krume

Das größte Volumen mit der weichsten Krume hat das Brot erzielt, dessen Teig von der Häussler geknetet wurde. Kein Wunder: Die Spezialmaschine wurde fürs Kneten konstruiert. Die Kenwood Cooking Chef mit ihrem „Profi-Knethaken“ KW 711659 (das Modell Major ist bis auf das Induktionskochfeld identisch) knetet den Teig in diesem Test am besten. Aber das fertige Brot ist weniger luftig als das Häussler-Brot, weil die Teigtemperatur mit 26 °C bei Häussler optimaler für die Brotstruktur und das Volumen war. Überrascht hat der Thermomix. Man könnte meinen, sein Mixmesser hacke den Teig nur. Doch das Klebergerüst ist nach acht Minuten gleichmäßig ausgebildet. Allerdings wird der Teig 4 bis 6 Grad wärmer als alle anderen. Das dürfte eine Ursache sein, warum viele Nutzer zufrieden sind, geht der Hefeteig so gut auf. Doch ein gutes Brotaroma entwickelt sich nur mit wenig Hefe und viel Zeit, was eine niedrige Teigtemperatur bedingt.

Die Ankarsrum ist ein Exot, bei der sich die Schüssel dreht. Sie überzeugt, braucht aber deutlich länger als alle anderen. Das fertige Brot ist ähnlich luftig wie bei Häussler, wenn auch nicht ganz so voluminös. Die Bosch MUM 4 mischt sehr gut, hier kommt sie fast an die Kenwood heran. Doch sie kam dann über einen moderat gekneteten Teig nicht hinaus. Das Brot ging daher am wenigsten auf und hatte die festeste Krume. Die Kitchenaid arbeitet solide, allerdings klettert der Teig am Haken hoch. Das fertige Brot ist gleichauf mit dem Bosch-Brot. Da sie laut Internetpreisen mehr als das Fünffache der Bosch MUM 4 kostet, rückt die Kitchenaid auf den letzten Platz.

Die Ankarsrum knetet Weizenteig mit einem zylinderförmigen Knetelement.

Die Ankarsrum knetet Weizenteig mit einem zylinderförmigen Knetelement.

© Lutz Geißler, www.brotbacken.de (cc-by-nc-nd)
Die Ankarsrum überzeugte mit dem Knetergebnis, brauchte allerdings deutlich länger als die Spiralkneter.
In der Ankarsrum wird Roggenteig geknetet.

In der Ankarsrum wird Roggenteig geknetet.

© Lutz Geißler, www.brotbacken.de (cc-by-nc-nd)
Dafür hatte die Ankarsrum beim Roggenteig die Nase vorn, dank Teigabstreifer.
Am Knethaken der Kitchen Aid ist Teig nach oben geklettert.

Am Knethaken der Kitchen Aid ist Teig nach oben geklettert.

© Lutz Geißler, www.brotbacken.de (cc-by-nc-nd)
Die Kitchen Aid hatte das altbekannte Problem: Der Teig klettert nach oben. Das Knetergebnis war deutlich schlechter als bei den meisten anderen Maschinen.
In der Knetschüssel des Thermomix befinden sich Teigreste rund um die am Boden sitzende Messer.

In der Knetschüssel des Thermomix befinden sich Teigreste rund um die am Boden sitzende Messer.

© Lutz Geißler, www.brotbacken.de (cc-by-nc-nd)
Der Thermomix zeigte gute Knetergebnisse, erwärmte den Teig aber extrem und ließ sich schwierig reinigen.

Welche Maschine ist die richtige?

Die Häussler Alpha ist ideal für Hobbybäcker. Mit einem Volumen für 3 Kilogramm Mehl und einem Gewicht von 29 Kilogramm dürfte sie für viele Haushalte allerdings zu groß sein. Unsere Empfehlung für den normalen Haushalt, in dem viel gebacken wird, ist daher die Kenwood Major bzw. Cooking Chef, danach folgt die Ankarsrum. Die kleine Bosch Mum eignet sich für Anfänger, gelegentliche Nutzer und das kleine Budget. Der Thermomix ist zum regelmäßigen Brotbacken aufgrund seiner hohen Teigtemperatur nicht ideal. Für die Kitchenaid bezahlt man viel für wenig Leistung. Bei der Wahl der Maschine spielen aber auch weitere Faktoren eine wichtige Rolle: Was will man neben dem Teigkneten mit der Maschine in welchen Mengen machen? Welches Zubehör gibt es, und wie gut ist es? Oder: Gelingen Eischnee und Schlagsahne?

Angeschnittene Weizenbrote mit erkennbaren Volumenunterschieden liegen in einer Reihe auf einem Gitterrost.

Angeschnittene Weizenbrote mit erkennbaren Volumenunterschieden liegen in einer Reihe auf einem Gitterrost.

© Lutz Geißler, www.brotbacken.de (cc-by-nc-nd)
Die Weizenbrote im Anschnitt. Deutliche Volumenunterschiede, je nachdem wie gut das Klebergerüst und die Teigtemperatur entwickelt war.
Zwei Brote im Anschnitt zeigen aneinandergehalten ihren deutlich unterschiedlich großen Brotquerschnitt.

Zwei Brote im Anschnitt zeigen aneinandergehalten ihren deutlich unterschiedlich großen Brotquerschnitt.

© Lutz Geißler, www.brotbacken.de (cc-by-nc-nd)
Die beiden kleinsten und größten Brotvolumina.

Veröffentlicht in: „Von Kleber, Krume und Knetern“.
NZZ am Sonntag, 10. Mai 2015 , Seite 24 – 25

Die Ergebnisse in Tabellenform.