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2. November 2015 · 10 KommentareRezension: „Besser backen“ von Paul Hollywood

„Besser backen“ von Paul Hollywood
Der britische Buchmarkt wird seit geraumer Zeit von Brotbackbüchern geflutet, die von den Teilnehmern und Juroren des britischen Originals von „Deutschlands bester Bäcker“ stammen. Dort hieß der Wettbewerb „The Great British Bake Off“ und wurde von Hobbybäckern bestritten. Juror Paul Hollywood, selbst seit über 30 Jahren Bäcker, hat es mit seinem Buch nun in den deutschen Markt geschafft.
Ein dicker Wälzer mit ästhetischen Fotografien und einer Bandbreite an Rezepten, die von Hefe- über Sauerteigbrote bis hin zu Feinbackwaren reicht.
Hollywood zeigt einige Schritt-für-Schritt-Anleitungen, gibt eine Hand voll allgemeine Tipps zum Backen und zum Zubehör. Das meiste davon ist stimmig, einiges aber fachlich fraglich, anderes falsch. So zum Beispiel seine Ausführungen über Dinkelmehl, das seiner Meinung nach backschwächer ist, weil es weniger Gluten (Klebereiweiß) enthält. Der tatsächliche Grund ist die andere Glutenqualität, zumal Dinkel häufig mehr Gluten enthält als Weizen, nicht weniger.
Hollywoods Hefebrote sind für Einsteiger akzeptabel, arbeiten aber mit viel Hefe und ohne Vorteige. Auf Frischhefe umgerechnet sind das etwa 5-6% der Gesamtmehlmenge. Geschmack kommt hier eher durch aromatische Zutaten, mit denen der Autor in einem eigenen Kapitel spielt. Ein reines Roggenbrot völlig ohne Sauerteig ist auch dabei, ein Unding – geschmacklich wie gesundheitlich.
Das Sauerteigbrotkapitel ist dagegen im Vergleich empfehlenswert. Hollywood arbeitet mit Weizensauerteig und versäuert in seinen Rezepten rund 25% Mehl bei Raumtemperatur. Die Brote bekommen dadurch und durch die langen Teigruhezeiten von ca. 12 Stunden eine saure Note, die der Nachbäcker mögen muss. Hollywoods Sauerteigrezepte sind dennoch schlüssig, wenngleich die Begründung mancher Details der Sauerteigherstellung fachlich falsch ist (z.B. weshalb er geriebenen Apfel in den Sauerteigansatz gibt – es ist sinvoll, aber falsch erklärt).
Ein großes Problem an diesem Buch ist seine Übersetzung aus dem Englischen. Fachbegriffe werden mit aus der Not heraus geborenen Wortschöpfungen übersetzt, für die es auch im Deutschen passendere Begriffe gibt. Außerdem erschließen sich die Mehltypen nicht. Außer Weizenmehl 550 gibt es keine Typenangaben (insbesondere bei Roggen und Dinkel). Die Umrechnung von Trocken- auf Frischhefe ist falsch und mag in Großbritannien passen, aber nicht für deutsche Hefeprodukte. Und zu guter Letzt wird ein erstaunlich klein gehaltenes Bezugsquellenverzeichnis für Mehle und Zubehör geboten, das äußerst kurios und wählerisch zusammengestellt ist, offenbar nach dem Motto „Hauptsache da steht was“. Etwas mehr Liebe zum Detail in der Anpassung des britischen Originals an den deutschsprachigen Raum wäre wünschenswert gewesen.
Fazit:
Für Anfänger ein möglicherweise nützliches Buch, wenngleich durch die Übersetzung Vorsicht bei den Rezepturen geboten ist. Hollywood kann backen, keine Frage, aber sein Buch in deutscher Übersetzung überzeugt nicht.
Besser backen
304 Seiten, 2015
Verlag: Thorbecke
ISBN: 978-3799505765
Preis: 24,99 €
Aktualisiert am 5. November 2015 |
Monika
6. Mai 2017 um 19:26
Hallo
Ich habe schon einiges von Paul gemacht, die Rezepte sind toll! Habe mir einige englische ausgedruckt übersetzt und natürlich auch gebacken! Ein genialer Bäcker! Das Buch auf Deutsch habe ich und die Rezepte funktionieren. Wenn ich die Hefe reduziere braucht es einfach mehr Zeit!
Ich empfehle dieses Buch!
Hagen
13. Dezember 2015 um 12:13
Ich würde sagen, die Sendung hat er bei Britain’s Best Bakery ihren Ursprung. Da sind auch Bäckereien gegeneinander angetreten, allerdings war es um Längen interessanter als das Lafer-Gegrinse beim ZDF. Natürlich gibt es zu BBB auch ein Buch, das ist wohl zur Zeit standard.
Sabine
4. Dezember 2015 um 04:22
Hi Lutz,
das erste Buch 100 great breads, im original, ist auch ungenau in den Zutatenangaben ,gerade the Hefeangabe sind mal in Gramm oder Ounces oder in Packungsgroesse. Da auch hier in den USA die Hefe package anders ist als in Europa/ England , naehmlich nur 17 g. sind die Rezepte verwirrend..Leider hab ich schon haeufig dieses Zutatenwirrwarr erlebt, nicht nur bei diesem guten Baecker.
Patrick
6. November 2015 um 22:13
Hallo Lutz,
Kannst du ausführlicher erklären warum, weshalb und wieviel Apfel man in den Sauerteig machen würde?
Lutz
11. November 2015 um 13:34
Hallo Patrick,
an der Schale des Apfels „hängen“ Milchsäurebakterien und Hefen, die du dir über den Saft des frisch geriebenen Apfels in den Sauerteigansatz holst. Ich würde die halbe Wassermenge mit dem Saft ersetzen.
Hamleys
4. November 2015 um 22:22
Hallo Lutz, eine kleine Korrektur am Rande: Die in England extrem populäre Sendung „The Great British Bake Off“ hat nichts mit „Deutschlands bester Bäcker“ zu tun, sondern man hat versucht, sie auf SAT1 in „Das große Backen“ ins Deutsche zu übertragen, was m.E. kläglich gescheitert ist. Nun ist es nicht so schwierig, englisch Rezepte zu übersetzen, aber wenn es irgend geht, würde ich immer zum englischen Original greifen (das ich in diesem Fall auch besitze), denn ich habe schon oft die Erfahrung gemacht, daß schlecht oder ungenau übersetzt wird bzw. auch einiges an britischem Charme verloren geht. Manche Zutaten sind auf der Insel auch einfach anders, so ist es z.B. wirklich schwierig, dort Frischhefe zu bekommen, dafür gibt es verschiedene Arten von Trockenhefe. Paul Hollywood kann definitiv backen, das hat er in verschiedenen TV-Sendungen gezeigt, aber er ist sicher eher Praktiker als Theoretiker, wodurch manche Schwächen des Buches zu erklären sind.
Rikibu
3. November 2015 um 20:20
Hallo Lutz,
da bin ich doch mal gespannt, ob es zum deutschen Pendant, siehe hier, auch ein Rezensionsexemplar geben wird.
Der Preis für das Werk ist ja schon mal sehr gewagt…
Lutz
5. November 2015 um 06:53
Ja, ich werde das Buch besprechen. Auf der Buchmesse in Frankfurt stand es schon, aber nur mit Inhaltsverzeichnis und vielen weißen Seiten. Das Verzeichnis las sich aber schonmal gut…
Katrin
3. November 2015 um 14:04
Danke für die Rezension. Ich finde Übersetzungen ja immer etwas schwierig, gerade weil es doch so viele Unterschiede in den Rohmaterialien gibt.
Die Sendung „The Great British Bake Off“ mag ich sehr, vor allem da dort auch herzhaft gebacken wird. Die deutsche Version ist übrigens nicht „Deutschlands bester Bäcker“ sondern „Das Große Backen“. Wobei die Stärke der Jury dort eindeutig in der Pâtisserie liegt.
Lutz
5. November 2015 um 06:50
Deutschlands bester Bäcker hat seinen gedanklichen Ursprung bzw. seinen Auslöser auch im TGBBO.