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23. November 2015 · 5 Kommentare

Rezension: „Das große Hinkel Brotbackbuch“ von Josef Hinkel

"Das große Hinkel Brotbackbuch" von Josef Hinkel

„Das große Hinkel Brotbackbuch“ von Josef Hinkel

Wer kennt Bäcker Hinkel nicht?
Schon vor Jahren, als ich noch nicht im Traum daran dachte, einmal abseits meines Geologendaseins ein Brot zu backen, stand ich schon mit aufgerissenen Augen und tropfendem Zahn vor dem Schaufenster der Bäckerei Hinkel in Düsseldorf. Eine Institution in Sachen Brot. Nun hat Meister Hinkel im Droste-Verlag ein eigenes Brotbackbuch herausgegeben.

Verspielt, herzlich, mutig gestaltet und locker in der Sprache. So kommt Hinkels Buch daher. Der Leser fühlt sich an die Hand genommen. Hier wird’s heimelig.

Mit theoretischen Grundlagen hält Hinkel sich nicht auf, auch Mehltypen spielen keine Rolle. Bei ihm gibt es nur Roggenmehl, Weizenmehl, Dinkelmehl und entsprechende Vollkornvarianten.
Hinkel ist verliebt. Anders lassen sich die enormen Salzmengen von 3-4% der Mehlmenge nicht erklären. Üblich sind 2%, mal mehr, mal weniger, aber nicht auf das anderthalbfache bis doppelte Niveau – und zwar durchgehend.

Die Rezepte arbeiten mit einer Hand voll Grundteigen, die durch Sonderzutaten ergänzt werden. Der ein oder andere praktische Kniff aus der Backstube ist dabei, aber die Beschreibungen kränkeln am Verzicht auf Ausführlichkeit. So wird der Leser zwar zum Ansetzen eines Schaumsauerteiges ermutigt, erfährt aber nicht, was es eigentlich damit auf sich hat, noch nicht einmal wie es zum „Schaum“ kommt. Einfaches Verrühren, wie im Buch beschrieben, reicht da nicht aus.
Die Hefemenge ist mit 2-3% moderat bäckertypisch angesetzt, die Arbeit mit Vorteigen verdient lobende Erwähnung, kommt mit unter 10% der Mehlmenge im Vorteig aber recht bescheiden daher.
Knetzeiten, Wassermengen und Zeitangaben sind der bäckerischen Praxis entsprungen, aber (so meine Vermutung) nicht für den Haushaltsmaßstab getestet und heruntergebrochen worden.
So vergibt sich das Buch auch die Gelegenheit, die Rezepturen durchweg fotografisch wiederzugeben. Zwar sind einige der Brote hervorragend bildlich porträtiert, aber eben aus dem professionellen Bäckerofen, nicht aus dem Haushaltsofen.

Das große Pfund des Buches sind keineswegs die Rezepte, die allenfalls Kollegen und erfahrenen Hobbybäckern zum Erfolg verhelfen werden, sondern die Einblicke in Hinkels Bäckerleben, Familiengeschichte und Bäckereientwicklung. Was diesen Mann so sympathisch macht, steht in und zwischen den Zeilen. Selbst die Rezeptbeschreibungen atmen seinen unermüdlichen Drang zu gutem Brot, einfacher Handwerksarbeit und ehrlichem Unternehmertum.

Fazit: Ein großartiges Buch über Hinkels Bäckerei und Leben. Sehr zu empfehlen, wenn der Leser bereit ist, die Rezepte mit viel Vorwissen zu betrachten oder weiter bei Hinkel in Düsseldorf Brot zu kaufen.

Das große Hinkel Brotbackbuch
160 Seiten, 2015
Verlag: Droste Verlag
ISBN: 978-3770015412
Preis: 24,99 €

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Keine Kommentare

  1. Hallo Lutz,
    da bisher alle deiner Beurteilung zugestimmt haben, muss ich doch mal eine Gegenstimme dalassen, auch wenn die Sache schon etwas älter ist.

    Für mich war das Hinkel-Backbuch der perfekte Einstieg ins Backen von „richtigem“ Brot. Bis dahin beschränkten sich meine Kenntnisse auf Hefebrot und -brötchen, die mal mehr und mal weniger gelangen.
    Sauerteigerfahrungen hatte ich kaum, jedenfalls keine brauchbaren.Mit den Anleitungen vom Bäcker Hinkel hat bei mir alles super geklappt, von meinen ersten Broten war nicht nur ich begeistert. Und das lag zu einem nicht unerheblichen Teil daran, dass die Rezepte sich auf das Nötigste beschränken und sich nicht in fachlichen Feinheiten ergehen. In einem Punkt gebe ich dir recht – die Salzmengen kann man etwas reduzieren. Abrr die Sache mit dem vereinfachten Schaumsauerteig finde ich so verkehrt nicht und praktiziere sie auch öfter noch. Nachdem ich eine Weile mit Hinkel glücklich war, habe ich mir deine ersten beiden Bücher schenken lassen für den tieferen Einblick ins Bäckerhandwerk. Ich nutze alle drei als Grundlage für meine eigenen Experimente und das funktioniert! Vielleicht muss man dafür so drauf sein wie ich, also grundsätzlich nie hundertprozentig nach Rezept kochen/backen 🙂

  2. Hallo Lutz, ich bin jetzt erst auf die Rezension gestoßen. Als Düsseldorfer und Kunde der Bäckerei Hinkel in der Düsseldorfer Altstadt habe ich mir das Buch gekauft. Nach der Lektüre und ersten Backversuchen muss ich sagen, dass das Buch mit Deiner Beurteilung mehr als gut weggekommen ist. Es ist völlig ungeeignet für Anfänger und auch Fortgeschrittene werden so manche Brote nur nach kritischer Beurteilung der Rezepturen backen können, weil Zutatenmengen einfach nicht stimmen.

    Ich habe Herrn Hinkel bezüglich so mancher Fehler angeschrieben. Eine Antwort ist er mir schuldig geblieben. Von mir also ganz klar keine Empfehlung.

    Herzlicher Gruß! Thomas

  3. Hallo Lutz,
    auch ich habe dieses Buch in Erwartung toller Rezepte gekauft. Doch leider entpuppte sich das Werk für den Hobbybäcker ohne Backerfahrungen als ungeeignet. Wenn ich morgens erst einmal einen Schaumsauer anrühren und mindestens drei Stunden bis zur Weiterverarbeitung warten muss, dann wird so ein Brot ja erst am Nachmittag fertig. Der Autor hätte gutgetan, wenn er für die Rezepte die Detmolder Einstufenführung (DEF) beschrieben und verwendet hätte. So könnten auch Hobbybäcker mit weniger Erfahrung die Rezepte nachbacken.
    Fazit: Außer Spesen nichts gewesen.

    Lieben Gruß Ute (Tosca)

  4. Hallo Lutz,
    ich habe mir gestern das Buch bei der Mayerschen angesehen.
    Wer Ahnung vom Brotbacken hat, braucht es nicht, weil Wichtiges fehlt (Mehltypen, Temperaturen und andere Stellschrauben). Dem Anfänger ist mit so krager Information auch nicht zu gutem Brot zu verhelfen. Also: Wer braucht dieses (Bilder-)Buch??
    Da lob ich mir doch Deine beiden Bibeln; daraus habe ich viel gelernt und tue dies bei jedem Nachschlagen immer wieder.

    Danke hierfür!!
    Viele Grüße aus Düsseldorf,

    Ingrid

  5. Hallo Lutz,
    Das Hinkel Buch bekam ich geschenkt, weil mein Mann dachte mir damit einen Gefallen zu tun.
    Mit Sauerteig hatte ich vor einiger Zeit schon mal gebacken und wollte es nun mal wieder ausprobieren.
    Das Buch hat mich verzweifeln lassen , weil bis  auf einen normalen Hefestuten nichts gelang.
    Zum Glück fand ich Deine Seite und viele Fragen wurden beantwortet. Deine Rezension des Buches entspricht genau dem, wie ich es auch sehe.
    Nun habe ich inzwischen Dein Buch, der erste Sauerteig  arbeitet und ich freue mich auf mein erstes Brot, da ich nun für alles eine ausführliche Erklärung und Anleitung bekomme.
    Gruß Angelika

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