Andere Bezeichnungen: technische Enzyme, exogene Enzyme
Während sich früher natürlicher Enzyme in Form von Malzen (u.a. mit Amylasen, Proteasen und Pentosanasen) bedient wurde, werden heute fast alle in Backmitteln oder Mehlen zugesetzten Enzyme synthetisch hergestellt, entweder aus Bakterien- oder Pilzkulturen, die häufig gentechnisch verändert sind, um ganz spezifische Enzyme zu produzieren. Diese Enzyme werden je nach Quelle funktionelle, technische oder exogene Enzyme genannt. Die meisten davon kommen in der Natur nicht vor.
Da Enzyme Eiweißverbindungen sind, denaturieren (gerinnen) sie oberhalb von etwa 50 – 60 °C und sind nicht mehr wirksam. Deshalb war es in Backwaren bislang nicht nötig, Enzyme als Zusatzstoffe zu deklarieren. Inzwischen existieren zahlreiche funktionelle Enzyme (z.B. Thermo-Proteasen), die auch weit oberhalb dieser Temperaturen wirksam bleiben und so auch Temperaturen überstehen könnten, die beim Backen im Brot oder Brötchen auftreten. Die Kerntemperatur erreicht im Brot oder Brötchen im Normalfall maximal 98 °C.
Selbst wenn diese funktionellen Enzyme durch die Hitze in ihrer Funktion inaktiviert wurden, verändern sich vor allem in Bereichen der Brotkruste, die beim Backen nicht mit Wasserdampf in Kontakt kommen (z.B. beim Kastenbrot), die Enzymstrukturen kaum. Technologisch wirksam sind sie nicht mehr, aber sie behalten so ihr allergenes Potential, wenn auch extrem verringert.
Es gibt momentan (Stand: 2016) etwa 10.000 natürliche und rund 240 kommerziell erwerbbare funktionelle Enzyme. Die derzeitig verfügbaren Labormethoden erlauben es nicht, eine Probe nach Enzymen durchzuscannen. Es muss nach jedem einzelnen Enzym gezielt und aufwändig gesucht werden. Da niemand außer den Herstellern die genaue Spezifikation der eingesetzten Enzyme kennt und damit der Nachweis unmöglich ist, wäre eine generelle Kennzeichnungspflicht für technische Enzyme angebracht.
Die gängigsten Enzyme für Backmittel und Mehlbehandlungsmittel und ihre Wirkung tabellarisch zusammengefasst:
Enzym
Funktion
Pilz-α-Amylase
Spaltung von Stärke in Dextrine (Vielfachzucker) als Hefenahrung, Verbesserung von Volumen und Lockerung
Bakterielle α-Amylase
Verringerung der Teigviskosität, Verbesserung der Krustenbräunung und des Ofentriebes
α-Amylase (hitzestabil)
Verbesserung der Frischhaltung (langsameres Altbackenwerden)
β-Amylase
Spaltung von Dextrinen in Maltose (Zweifach- bzw. Malzzucker) als Hefenahrung, Verbesserung der Frischhaltung und des Ofentriebes
Amyloglucosidase (Glucoamylase)
Stärkespaltung in Traubenzucker, Verbesserung von Geschmack und Krustenfarbe
Cellulase
Verbesserung des Wasserbindevermögens im Teig, der Kneteigenschaften und der Teigstruktur
Furanosidase, Arabinofuranosidase
Verbesserung des Wasserbindevermögens im Teig und der Teigstruktur
Ferulsäure- und Cumarsäureesterase
Verbesserung des Wasserbindevermögens im Teig und der Teigstruktur
Glucotransferase
Verbesserung des Wasserbindevermögens im Teig
Glutathionoxidase
Stärkung des Proteins
Glycolipase, Galactolipase
Teigstabilität und Volumenausbeute
β-Glucanase
Verringerung der Teigviskosität, Strukturverbesserung des Brotes
Glucoseoxidase, Galactoseoxidase, Hexoseoxidase
Verbesserung der Teigstruktur
Hemicellulase, Pentosanase, Xylanase
Verbesserung des Wasserbindevermögens im Teig, der Teigstruktur, der Kneteigenschaften und des Brotvolumens
Laccase, Polyphenoloxidase
Verbesserung der Teigstabilität
Lipase
Verbesserung von Aroma, Teigstabilität und Brotvolumen
Lipoxygenase, Lipoxidase
Verbesserung der Teigstruktur, Aufhellung der Brotkrume
exo-Peptidase
Verbesserung des Aromas
Peroxidase
Stärkung des Klebergerüstes
Phospholipase
Verbesserung der Porenstruktur und des Volumens
Protease, Proteinase
Schwächung des Klebergerüstes, Verbesserung der Kleberelastizität und Krustenbräunung
Pullulanase
Veränderung der Teigstruktur und des Wasserbindevermögen
Sulphhydryloxidase
Stärkung des Klebergerüstes
Sulphydryltransferase
Stärkung des Klebergerüstes
Transglutaminase
Stärkung des Klebergerüstes, Verbesserung der Teigeigenschaften
Abhängig davon, welcher Organismus das jeweilige Enzym herstellt, unterscheiden sich die Wirkungsweisen auch noch innerhalb der einzelnen Enzyme.