Der Plötz-Brot-Check
Ein neues und einfaches Bewertungsschema für Brot und Brötchen
In Deutschland werden seit den 1930er Jahren offizielle Brotprüfungen durchgeführt. Ziel war und ist es, die Brotqualität der Bäckereien zu bewerten und durch die fachliche Expertise der Prüfer Hinweise zur Verbesserung der Backwaren zu geben. Die Prüfungen sind bis heute freiwillig. Die Bewertungskriterien haben sich mehrmals geändert. Heute existieren mehrere Institutionen, die Brotprüfungen anbieten, mit dabei die DLG, das IGV oder das DBI. In den Supermärkten, aber auch in vielen Bäckereien werden Bronze-, Silber- und Goldmedaillen, Urkunden und dergleichen mehr zur Schau gestellt. Die Bewertungskriterien dafür sind aber mehr als intransparent.
Was ist das Problem?
Gelingt es dann, die Kriterien einzusehen, stellt man erschrocken fest, dass es bei der Prüfung vorrangig um Kriterien geht, die (zumindest aus meiner Sicht) kaum Relevanz haben oder das (geschmackliche) Bewertungsniveau zu niedrig ist, um aus Verbrauchersicht gute Brote zu finden. So habe ich es schon oft erlebt, dass mit voller Punktzahl bewertete Brote bei mir geschmacklich durchgefallen wären – und das, obwohl der Geschmack in der Theorie bei DLG und DBI auch sehr hoch gewichtet wird.
Relevante Kriterien
Deshalb habe ich mich auf den Weg gemacht, ein eigenes Bewertungsschema zu entwickeln, das die für mich (und vermutlich auch für viele Kundinnen und Kunden) relevanten Kriterien für gute Backwaren zusammenfasst und so wichtet, dass der Geschmack und die Inhaltsstoffe dominieren. Der Test schaut aus Verbrauchersicht auf gekauftes Brot. Insofern spielen ästhetische Varianzen, etwa eine etwas zu stark bemehlte Kruste, kaum eine Rolle. Erst recht führt ein ästhetischer Fehler nicht zu einer markanten Abwertung. Außerdem verzichte ich auf eine Punktvergabe und bleibe bei einer relativen Beurteilung.
So funktioniert der Brot-Check
Der Aufbau des Checks folgt der klassischen Reihenfolge bei der Verkostung von Backwaren, also von außen nach innen. Zunächst wird das Äußere des Brotes beurteilt, dann der Anschnitt, im Folgenden Geruch, Geschmack und Mundgefühl. Die Knusprigkeit der Kruste spielt keine Rolle, weil sie stark durch äußere Einflüsse während der Zeit nach dem Backen kontrolliert wird, also weitgehend außerhalb des Einflussbereiches des Bäckers liegt. Eine hohe Wichtung nehmen hingegen die Qualität und Zusammensetzung der Zutaten ein – eine Kategorie, die in allen anderen Prüfungsschemata völlig ausgeklammert wird. Mit Blick auf die ökologischen Folgen der Rohstoffherstellung und auf die Naturbelassenheit eines Brotes, beeinflusst diese Kategorie deutlich die Einschätzung, ob ein Brot „sehr gut“, „durchschnittlich“ oder „mangelhaft“ ist.
In Schulnoten ausgedrückt
1 | sehr gut |
2 | „durchschnittlich“ mit mehreren Fehlern beim Aussehen ➙ gut |
3 | durchschnittlich |
4 | „durchschnittlich“ mit mehreren Fehlern bei Geruch, Geschmack, Mundgefühl oder Zusammensetzung ➙ unbefriedigend |
5 | mangelhaft |
6 | „mangelhaft“ mit mehreren Fehlern bei Geruch, Geschmack, Mundgefühl oder Zusammensetzung ➙ ungenügend |
Ich habe das Schema bewusst einfach gehalten, damit es nicht nur von geschulten Prüfern, sondern von allen Menschen im Alltag genutzt werden kann, um das eigene oder gekaufte Brot zu testen und damit den Sinn für gutes Brot zu schärfen.
Auch für Profis
Das Schema soll auch professionellen Bäckern ein praktisches Handwerkszeug sein, um selbst schnell und unkompliziert den Qualitäts-Check durchzuführen oder das Personal darin zu schulen.
Ich habe den Test mehrfach erfolgreich in der eigenen Bäckerei, aber auch bei mehr als 70 anderen Bäckereien angewandt, wünsche mir aber dennoch eine stete Weiterentwicklung. Deshalb bin ich über Anregungen, Verbesserungs- bzw. Vereinfachungsvorschläge sehr dankbar.
Zum Thema in Plötz’ Brotschau
Im neuen Brotschau-Artikel Qualitätssiegel für Brot – intransparent und fragwürdig zeichne ich nach, wie sich die Bewertungskriterien für Brot und Bäckereierzeugnisse in den letzten 100 Jahren verändert haben. Dies sei verraten: Nicht immer zum Vorteil der Verbraucherinnen oder Verbraucher. Gehen wir also der Frage nach, was ein „sehr gut“ oder eine „Goldmedaille“ für ein Brot im Supermarkt oder in der Bäckerei heute wirklich bedeuten und wie transparent die Prüfinstitute arbeiten.