Brotbackkurse in Norwegen – ein Reisebericht
Im vergangenen Jahr war ich zu Gast zu einem Interview beim Mitteldeutschen Rundfunk. Dieses Interview hörte auch Bernd Lahmeyer, ein Deutscher, der mit seiner Familie vor fast 20 Jahren nach Norwegen auswanderte und in der Deutsch-Norwegischen Gesellschaft engagiert ist. Noch während der Sendung schrieb er eine Mail an den MDR, dass auch in Norwegen nach meinen Rezepten gebacken würde. Die Mail wurde noch in der Sendung vorgelesen.

Ein Sandweg durch die Dünen führt zum fast menschenleeren Sandstrand bei Stavanger.
Dass diese Mail denselben Absender hatte, wie eine wenige Wochen später an mich gerichtete Mail, habe ich erst jetzt in Norwegen erfahren. Bernd fragte, ob ich nicht Lust hätte, in Norwegen Brotbackkurse zu geben. Klar, wer sagt da „nein“? Als Selbstständiger müssen zwar auch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stimmen, aber dass ich als Brotbäcker nun in ein Land reisen sollte, das ich als Geologe schon immer erkunden wollte, war mehr als nur Glück.
Fahre ich mit meinem Auto samt Zubehör oder fliege ich? Mit Auto verliefe der Kurs sicherer, weil ich mit den Dingen arbeiten könnte, die ich kenne. Per Flugzeug würde es ein Abenteuer. Und so kam es. Mit nichts als mit meinen drei Sauerteigen im Gepäck flog ich über Oslo nach Stavanger. Alles andere organisierte Bernd.
In den Stunden vor dem ersten Kurs habe ich mit Bernds Frau einige Bäckereien in Stavanger erkundet. Ich verstehe jetzt, weshalb der Wunsch nach deutschem Brot hier unter den vielen Deutschen in Norwegen so groß ist. Es gibt hauptsächlich Weizenbrote, luftig, wattig. 10 Scheiben gegessen und der Bauch fühlt sich leer an.

Eine Auswahl verschiedener Köstlichkeiten wie Croissants, Plunder, Schokoladenkuchen etc. liegt in der Auslage von Jakobs Bäckerei.
Viele Bäckereien werden von Dänen betrieben, darunter Jakobs Bäckerei, eine der wenigen Norwegens, die komplett mit ökologischen Zutaten arbeiten. Jakob hat viele Jahre als Koch bei Sterneköchen im Ruhrgebiet gearbeitet und danach in Stavanger eine Bäckerei eröffnet. Seine Brote schmecken, sind konsequent ohne Zusatzstoffe gebacken, aber Auswahl und Qualität können nicht mit der hiesigen mithalten. Für mich die beste Bäckerei, die ich in Stavanger besucht habe.

Die Teiglinge werden portioniert, geformt und in Kastenformen gesetzt.

Roggenteig wird in einer Knetmaschine geknetet.

Das im Kasten gebackene Dinkelbrot zeigt im Anschnitt die Saaten in der lockeren Krume.

In der Backstube von Jakobs Bäckerei werden Plunderteilchen vorbereitet.
Auch mit einem der Bäcker der Vaaland Dampfbäckerei habe ich mich unterhalten. Sie gehört zu den ältesten Bäckereien der Gegend. Auch hier ist der dänische Einfluss unverkennbar. Neben den klassischen und für deutsche Gaumen ungewöhnlich mit Kardamom gewürzten Milchbrötchen (Boller) gibt es auch dänisches Roggenbrot, nur mit Sauerteig gelockert und im Kasten gebacken, außerdem Weizenmischbrote mit Sauerteig und Hefe. Platz 2 nach Jakob.

Die Vaaland-Bäckerei befindet sich in einem Eckhaus in einem Wohnviertel in Stavanger.

Die Auswahl aus der Vaaland-Bäckerei: Boller, ein Roggenbrötchen mit Sonnenblumenkernen auf der Kruste, ein Sauerteigbrot im Anschnitt und ein Ciabatta.
Die dritte Bäckerei ist ein Import aus Dänemark. Kanelsnurren bietet vor allem Plunder- und Blätterteigteilchen sowie Weizenbrote an. Letztere sind überwiegen aus der Pain Paillasse-Vormischung gebacken. Einige Deutsche hier in Stavanger berichteten mir, sie würden diese Bäckerei meiden. Das Brot bliebe ewig frisch …
Noch ein Blick in die Supermärkte. Kastenbrote wohin das Auge blickt. Weizen, Dinkel, manchmal mit groben Schalenanteilen, als Vollkornvariante und so weiter und so fort. Was immer gleich ist: die Wattigkeit und zwei wesentliche Bestandteile der Zutatenliste: Ascorbinsäure (E300) und exogene (technische) Enzyme. Aus meiner Sicht nicht akzeptabel und ein Grund, sein Brot selbst zu backen.

Auf der Zutatenliste des norwegischen Brotes findet man unter anderem Ascorbinsäure (E300) und exogene (technische) Enzyme.
Und genau das wollten knapp 40 Deutsche in Stavanger. Es war eine Reise ins gemachte Nest. Wohin ich schaute und hörte: überall brotbackende Geowissenschaftler. Stavanger ist die Stadt der norwegischen Ölindustrie. Und viele Geowissenschaftler, darunter auch einige meiner eigenen Kommilitonen, sind genau hier gelandet. Geophysiker, Geologen, Geoinformatiker, Geomathematiker, Paläontologen.

Ein kräftig ausgebackenes, rustikal aufgebrochenes Roggensauerteigbrot.

Rustikal ausgebackene Weizenbrötchen mit elastischer Krume.

Rustikal ausgebackene Baguettes mit grober Porung und elastischer Krume im Anschnitt.

Die Lachspizza liegt im Holzofen in der Nähe der Glut.

Im Holzofen gebackene Lachs-Pizza mit Olivenöl und Mozzarella.

Blick durch eine Baumschneise runter aufs Wasser.

Ein Platz im Zentrum von Stavanger.

Autofähren im Hafen.

Ein großes Frachtschiff vor einer hohen Brücke.

Ein weißes holzverkleidetes Haus mit Sprossenfenstern, roten Dachpfannen und einem Steinwall ringsum.

Ein großer Gesteinsbrocken am Straßenrand.

Menschenleerer Strand bei strahlendem Sonnenschein.

Ein kleiner Fischerhafen mit Fischerbooten und Fischerhütten.
Die Kurse werden 2017 voraussichtlich wieder stattfinden. Aber allein die Landschaft ist ein gewichtiger Grund, noch einmal zurückzukehren.
Vielen Dank an Bernd, seine Familie, die mich so herzlich aufgenommen hat, an alle Teilnehmer und natürlich an Bernd Nr. 2, der uns die Kursküche organisiert und den dritten Ofen um- und angeschlossen hat. Auch Marianne sei gedankt. Sie hat mich einen halben Tag durch den Süden Stavangers geführt und aus ihren 40 Jahren als Österreicherin in Norwegen erzählt.