Brotbackkurse in Korea
Eindrücke
Es ist ein unbeschreiblich beglückendes Gefühl, dass ein paar Buchstaben über Brot, nämlich jene meines ersten Buches, letztendlich dazu führen können, mich in so viele Gegenden der Erde zu bringen. Herr Mo, ein grandioser südkoreanischer Bäcker, der als Literaturwissenschaftler vor sechs Jahren gutes Brot nach Seoul bringen wollte, fragte vor etwa zwei Jahren bei mir an, ob er nicht mein „Brotbackbuch Nr. 1“ in seine Sprache übersetzen und verlegen dürfte. Ich selbst habe da nichts mitzureden, aber Herr Mo einigte sich mit meinem Verlag und schuf ein wunderschönes Buch, das ich nun Mitte Juni druckfrisch selbst in die Hand nehmen konnte. Herr Mo lud mich zu einer Reise nach Seoul ein, um mit seinen Schülern und Freunden deutsches Brot zu backen.
Seoul ist eine erstaunlich saubere und sortierte Stadt und gleichzeitig chaotisch. Noble Hochhäuser in der Höhe und unten Baracken mit Restaurants einheimischer Küche. Und daneben wiederum Herr Mos Bäckerei. Eine von drei Bäckereien, die er inzwischen betreibt. Er bleibt seinem Konzept treu. Gebacken wird da, wo verkauft wird. Und zwar handwerklich. Und das heißt: Knetmaschine, Ausroller, Ofen. Der Rest passiert von Hand, mit Zeit und Liebe zum Detail. Das Sortiment ist groß in der Vielfalt, klein in der Stückgröße und schon fast ein Kunstwerk.
Die südkoreanische Bäckerei ist sehr von der japanischen Szene beeinflusst und diese wiederum sehr frankophil. Croissants und Baguettes gehören zum Standard, aber auch allerlei andere und raffinierte Arten von Plunder- und Blätterteiggebäcken.
Gebacken wird überwiegend mit importierten Mehlen aus Frankreich und Deutschland. Aber Herr Mo und seine Schüler sind auch dabei, einheimischen Getreideanbau zu fördern. Frischhefe wird in Südkorea hergestellt. Öfen und Knetmaschinen stammen überwiegend aus Europa, meist aus Deutschland.
Herr Mo betreibt in seiner jüngsten Bäckerei auch eine Schule. Bäckerschulen wie in Deutschland kennt man in Südkorea (noch) nicht. Herr Mo bildet deshalb selbst aus. Nicht nur für den eigenen Bedarf, sondern um seine Vorstellung handwerklichen Brotes in Südkorea zu verbreiten. Er ist Vorreiter, Vorbäcker im besten Sinne. Er hat dem Brot die Tür in Seoul geöffnet. Eine Tür, die nun auch Größen wie Chad Robertson nutzen, um Fuß zu fassen in einem wachsenden Markt. Unverständlich aber ist, das Robertson keine fünf Meter neben Herrn Mo baut und noch nicht einmal „Hallo“ gesagt hat. Verdrängungswettbewerb statt Unterstützung handwerklicher Brotkunst entspricht nicht wirklich den Maßstäben und Grundsätzen, die Robertson in seinen Publikationen hochhält. Dazu kommen die Preise. Ein Weizenbrot, weniger als ein Kilogramm leicht, verkauft Robertson für umgerechnet knapp 13 Euro, ein kurzes Baguette für 6 Euro. Südkoreas Brotpreise sind höher als in Deutschland, aber das ist in jeder Hinsicht maßlos und wirft ein merkwürdiges Bild auf den so hochgelobten Chad Robertson und seine Tartine Bakery.
Für das Kennenlernen der südkoreanischen Brotkultur blieben mir leider nur zwei Stunden. Die Zeit aber genügte, um die angenehme Mentalität der Menschen, das gute Essen, die Sorgfalt und Freundlichkeit schätzen zu lernen. Ich werde wiederkommen und bin eigentlich auch noch ein kleines bisschen dort geblieben, denn mein Brotbackbuch liegt nun in vielen Backstuben Südkoreas …
Mein großer Dank gilt nicht nur Herrn Mo, sondern vor allem Xeion, die mir jeden Tag als Übersetzerin geholfen hat. Sie hat extra Urlaub genommen, um aus ihrer Wahlheimat Bayern, in der sie als Kirchenmusikerin arbeitet, in ihre Heimat Südkorea zu kommen und mich zu unterstützen.