Brotbacken in Krisenzeiten

Lutz Geißler hält lächelnd ein Schild hoch, auf dem steht: „Dankeschön an alle Blogleser!“

Lutz Geißler hält lächelnd ein Schild hoch, auf dem steht: „Dankeschön an alle Blogleser!“

Vielen Dank!

Ich habe mir in den letzten Tagen viele Gedanken gemacht, wie ich all denen von euch danken kann, die mir durch ihre Spenden, Bestellungen und aufmundernden Worte geholfen haben. Das war wirklich beeindruckend. Über 700 Menschen haben mich unterstützt, nachdem ich durch coronabedingte Kursabsagen für März und April quasi ohne Lohn und Brot vor dem wirtschaftlichen Abgrund stand.

Wenn auch die Mai-Kurse abgesagt werden müssen, reißt dies ein noch größeres Loch, weil diese Einnahmen mich bis zur Herbstkurssaison hätten tragen sollen. Ein Loch, das ich mit den bisherigen Spenden nicht stopfen kann, aber ich versuche dies dann durch staatliche Unterstützung notdürftig zu füllen. Sie ist ja gerade gestern vom Bundesrat und vom Bundespräsidenten abgesegnet worden. Ich hoffe sehr darauf.


Ich möchte mich bedanken mit einer Übersicht über Rezepte, Tipps und Anleitungen, wie in Krisenzeiten trotzdem noch zu Hause Brot gebacken werden kann. Es sind Zeiten, in denen Mehl knapp und Hefe kaum noch zu bekommen ist. Wer Ergänzungen zur Übersicht hat, schreibe sie gern in die Kommentare.


Was kann ich tun, wenn Mehl knapp ist?

Mehle in Rezepten austauschen

  • Innerhalb der Getreidefamilien geht das problemlos. Je höher die Typenzahl (Maximum = Vollkornmehl), umso mehr Wasser muss in den Teig und umso kürzer sind die Reifezeiten.
  • Wird Weizen gegen Dinkel, Emmer oder Einkorn getauscht, gelten spezielle Regeln.
  • Wird Weizen oder Dinkel mit Roggen getauscht, dann ist mehr Wasser im Teig nötig und das Brotvolumen sinkt. Außerdem sollte der Roggenanteil bei Hefebroten maximal 20 – 30 % betragen. Für einen höheren Roggenanteil sollte Sauerteig eingeplant werden.

Mehle mit Nichtgetreideprodukten ersetzen

  • Bis zu 20 % der Gesamtmehlmenge kann auch mit nicht zu den Getreiden zählenden Rohstoffen getauscht werden, z. B. Buchweizenmehl, Kastanienmehl, Kichererbsenmehl etc. Je mehr davon in den Teig kommt, umso weniger Volumen entwickelt das Brot. Die Wassermenge muss „auf Sicht“ angepasst werden, also lieber erstmal weniger Wasser verwenden und ggf. beim Mischen nachschütten.

Wasserreiche Teige verarbeiten

  • Mehr Wasser im Teig bedeutet weniger Mehl pro Kilogramm Brot. In Krisenzeiten sind also Teige mit einer hohen Teigausbeute gefragt, etwa Ciabatta oder Roggenbrote.

Teige mit anderen Zutaten anreichern

  • Küchenreste können hervorragend in Brotteigen zweitverwertet werden. Das „streckt“ den Mehlbedarf bzw. erhöht die Brotausbeute pro Kilogramm Mehl.
  • Gut für eine bessere Frischhaltung der Brote sind folgende Zutaten: Kartoffeln (gekocht, püriert), Nudeln (gekocht, püriert), Altbrot.
  • Auch andere Reste wie Gemüse oder Müsli können nach dem Kneten noch mit in den Teig gemischt werden.

Teige mit Sauerteigresten anreichern

  • Jedes Hefebrotrezept kann mit 5 – 15 % altem Sauerteig (Anstellgutreste) ergänzt werden. Das verbessert den Geschmack und die Frischhaltung und spart 3 – 10 % Mehl, das aus dem Rezept herausgerechnet werden kann, weil es ja schon in den Anstellgutresten steckt.

Sauerteigpflege mit wenig Mehl

  • Ist das Mehl knapp, droht der Sauerteig zu verhungern. Damit das nicht passiert, kann einerseits die aufgefrischte Menge auf ca. 30 g Sauerteig reduziert werden. Andererseits kann er selbst auch in den Winterschlaf geschickt werden, indem er ein letztes Mal mit weniger Wasser als Mehl (z. B. 60 – 80 g Wasser auf 100 g Mehl) aufgefrischt und sehr jung (nur geringe Volumenzunahme während der Reife) bei 1 – 5 °C in den Kühlschrank gestellt wird. Der Deckel sollte sehr fest verschlossen sein, damit sich im Gefäß ein CO2-Druck aufbauen kann. Das hält den Sauerteig aktiver. Ist wieder Mehl erhältlich, wird der Sauerteig ein paar Mal nacheinander warm (26 – 30 °C) und mit der altbekannten Wassermenge aufgefrischt.
  • Alternativ kann der Sauerteig bei Mehlmangel auch mit einem anderen Mehl aufgefrischt werden. Ist z. B. kein Roggenmehl mehr vorhanden, kann auch Weizenmehl verwendet werden. Nach der Zeit des Mangels wird wieder auf Roggenmehl gewechselt. Nach ein paar Auffrischungen hat sich die Kultur wieder an die alte Nahrung gewöhnt.

Was kann ich tun, wenn Hefe knapp ist?

Mit wenig Hefe backen

  • Hier im Blog wird generell mit wenig Hefe gearbeitet, meist nur 10 g Hefe auf 1000 g Mehl. Ein Würfel Frischhefe reicht dann für 6 – 8 kg Brot.
  • Wer noch weniger Hefe verbrauchen möchte, kann sich meine als „Plötz-Prinzip“ bekannt gewordene Methode zu eigen machen. Für 70 Rezepte werden insgesamt nur 27 g Frischhefe benötigt.

Mit Sauerteig backen

Mit Wildhefe / Hefewasser backen

Backhefe durch Einfrieren bevorraten

  • Frischhefe wie auch Trockenhefe sind nicht unbegrenzt lockerungsfähig. Deshalb kommt es auf die richtige Lagerung an.
  • Die Hefe kann in den benötigten Portionen eingefroren werden. Dadurch verliert ein Teil der Zellen seine Vermehrungsfähigkeit, aber die Triebleistung bleibt gewährleistet. Teige können also trotzdem gelockert werden. Unter Umständen verlängern sich aber die Reifezeiten.

mit Trockenhefe backen

  • Trockenhefe bleibt länger aktiv als Frischhefe. Dennoch sollte sie im Kühlschrank gelagert werden. Je älter sie ist, umso weniger leistungsfähig ist sie.
  • Trockenhefe sollte nicht in Wasser aufgelöst werden („hypoosmotischer Schock“).
  • 1 g Trockenhefe entspricht ca. 3 g Frischhefe.
  • Trockenhefe kommt im Teig etwas langsamer in Schwung als Frischhefe. Hier hilft Geduld oder das Ansetzen eines schnellen Vorteiges (Hefestück).
  • Backhefe vermehren
  • sich allgemein über das Wesen der Hefe informieren und daraus lernen

Wie backe ich Brot auf Vorrat?

kalte Stückgare

  • Wer nur einen Haushaltsofen hat, aber viel Brot backen möchte, sollte sich Rezepte mit kalter Stückgare heraussuchen. Die Teiglinge liegen so unbekümmert im Kühlschrank und können nacheinander in Ruhe abgebacken werden.

große Brote backen

  • Je größer der Laib, umso besser die Frischhaltung. In einen Haushaltsofen passt je nach Brotsorte ein Laib von maximal 2,5 – 3 kg. Solch ein Laib bleibt ohne Anschnitt bei offener Lagerung (oder eingewickelt in ein Tuch) etliche Tage (bei Roggen sind es Wochen) frisch. Sinn macht das natürlich nur bei einem relativ hohen Brotverbrauch, weil das angeschnittene Brot dann über kurz oder lang anfällig für Schimmelsporen wird und auch schneller austrocknet.

kleine Brote backen

  • Für Haushalte mit geringerem Brotverbrauch macht es deshalb Sinn, mehrere kleine Brote mit guter Kruste zu backen und wie gerade beschrieben zu lagern oder (falls Strom da ist) einzufrieren. Die Kruste schützt vor äußeren Einflüssen und verlangsamt das Austrocknen. Kleine Brote verlieren beim Backen aber mehr Feuchtigkeit als große Brote.

Dauerbackwaren backen

Konservenbrote backen („Dosenbrot“, „Brot im Glas“)

  • Im Grunde kann jedes Brot auch im Glas gebacken und wie Obst und Gemüse „eingemacht“, also dauerhaft durch Pasteurisieren haltbar gemacht werden. Die Anleitung gibt es hier.

Unterbruchmethode

  • Doppelbackverfahren („Unterbruchmethode“)
  • Doppeltgebackene Brote bleiben deutlich länger frisch (und schmecken auch noch intensiver).

Brote einfrieren

 

Wie backe ich Brot ohne Strom?

im Kamin

  • Es gelten die Regeln für das Backen im Gusseisentopf. Den Topf auf einem feuerfesten Podest im Kamin platzieren, wenn der Kamin weißgebrannt und heiß ist (ggf. nach Gefühl ausprobieren oder mit dem Thermometer auf ca. 280 – 300 °C prüfen). Den Topf vorheizen und dann backen.

im Holzofen

  • Den Holzofen der Erfahrung nach anheizen (muss weißgebrannt sein), Glut verteilen, abstehen lassen, Glut/Asche abziehen, auswischen und bei ca. 280 – 320 °C (ofenabhängig) die Laibe einschießen.

im Kugelgrill

  • Siehe Kamin.

in der Glut

  • Siehe Kamin. Den Topf mit Deckel für 30 – 45 Minuten in der Glut eingraben bzw. mit Glut umgeben. Den Teigling in den Topf geben und wieder mit der Glut umgeben. „Auf Sicht“ backen (Kerntemperatur 96 – 98 °C).

im Wasserbad

  • Insbesondere für Pumpernickel geeignet. Die Kastenform in einen Bratschlauch setzen und ca. 16 Stunden im simmernden Wasserbad backen.
  • Alternativ gedämpfte Backwaren herstellen wie Hefeklöße.

Abwiegen ohne elektrische Waage

  • Entweder alle Zutatenmengen mit dem Messbecher oder Augenmaß abschätzen.
  • Oder eine mechanische Waage verwenden.

Kneten ohne Maschine

  • Von Hand kneten: Bei Roggenteigen bleibt die Knetzeit gleich. Bei Dinkelteigen bleibt die Knetzeit von Hand je nach Sorte vergleichbar mit der Maschinenknetzeit, kann sich aber auch verdoppeln. Bei Weizenteigen verdoppelt bis verdreifacht sich die Handknetzeit im Vergleich zur Maschinenknetzeit.
  • Rezepte verwenden, die auf Kneten verzichten.

Wie bereite ich mich auf die nächste Krise besser vor?

Vorrat an Getreidekörnern anlegen

  • Die Bundesrepublik lagert an mehreren Standorten Deutschlands Getreide, um die Bevölkerung notfalls 2 – 3  Wochen autark versorgen zu können. Alle 10 Jahre werden die Vorräte erneuert. Das ist auch zu Hause möglich. Getreidekörner bleiben über Jahre in ihrer Qualität stabil. Sie sollten trocken, kühl und lichtgeschützt lagern, außerdem in geschlossenen Behältern, um ein- und ausdringenden Schädlingen keine Chance zu geben.
  • Die Körner können dann bei Bedarf mit einer Haushaltsmühle (elektrisch oder Handbetrieb) oder mit einem guten Standmixer zu Schrot und Mehl vermahlen werden. Es entsteht dabei immer Vollkornmehl bzw. Vollkornschrot. Mit Hilfe von Mehlsieben kann ein Teil der Schale (Kleie) ausgesiebt werden, um etwas lockerere Gebäcke herstellen zu können.
  • Buchempfehlung zum Backen mit Vollkorn und zum richtigen Umgang mit und Lagern von Mehl und anderen Getreideprodukten: „Brotbackbuch Nr. 3“ (alle Rezepte funktionieren auch mit nicht seltenen und nicht so alten Getreidesorten)

Bevoratung

  • Hefewasser bevorraten
    • Hält mindestens 6 Monate oder länger ein Mindestmaß an Aktivität und ist schnell einsatzbereit.
  • Sauerteig bevorraten
  • Holz oder Holzkohle bevorraten
    • Zum Backen im Holzofen oder in Glut.

Technische Grundausstattung zulegen

  • Haushaltsmühle (Handbetrieb oder elektrisch)
  • Mehlsiebe
  • Gusseisentopf
  • Gärkörbe
  • Waage (ggf. mechanisch)
  • ggf. Knetmaschine